Zufall oder Bestätigung?
Große Nachrichten von einem Weltrekordverlust im Rohölhandel kommen von der SemGroup, Tusla, Oklahoma - eine große aber kaum bekannte Firma für Ölpipelines, Lagereinrichtungen, die auch im Handelsgeschäft tätig ist und seit 2000 besteht.
Bemerkenswert dabei ist, dass so wenig über die Verluste der SemGroup geschrieben wurde. Ich merke, dass wir aufgrund des Hypotheken- und Kreditdesasters taub gegenüber Berichten geworden sind, in denen es um Milliarden-Verluste geht. Es wundert mich jedoch stark, dass diesen Verlusten im Ölhandel nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde, weil es eben so viel über die aktuelle Volatilität beim Ölpreis aussagt. Wenn man sich über eine Sache noch mehr Gedanken machen sollte, als über die Hypotheken- und Kreditkrise, dann definitiv über den Ölpreis.
In Anbetracht des Eifers der gewählten Repräsentanten - wenn es darum ging, die beispiellosen Preisbewegungen den Spekulanten beim Rohöl anzuhängen - überrascht es mich, dass die Beobachter keinen Zusammenhang zwischen dem Tun der SemGroup und den großen Preisbewegungen beim Rohöl herstellen. Ich dachte, die CFTC würde sich auf das diesen bedeutenden Vorfall stürzen, aber stattdessen kündigten sie mit großem Trara die Verhängung von Strafen für wirklich unbedeutende Regelverletzungen im Ölmarkt an. Diese Vorfälle fanden vor über einem Jahr statt und es ging dabei um Geld in Höhe von Millionen von Dollars. Der Verlust der SemGroup lag um das 3200-fache höher, aber weder CFTC noch NYMEX, dort kam es nämlich zu bestätigten Verlusten in Höhe von 2,4 Milliarden $ (der Rest war OTC), haben auch nur ein Wort über den Rohstoffverlust der Geschichte verloren.
Wie verliert man also 3,2 Milliarden $ beim Rohölhandel und wie beeinflusste das die Preise? Die Antwort lautet, mit einer obszön großen Anzahl von Kontrakten auf der falschen Seite eines steigenden Marktes, auf der Short-Seite. Und genau da hatte sich die SemGroup positioniert, mit mehr (oder vielleicht viel mehr) als 100.000 Short-Futures und Optionskontrakten.
Die genaue Anzahl von Kontrakten, die die SemGroup nun wirklich leerverkauft hatte, wurde bisher nicht bekanntgegeben. Wenn man jedoch den Gesamtverlust, wie er aus den Unterlagen der Bankrotterklärung und den veröffentlichten Berichten hervorgeht durch einen vernünftigen Verlust pro Barrel teilt, so ist gar nicht schwer, die Gesamtmenge an etablierten Leerverkäufen festzustellen. Damit sie ein Gefühl dafür bekommen, was eine Position von 100.000 Kontrakten bedeutet: Es ist das Äquivalent zu 100.000 Barrel Öl oder aber mehr als alle Barrels zusammengenommen, die pro Tag in der Welt gefördert und verbraucht werden.
In Dollar gerechnet, scheint es so, als habe die SemGroup eine Short-Position beim Rohöl gehalten, deren Wert sich auf mehr als 15 Milliarden Dollar und vielleicht sogar mehr beläuft. Praktisch gesehen, muss man nämlich eine Position dieser Größe gegen sich haben, um einen Verlust in Höhe von 3 Milliarden $ einzufahren. Sie sollten sich die Frage stellen, wie die NYMEX und die CFTC es nur erlauben konnten, dass die SemGroup, oder sonstwer, eine solche Riesenposition anhäufen durfte, für die sie ganz offensichtlich nicht garantieren konnte? Was machen denn diese Aufsichtsbehörden den ganzen lieben langen Tag?
Wenn erst einmal die Details an den Tag kommen, dann werden wir mit Sicherheit zu lesen bekommen, dass solche Sachen auch schon in vorhergehenden Marktdebakeln geschahen - anfängliche Fehlkalkulation, gefolgt von wiederholten Versuchen nach dem Motto "Mehr hilft mehr!". Wenn diese Wetten nicht dementsprechend laufen und die Nachschussforderungen nicht geleistet werden können, ist das Spiel aus und ein Verlust steht unterm Strich.
In diesem Fall kann man problemlos nachvollziehen, wie das Handelsdebakel der SemGroup die Ölpreise beeinflusste - zuerst nach oben, dann nach unten. Als das Ende der großen und weiter zunehmenden Short-Position der SemGroup bevorstand, wurde diese Position zwangsglattgestellt (möglicherweise durch den Hauptbroker, der angeblich Barclay sein soll). Das führte nach meinen Berechnungen zu den letzten 15-20 $ Preissteigerungen beim Öl, das dann auf das Preishoch von 147 $ kletterte. Als die erzwungenen Glattstellungen der Short-Position abgeschlossen waren, kam es plötzlich zu einem Kaufloch und die Preise fielen bis heute um 20 $ +. Auf diese Art und Weise schaffte es die SemGroup nicht nur, einen Verlust von 3 Milliarden $ einzufahren, sie beeinflussten auch drastisch die Öl- und Benzinpreise für den Rest der Welt.
Wenn die Geschichte der SemGroup rauskommt, so wird sich meine Version mit Sicherheit als relativ korrekt herausstellen. Ich habe darüber ja auch schon geschrieben, in meinem Artikel von 10. Juni mit dem Titel "Die wahren Spekulanten".
In diesem Artikel vertrete ich die Auffassung, dass Spekulanten den Rohölpreis beeinflussen - OK, aber waren nicht jene Spekulanten, von denen jeder dachte, sie wären die Schuldigen wie zum Bespiel Hedgefonds und Index-Fonds, die long gehen. Die wahren Spekulanten waren stattdessen Leerverkäufer, hauptsächlich aus der Commercial-Sparte, welche nicht mehr aus ihren verlustbringenden Positionen herauskamen; die Glattstellungen dieser verlustbringenden Short-Positionen trieben schließlich die Preise hoch. Ich habe auch schon betont, dass sich diese Short-Spekulanten als Commercials verkleiden oder aber nur scheinbar legitime Absicherungsgeschäfte betreiben.
Ich überlasse es ihnen, zu entscheiden, ob sie meinen früheren Artikel nur als außerordentlichen Zufall betrachten oder als Bestätigung meines Standpunkts. Um beim Thema zu bleiben: Sie können auch die von der CFTC letzte Woche angekündigte Neueinstufung einer der sehr großen Rohölhändler mit hinzuziehen. Er wurde aus der Sparte Commercials in die Sparte Non-Commercial eingestuft, weil die CFTC entschied, dass dieser Händler keine legitimen Absicherungsgeschäfte betrieben hatte. Es könnte gut möglich sein, dass dieser Händler gar die SemGroup gewesen ist. Wie dem auch sei, die Neueinstufung erfolgte, als der Schaden schon entstanden war und sie scheint auch nichts anderes zu sein, als öffentliche Schadensbegrenzung einer inneffektiven Aufsichtsbehörde. Wie gewöhnlich.
Um es ganz deutlich zu sagen: Ich will hiermit nicht andeuten, dass sich der Rohölpreis im letzten Jahr verdoppelt hat, einzig und allein wegen der SemGroup und anderen Spekulanten, welche legitime Absicherungsgeschäfte vorschützten, verlustbringende Short-Positionen glattstellten und die Preise in die Höhe trieben. Es handelt sich ganz klar um den weitaus größten Rohstoffmarkt und um den Preis in diesen Größenordnungen zu bewegen, braucht es auch wirkliche Fundamentaldaten.
Aber wenn es einen spekulativen Aufschlag beim Ölpreis gab, dann behaupte ich, dass dieser Aufschlag stärker durch die spekulativen Shorts hervorgerufen wurde, als durch die Käufe und Zukäufe spekulativer Longs. Und schließlich zeigen die öffentlich zugänglichen Zahlen auch ganz deutlich, dass das Open Interest bei den Rohöl-Futures seit sechs Monaten rückläufig ist, was zeigt, dass Kontrakte unterm Strich liquidiert wurden. Das heißt, dass die Longs verkauft haben und die Short gekauft haben. Man muss kein Genie sein, um sich den Kaufdruck auszumalen, der da von den Leerverkäufern kam und selbst unsere gewählten Repräsentanten müssten dazu eigentlich fähig sein.
Ich habe Ihre Zeit in Anspruch genommen, um zu erklären, was beim Öl passiert ist, nicht weil sich möglicherweise bestätigt hat, worüber ich in einem früheren Artikel geschrieben habe, sondern weil ich davon ausgehe, dass es wichtig ist, voll und ganz zu verstehen, was hier passierte. Zudem glaube ich auch, dass es von besonderer Bedeutung für Silberinvestoren ist. Das, was beim Öl passiert ist, weist bemerkenswerte Gemeinsamkeiten auf mit dem, was beim Silber passieren wird.
Zuerst lässt sich beobachten, dass beide Rohstoffe an derselben Börse gehandelt werden - an der NYMEX/COMEX. Das ist keine unbedeutende Übereinstimmung, da ich der Überzeugung bin, dass hier ein Managementstil und Einstellungen in Bezug auf regulierungsbehördliche Arbeit vorherrschen, die auch im Fall von Silber eben jene Grundlagen geschaffen haben, die das ermöglichten, was gerade beim Rohöl geschehen ist. Das ist ganz besonders wichtig für Silberinvestoren, weil hier eine Kraft existiert, die den Silberpreis weit höher schrauben wird, als sich die meisten jetzt vorstellen können.
Für diejenigen, die wohlmöglich den Einfluss in Frage stellen, den der Papierhandel beim Öl oder Silber (ganz gleich wie extrem) auf die Weltpreise der betreffenden Rohstoffe hat, ist es wichtig, die Bedeutung und den Einfluss der weltgrößten Futures-Börse zu verstehen. Ich spreche von der NYMEX beim Öl und der COMEX beim Silber. Die meisten der real vollzogenen Transaktion auf dieser Welt orientieren preislich an der aktuell gerade dominierenden Futures-Börse. Kräfte, die die Preise an den führenden Futures-Börsen bestimmen, bestimmen also auch die Weltpreise für physische Transaktionen.
Der gemeinsame Nenner beim Öl und beim Silber ist die große und größtenteils illegitime Commercial-Short-Position. Ich sage nicht, dass alle Commercial-Shorts in Wahrheit verkleidete Spekulanten sind, aber auf einige trifft das zu. Die SemGroup betrieb beim Öl mit Sicherheit keine legitimen Absicherungsgeschäfte, da es nicht möglich ist, mehr als 3 Milliarden $ durch legitime Absicherungsgeschäfte zu verlieren. Und all das fand direkt unter den Augen und der Aufsicht der NYMEX und der CFTC statt.
So auch beim Silber - öffentlich zugängliche Beweise zeigen, dass die Short-Position der Commercials beim COMEX-Silber so groß ist, dass sie dem gesunden Verstand und jeglicher ökonomischer Rechtfertigung entgegensteht. In Wirklichkeit ist die Short-Position der Commercials beim Silber relativ und proportional um ein Vielfaches extremer, als die von der SemGroup gehaltene Short-Position. Während deren gescheiterte Short-Position beim Öl bei nur etwas mehr als einem Tag der Weltölproduktion lag und ungefähr 10 % am gesamten Open Interest der Futures ausmachte, lassen die großen Commercial-Shorts beim Silber die SemGroup wie ein kleines Würstchen aussehen.
Aber denken sie aber nicht, dass die Short-Position der SemGroup deswegen klein war. Sie war groß genug und ausreichend schlecht angelegt, dass sie unsicher war und zu Verzerrungen am weltgrößten Markt führen konnte. In Tat schrammte man bei dem, was sich ereignete, nur ganz knapp an einer Vertragsverletzung vorbei, ohne jedoch eine solche eingestehen zu müssen. Alles, was noch zwischen einer typischen Vertragsverletzung stand, war die Bereitschaft der Clearing-Firma, die Verluste auf die eigene Kappe zu nehmen. Ich will darauf hinaus, dass die Short-Position beim Silber weitaus größer ist und noch schlechter aufgestellt. Das macht sie viel unsicherer und angreifbarer, wodurch eine künstliche, positive Preisbeeinflussung und/ oder eine drohende Nichterfüllung der Kontrakte wahrscheinlich wird.
Im jüngsten Commitment of Traders Report (COT), nach Stand vom 25.07., zeigt sich ein neuer Rekord für die 4 größten Leerverkäufer bei den Silber-Futures, wobei die 8 größten Händler in die Nähe eines Rekord kommen. (Nur um es hier anzumerken: Ich glaube, die CFTC hat möglicherweise einen Rechenfehler in ihrem Bericht gemacht, wobei sie die Größe der 4 größten Händler zu hoch ansetzt, was aber nichts an der Grundaussage ändert. Daher nehme ich die Zahlen als gegeben an.) Der neue COT zeigt, dass die vier großen Händler jetzt mit insgesamt mehr als 175 Tagen Weltproduktion short sind, die acht größten Händler kommen insgesamt auf Leerverkäufe, die umgerechnet mehr als 217 Tage Weltproduktion ausmachen. Jetzt vergleichen Sie das einmal mit dem etwas mehr als einen Tag Weltölproduktion, den die SemGroup leerverkauft hat. Wie ich schon zuvor geschrieben habe, gibt es unter dem Gesichtspunkt einer großen, konzentrierten Short-Position keinen Rohstoff, der hier auch nur in die Nähe kommt.
In Prozenten anteilig am gesamten COMEX-Markt für Silber-Futures ausgedrückt, heißt das, dass die acht größten Silberhändler jetzt 81% der gesamten Short-Seite halten, wenn man alle Spreads herausrechnet. Das ist ein unerhörtes Konzentrationsniveau, das es in noch keinem anderen Markt gibt (mit Ausnahme vom Gold, das ebenfalls bei 81% liegt).
Dann gibt es, neben der offensichtlich nicht übereinstimmenden Größe und Konzentration, noch einen weiteren, sehr wichtigen Unterschied zwischen der Silbermarkt-Short-Position und der gescheiterten Öl-Short-Position der SemGroup. Der Unterschied liegt darin, dass es im Fall des unglückseligen Short-Öl-Fiaskos der SemGroup nur wenige warnende Stimmen in der Öffentlichkeit gegeben hatte, was man aber vom Silber ganz und gar nicht behaupten kann. Tatsächlich kann ich mich nicht erinnern, dass - sieht man von meinem jüngsten Artikel ab, der die Commercial-Shorts beim Öl als die wahren Spekulanten bezeichnet - irgendjemand mit dem Finger auf diese Ölhändler gezeigt hat.
Vergleichen Sie das einmal mit dem Silbersektor, wo Hunderte von betroffenen Investoren und Bürgern mehr als einmal im Jahr Petitionen an die CFTC schreiben und fordern, sie solle sich doch um die übergroße und unwirtschaftliche Short-Position bei den COMEX-Commercials kümmern. Jedes Mal hat die CFTC ausdrücklich verneint, dass diese beispiellose Short-Position manipulativ wäre und eine Gefahr für den Markt darstelle. Jedes Mal zeigte sich die große Mehrheit unter den Petitionsschreiber von den Dementis der CFTC nicht überzeugt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Vorkommnisse um die SemGroup die objektiven Marktbeobachter davon überzeugen werden, dass die Silber-Short-Position nicht manipulativ und ungefährlich ist.
Man kann sich nach der unnötigen, durch gescheiterte Leerverkäufe der SemGroup ausgelösten Volatilität am Ölmarkt nur schwer vorstellen, dass die CFTC in Hinblick auf die Umstände im Silbermarkt auch weiterhin keinerlei Probleme feststellen wird und weiterhin so tut, als sei nichts geschehen. Wie dem auch sei, die CFTC und NYMEX haben in ihrer Rolle als erste Aufsichtsinstanz versagt, indem sie die SemGroup eine solch große, unwirtschaftliche und gefährliche Short-Position anhäufen ließen. Nach ihren eigenen Angaben ist die Short-Position beim Silber um ein Vielfaches größer und höher konzentriert und daher auch gefährlicher, als die Öl-Short-Position der SemGroup jemals gewesen ist.
Ungeachtet dessen, ob die CFTC oder die NYMEX/COMEX am Ende gezwungen sein werden, das Recht walten zu lassen und sich ihren Verantwortlichkeiten zu stellen, müsste die Botschaft an die Silberinvestoren klar sein. Wenn die gescheiterte Short-Position der SemGroup einen Einfluss auf den weltgrößten Rohstoff, Öl, haben konnte, wie stark könnte sich dann das Scheitern einer sehr viel größeren Short-Position in einem der kleinsten Rohstoffmärkte, Silber, auswirken?
Weil der Silbermarkt so klein ist und weil die Short-Position so groß und konzentriert ist, werden die Folgen für den Preis mit Sicherheit viel drastischer sein, als wir es gerade jetzt erst beim Rohöl erlebt haben. Ein Händler, der eine Short-Position in Höhe von umgerechnet einer Welttagesproduktion im größten Rohstoffmarkt der Welt glattstellte, verursachte einen Rohölpreisanstieg oder -rückgang von 20 $ oder mehr.
Wie würde es sich auf einen kleineren Markt, wie Silber, auswirken, stellten mehrere Händler ihre Positionen oder aber viele Tage Weltproduktion (vielleicht hundert Tage oder mehr) glatt, und das innerhalb eines sehr kurzen und komprimierten Zeitraums, so wie wir es im Fall der SemGroup beim Öl erlebt haben. Nach meiner Pi-mal-Daumen-Rechnung würde Silber um das Doppelte bis Dreifache der Menge steigen, die wir gerade erst beim Öl gesehen haben - auf einer Basis von Barrel pro Dollar/ Dollar pro Unze. Wenn Öl durch die Käufe der SemGroup um 10-20 $ pro Barrel angehoben wurde, dann würde Silber unter vergleichbaren Umständen pro Unze um 25 $ bis 50 $ ansteigen.
Und selbst diese Rechnung ist in Bezug auf die möglichen Preisbewegungen beim Silber niedrig angesetzt, da sie den wichtigsten Unterschied zwischen Öl und Silber - nämlich deren jeweilige Charakteristiken - außen vor lässt. Ersten ist Öl einer der wichtigsten Verbrauchsrohstoffe. Womit ich meine, dass es die wichtigste Kostenkomponente hinsichtlich der meisten Anwendungsgebiete ist, die da zum Beispiel Transport und Heizmittel wären. Das heißt also, auch wenn Öl ein wahrhaft essentieller Rohstoff ist, bekommt jeder einen Preisanstieg sofort zu spüren, was sparsameren Umgang und einen Nachfrageeinbruch fördert - so wie wir es gerade in den USA erlebt haben.
Silber ist wiederum keine wesentliche Kostenkomponente hinsichtlich des Großteils seiner industriellen Anwendungsgebiete, weil davon im Durchschnitt nur so wenig pro Anwendung verbraucht wird. Daher bleibt Silber in viel stärkerem Maße unempfindlich gegenüber steigenden Preisen. Für dieses Phänomen wird der Begriff Preiselastizität benutzt. Selbst im Schmucksektor liegen die Arbeits- und Herstellungskosten anteilig an den Gesamtkosten deutlich über den, derzeit noch niedrigen, Metallpreisen. Daher dürften stark steigende Preise, anders als beim Öl, nicht zu einem unmittelbaren Einbruch der Silbernachfrage führen.
Aber der wichtigste Unterschied bezüglich der Eigenschaften von Öl und Silber liegt darin, dass höhere Preise für beide Rohstoffe zu völlig unterschiedlichen Reaktionen seitens der Investoren und Spekulanten führen. Höhere Ölpreise haben zu einem Rückgang der Investitionsnachfrage nach Long-Positionen auf den Rohstoff selbst geführt. Das schlägt sich in den öffentlich zugänglichen Zahlen nieder, die einen Rückgang der Long-Positionen bei steigenden Preisen zeigen (Denken sie daran, dass es die Käufe der Shorts waren, die die Preise steigen ließen.).
Im Fall von Silber wird die Investitionsnachfrage durch höhere Preise angeregt und angekurbelt, was man an den starken Zuwächsen der Silberbestände in den ETFs sowie anhand anderer öffentlicher Datenquellen sehen kann, wie zum Beispiel an den Rekordverkäufen von Silver Eagles aus der US-Prägeanstalt. Das liegt daran, dass Silber eine der wesentlichen Investitionsanlagen ist und zusätzlich ein essentieller Industrierohstoff. Öl ist mit Abstand der essentiellste Industrierohstoff von allen, aber als purer Rohstoff, hat er nicht die zusätzliche Funktion einer wichtigen Investitionsanlage.
Und eben dieser charakteristische Unterschied zwischen beiden Rohstoffen, macht die Aussichten auf deutlich höhere Silberpreise so verlockend. Wenn Öl steigt, dann versucht jeder, weniger davon zu verbrauchen. Wenn Silber steigt, dann sind nicht nur die Bemühungen zu Einsparungen kaum größer als zuvor, aber auch die Investoren wollen dann mehr kaufen. Das Erkennen und das Nutzen des Vorteils, der durch diesen Unterschied entsteht, werden so manchen in Zukunft reich machen.
© Theodore Butler
(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 28.7.2008 auf der Website www.investmentrarities.com veröffentlicht.