Silber: Relativ zum Gold noch immer spottbillig
Ein Gastbeitrag von Dr. Bernd Heim, Chefredakteur „Nugget-Effekt“
In Euro gerechnet hat der Goldpreis ein neues Allzeithoch erreicht und auch in US-Dollar hat der Preis des gelben Metalls wieder angezogen. Viele Anleger stellen sich deshalb die Frage, wie es mit dem gelben Metall weitergehen wird. Schauen wir uns deshalb heute einmal die kurzfristigen Aussichten für den Goldpreis an.
Die Frage, wie viele Unzen Silber muss ich auf den Tisch legen um eine einzige Unze Gold erwerben zu können, war für Investoren immer ein wichtiges Indiz, um die relative Höhe der Preise zu einander zu bestimmen. Aktuell liegt das Verhältnis bei etwa 70. Diese Zahl sagt zunächst einmal nichts, wenn man nicht mit den Vergleichszahlen früherer Perioden vertraut ist. Deshalb wollen wir zunächst einmal einen Zeitsprung machen und uns gedanklich ins späte Mittelalter zurückversetzen.
Mit einem frechen Grinsen im Gesicht könnte man fast behaupten, damals sei die Welt und vor allem auch das Weltbild der Menschen noch in Ordnung gewesen. Die Erde war angeblich flach wie eine Scheibe, Silber und Gold fungierten einzig als Geld, Papiergeld, Kreditkarten und all diesen modernen Unsinn gab es noch nicht und hätte es sie gegeben, niemand wäre im Traum eingefallen, diese zu akzeptieren. Und zu einander standen Gold und Silber in einem Verhältnis von etwa 1:7. Das war für das kleine Silber deutlich günstiger als das 1:16 Verhältnis, das der antike König Midras einst festgelegt hatte. Silber war relativ zum Gold knapp und so teuer wie um 1450 war das Silber nie zuvor und sollte es auch bis heute nicht mehr werden.
Nach 1450 begann für den Silberpreis eine Zeit des ständigen Niedergangs, allerdings verlief diese nicht konstant, sondern in Schüben. Nachdem die Hochpreisphase des späten Mittelalters Geschichte war, pendelte sich das historische 1:16 langsam wieder ein und blieb für viele Jahrzehnte bestimmend.
Seit dem 19. Jahrhundert gehen Gold und Silber zunehmend getrennte Wege
Den nächsten großen Wechsel leitete die industrielle Revolution Mitte des 19. Jahrhundert ein. Die Geschichte der Elektrotechnik begann und anders als Gold, dessen Einsatz zu teuer war, kam das Silber immer mehr auch außerhalb der Schmuckindustrie zum Einsatz. Es leitete den Strom hervorragend und war bei weitem nicht so teuer wie das Gold. Außerdem kam in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Fotographie auf und die war bis zum Aufkommen der modernen Digitalkameras eine exklusive Spielwiese für das Silber.
Die Wege von Gold und Silber trennten sich. Waren beide seit der Antike den Erzen entrungen und dann in Form von Schmuck und liturgischen Gefäßen gehortet worden, nahm das Silber in der Wahrnehmung der Menschen immer mehr den Charakter eines Industriemetalls an. Hinzu kam, dass bei den Währungen der Streit der Regierungen, ob die Landeswährung in Gold oder doch besser in Silber gedeckt sei, zunehmend zugunsten des Goldes entschieden wurde.
Relativ zum Gold verlor das Silber, obwohl es noch immer als das Gold des kleinen Mannes galt, immer mehr an Wert. Das Gold-Silber-Verhältnis verschlechterte sich zunehmend und erreichte in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts mit 100 einen ersten markanten Tiefpunkt.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges ging man insbesondere in den USA dazu über, den verfügbaren Silberbestand langsam zu reduzieren. Das war auch nicht geeignet dem Gold-Silber-Verhältnis wieder Flügel zu verleihen, trotzdem setzte eine langsame Erholung des Silberspreises ein. An zusätzlichem Schwung gewann sie besonders in den 70er Jahren. Doch damals ging leider nicht alles mit rechten Dingen zu.
Ein kurzes Hoch und ein langer Abstieg
Hätten die Hunt Brüder in den späten 70er Jahren nicht begonnen, den Silbermarkt durch gezielte Aufkäufe künstlich zu verknappen, wer weiß ob eine Unze Gold damals wirklich nur 20 Unzen Silber gekostet hätte? Zum Vergleich: Hätten wir heute ein ähnliches Verhältnis, so müsste die Unze Silber, die gerade mal zu rund 14 US Dollar zu kaufen ist, schlappe 45 Dollar kosten oder Gold entsprechend weniger.
Nach dem Ende der Manipulation verschlechterte sich das Verhältnis rasch wieder. Mitte der 90er Jahre schien das Silber im Verhältnis zum Gold fast seinen ganzen Wert verloren zu haben: 100 Unzen musste man aufwenden, nur um 1 Unze Gold zu bekommen. So gesehen können wir uns mit den heutigen 70 Unzen fast noch glücklich schätzen. Aber auch das heutige Verhältnis ist keineswegs normal oder das Silber gar teuer, denn so tief wie momentan notierte das Gold-Silber-Verhältnis zuletzt 2003 und kurz darauf startete der Silberpreis eine eindrucksvolle Aufholjagd.
Noch vor kaum mehr als 12 Monaten pendelte das Gold-Silber-Verhältnis noch bei Werten zwischen 45 und 50 und dort gehört es meines Erachtens auch viel eher hin als in den Bereich von 70. Bevor ich also für meine Euros, Dollars, Yens, Yuans oder was auch immer oder auch nur eine einzige Unze Gold kaufen würde, kaufe ich bei den derzeitigen Preisen lieber 70 Unzen Silber. Diese Haltung ist natürlich nicht für alle Ewigkeit festgeschrieben. Wenn ich für 20 oder weniger meiner 70 Silberunzen irgendwann wieder eine Unze Gold bekomme, dann werde ich sicher über einen Rücktausch nachdenken und dem Gedanken früher oder später auch die notwendigen Taten folgen lassen. Aber so weit ist es noch nicht. Noch nicht!
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