Geld zum Abwinken
Financial Times Deutschland
Die Hypothekenkrise in den USA ist völlig harmlos. Wer richtig Geld verbrennen will, muss nach Somalia oder Simbabwe: Zu den lausigsten Währungen der Welt.
Venezuela
Währung: Venezolanischer Bolívar (VEB)
Wechselkurs: 2150 VEB = 1$; 2920 VEB = 1 Euro
Inflationsrate: 19,5 Prozent (Juni 2007)
Komplexe Reformpakete sind nicht der einzige Weg, um die Inflation eines Landes einzudämmen. Man kann auch ganz unkompliziert drei Nullen der nationalen Währung streichen und sie in den "starken Bolívar" umtaufen. Genau das hat der venezolanische Präsident Hugo Chávez vor: Anfang 2008 wird aus seinem Bolívar der "Bolívar Fuerte". Das Problem: Die Regierung bringt enorme Geldsummen aus der Erdölwirtschaft in Umlauf, gleichzeitig gibt es im Land aber nicht mehr zu kaufen als vorher. Allein in den letzten sieben Monaten ist der Wert des Bolívar um 21 Prozent gefallen.
Um dagegen anzukämpfen, hat Chávez eine ganze Reihe einfallsreicher Maßnahmen in die Wege geleitet, zum Beispiel die Wiedereinführung der 12,5-Cent-Münze. Sie soll, sagt der Präsident, "die Instabilität des Geldes in Venezuela beenden". Schon klar. Und weil Chávez seinen Bolívar so gern mag, gibt es seit 2003 eine Währungskontrolle, die den Umtausch reglementiert. Danach dürfen Venezolaner ihre Bolívar in maximal 5000 $ pro Jahr tauschen, und selbst das nur auf Antrag.
Besucher müssen wissen, dass der Bolívar nicht von Banken außerhalb des Landes gehandelt wird - man kann ihn nur in Venezuela umtauschen. Bevor es wieder nach Hause geht, sollte man sein Bargeld also bis zum letzten Céntimo verprassen: Der Rücktausch bei der Ausreise ist nahezu unmöglich. Eine Alternative wären nur die Schwarzmärkte in den Touristenzentren. Dort sein Geld gegen Dollar zu wechseln ist allerdings nicht zu empfehlen - die Chancen auf einen fairen Handel stehen schlecht. Außerdem könnte man verhaftet werden, denn der Umtausch auf solchen Märkten ist verboten.
Was bekomme ich für mein Geld? Zwei Stunden Parken, 1,5 Kilogramm Zucker oder zehn Liter hoch subventioniertes Benzin gibt es in Venezuela für jeweils rund 2150 Bolívar.
Somalia
Währung: Somalia-Schilling (SOS)
Informeller Wechselkurs: 17.500 SOS = 1$
Inflationsrate: unbekannt
Den Staat Somalia gibt es nicht mehr. Seit 1991 ist das Land ohne Regierung, auch eine Zentralbank existiert nicht. Deren Funktionen hat das Hauptgeschäftszentrum in Mogadischu übernommen: Der Bakaara-Markt, wo die Händler den Wert des Schilling aufgrund von Schätzungen und Gerüchten bestimmen. Hier fließen jeden Tag Unmengen von Falschgeld durch, denn nachgedruckt wird das somalische Geld ohne staatliche Kontrolle in rauen Mengen. "Man munkelt, dass der Schilling billig in Indonesien hergestellt und eingeschleust wird", sagt Reinhard Klein-Arendt vom Beratungsunternehmen Afrika Consulting. Mitte der 90er-Jahre soll Kriegsfürst Aideed die Original-Druckplatten für den Schilling an eine malaysische Firma verkauft haben. Die produzierte und verkaufte ihn fortan.
Weil es im Verhältnis kaum noch echte Banknoten gibt - den Falschgeldanteil in Somalia schätzt die Weltbank auf 80 Prozent - schwankt der Wert des Schilling in Mogadischu heftig. Trotzdem hält er sich als Währung bis heute: Geldwechsler aus ganz Somalia rufen täglich auf dem Bakaara-Markt an und fragen nach dem aktuellen Kurs; und sogar in Somali-Siedlungsgebieten in Äthiopien und Kenia wird der Schilling noch benutzt. "Seine Überlebensfähigkeit ist Fachleuten ein Rätsel", sagt Klein-Arendt.
Was bekomme ich für mein Geld? Ein Kilogramm Kamelfleisch gibt es für 8000 Schilling, die Tasse Tee zum Hinunterspülen kostet 500 Schilling.
Nordkorea
Währung: Nordkoreanischer Won (KPW)
Wechselkurs: 141 KPW = 1$; 191 KPW = 1 Euro
Inflationsrate: keine Angabe
Ähnlich wie sein venezolanischer Kollege ist auch Kim Jong-il ein Fan der Holzhammermethode. Nordkoreas Regierungschef nagelte den Won auf 2,16 KPW pro Dollar fest. Das sieht schick aus, bedeutet aber natürlich nicht, dass es keine Inflation mehr gibt. Erahnen kann man den Verlust am Wechselkurs auf dem Schwarzmarkt: Der lag 2003 noch bei 500 bis 700 Won pro Euro, 2006 waren es schon 3600 Won.
Der feste Wechselkurs hat der hungernden Bevölkerung jedenfalls nicht geholfen. Ohnehin dient Geld in Nordkorea hauptsächlich dem Personenkult um Kim Jong-il. Sein Antlitz ist zum Beispiel auf dem 5000-Won-Schein zu sehen, der höchsten Banknote des Landes.
Touristen kommen in der Regel aber nicht in den Besitz eines solchen Scheins - für sie ist der Won verboten, Ausländer dürfen nur mit fremder Währung zahlen. Seit 2002 ist das offiziell der Euro. Tatsächlich geht es aber auch mit Dollar, Yen und dem chinesischen Renminbi. Und mit ein bisschen Geschick und guten Kontakten zur Bevölkerung kann man auch zu nordkoreanischen Preisen einkaufen. Wer das Bargeld dazu nicht in Nordkorea bekommt, kann den Won stattdessen auf chinesischer Seite an der Grenze erstehen. Das ist aber nicht ungefährlich, denn die Aus- und Einfuhr des Won ist natürlich ebenfalls verboten.
Was bekomme ich für mein Geld? Ein Brief nach Europa kostet 191 Won, sein Heimweh betäubt man mit einheimischen Alkoholika - zum Beispiel Schlangenschnaps für 141 Won.
Irak
Währung: Neuer Irak-Dinar (NID)
Wechselkurs: 1244 NID = 1$; 1714 NID = 1 Euro
Inflationsrate: 44,28 Prozent (2007)
Bis 2003 steckte Saddam Hussein noch in allen Portemonnaies des Landes: Auf den Dinar-Scheinen war sein Konterfei abgebildet. Nach der Invasion gaben die Amerikaner dem Dinar ein neues Design und benannten ihn um in "Neuen Irak-Dinar". Seitdem findet man etwa auf dem 10.000er-Schein Alhazen, den Erfinder der Lupe. Weitere Banknoten zeigen Getreidesilos und Dattelpalmen, den babylonischen Herrscher Hammurabi und das Spiralminarett von Samarra.
Mit 64 Prozent hatte der Irak im Jahr 2006 die zweithöchste Inflationsrate der Welt. Die Wirtschaft leidet unter den hohen Energiepreisen und Transportkosten. Das größte Problem sind aber die täglichen Bombenanschläge - 20 Prozent der Staatsausgaben gibt der Irak für den Schutz der Bevölkerung aus. In den letzten Monaten scheint sich die Währung immerhin gefangen zu haben; im Juni betrug die Inflationsrate nur noch 46 Prozent.
Wer die Taschen voller Dinare hat, kann damit vor allem eines tun: sie in Dollar eintauschen. Das geht in Banken, aber auch in privaten Wechselstuben - im Irak ist jeder Ladenbesitzer ein potenzieller Dollar-Wechsler. Bei ihnen ist der Deal meist lohnender als bei offiziellen Stellen.
Was bekomme ich für mein Geld? Ein leckerer irakischer Kebab kostet 250 NID.
Simbabwe
Währung: Simbabwe-Dollar (ZWD)
Wechselkurs: 15.000 ZWD = 1$
Inflationsrate: 20.000 Prozent (August 2007)
Unangefochten liegt der Simbabwe-Dollar an der Spitze der lausigsten Währungen der Welt: Mit zurzeit über 20.000 Prozent hat Robert Mugabes Reich die höchste Inflationsrate überhaupt. Die Aussichten für die weitere Entwicklung sind miserabel: Manche Beobachter erwarten für das nächste Jahr eine Inflationsrate von bis zu 1,5 Millionen Prozent.
Bei derart spektakulären Vorzeichen lohnt sich ein genauerer Blick auf die Landeswährung. So gibt es vom Simbabwe-Dollar auch Cent-Münzen mit überaus niedlichen Motiven: Auf der Vorderseite kauert der historische Wappenvogel des Landes, hinten drauf sind ein Hase (5 Cent), eine aufgehende Sonne (50 Cent) oder ein schnupperndes Schuppentier (2 Dollar). Leider ist es bei den horrenden Preisen im Land überaus nutzlos, Klimpergeld zum Einkaufen mitzunehmen. Deshalb sind die Simbabwer Münzen nur noch theoretisch in Gebrauch.
Für die galoppierende Inflation gibt es gute Gründe: Unter anderem ist Simbabwes Wirtschaft seit 1998 um über ein Drittel geschrumpft. Hinzu kommen die Armut im Land und extrem hohe Arbeitslosigkeit (rund 80 Prozent). Jeder dritte Simbabwer ist HIV-infiziert.
Die Wechselkurse sind nicht leicht zu durchblicken. Der offizielle Kurs der simbabwischen Zentralbank zum Beispiel liegt bei 15.000 ZWD pro US-Dollar. Der Kurs auf dem Parallelmarkt beläuft sich aber auf 200.000 ZWD pro US-Dollar. Diesen Betrag führte die Regierung vor Kurzem auch als Geldschein ein: Die 200.000-ZWD-Note ist somit der größte Schein im Umlauf. Mit ein wenig Talent beim Feilschen lassen sich in Tankstellen, Hinterhöfen oder Busbahnhöfen 100 $ für bis zu 2,3 Mio. Simbabwe-Dollar losschlagen.
Was bekomme ich für mein Geld? Zum offiziellen Kurs der Zentralbank kosten zehn Kilogramm Maismehl 150.000 Simbabwe-Dollar, einen Liter Benzin (in Flaschen abgefüllt) gibt's schon für 20.000 Simbabwe-Dollar.© Financial Times Deutschland www.ftd.de