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Lehren aus der Österreichischen Schule

Bei der Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse am 6. und 7. November gab es neben einer Reihe hervorragender Referenten mit anschließenden lebhaften Diskussionen auch die eine oder andere Überraschung. Dazu gehörte die Wiederentdeckung der Österreichischen Schule, einer volkswirtschaftlichen Denkrichtung, die schon sehr früh die ganze Ökonomie revolutioniert hatte. Bevor Sie jetzt mit dem Lesen aufhören, weil Sie eine theoretische Abhandlung erwarten, sollten Sie jedoch bedenken: Carl Menger, Ludwig von Mises und Joseph Alois Schumpeter – um nur drei herausragende Vertreter dieser Schule zu nennen – hatten im 19. und 20. Jahrhundert die Basis für eine neue Sicht der Dinge geschaffen, die sich in den kommenden Jahren erst richtig durchsetzen und die Geldanlage von uns allen maßgebend beeinflussen wird.
Menger entwickelte den Begriff vom Grenznutzen. Auf eine einfache, in die heutige Zeit übertragene Formel gebracht, sagt er aus: Je mehr etwas (Geld, Konsum- und Investitionsgüter, Dienstleistungen) vorhanden ist, desto niedriger wird es bewertet. Während meines Studiums erklärten manche Professoren den Grenznutzen, indem sie die Gelage studentischer Verbindungen zum Vergleich heranzogen: Je mehr Bier man trinkt, desto schlechter schmeckt es, und am Ende ….... – den Rest können Sie sich vorstellen. Menger hielt es eher mit der wissenschaftlichen Erklärung: Der Grenznutzen tendiert immer gegen Null. Daraus lässt sich mit Blick auf die aktuelle Entwicklung ableiten, dass zum Beispiel der Wert des Papiergeldes – das heißt, der Wert der Geldscheine, mit denen wir zahlen, einschließlich ihrer elektronischen Äquivalente – umso mehr gegen Null tendiert, je mehr davon im Umlauf ist.
Erst von Mises integrierte das Thema Geld in die volkswirtschaftliche Theorie. Eine seiner Thesen lautete: Die Geldnachfrage ist nicht so sehr durch die im Umlauf befindliche Geldmenge bestimmt, sondern sie ist vor allem abhängig von der Bewertung der jeweiligen Marktsituation durch die Marktteilnehmer. Daraus wurde später die Theorie der Erwartungen. Von Mises' weitere Thesen haben es besonders in sich, weil sie die aktuelle Entwicklung zu antizipieren scheinen (von Mises starb 1973 im hohen Alter von 92 Jahren): Künstlich niedrig gehaltene Zinsen senden falsche Preis- und Gewinnsignale aus. Das führt zur Fehlleitung von Ressourcen. Ein staatlich erzeugter Aufschwung nimmt schon das nächste Konjunkturtief vorweg. Und staatlicher Interventionismus ist für Wirtschaftskrisen verantwortlich.
Der wegen des durch ihn geprägten Begriffs von der „schöpferischen Zerstörung“ immer wieder zitierte Schumpeter deutete Konjunkturzyklen zum einen mit dem Wechsel von Innovation und Imitation, von Aufstieg und Deklassierung. Er war überzeugt, dass eine Wirtschaftskrise umso heftiger ausfällt, je mehr drei Konjunkturzyklen zusammenfallen: ein kurzer, ein mittlerer von sieben bis elf Jahren und ein langer von 50 Jahren, auch bekannt als Kondratjew-Zyklen (so genannt nach dem gleichnamigen russischen Statistiker, der sie mit Zahlen untermauert hatte). Zum anderen begründete Schumpeter Konjunkturzyklen mit negativen Auswirkungen externer Faktoren, zu denen er vor allem die generelle Unfähigkeit der Regierungspolitik zählte. Er war überzeugt, dass der Kapitalismus nicht überleben kann. Damit sind wir in der Gegenwart angekommen, nämlich beim gerade in den Kinos laufenden Anti-Kapitalismus-Film von Michael Moore.
Die Gedanken von Menger, von Mises und Schumpeter auf die heutige Zeit zu übertragen, das bedeutet: 1. Die Lehre vom Grenznutzen lässt den Schluss zu, dass unser Geld (in Form von Papiergeld und elektronischem Geld) eines Tages nichts mehr wert sein wird. 2. Die staatlichen Interventionen führen unweigerlich in die nächste Wirtschaftskrise. 3. Falls der kurze, der mittlere und der lange Konjunkturzyklus zusammenfallen und falls Regierungen sich mit ihren ökonomischen Entscheidungen weiter als unfähig erweisen, ist das ganze kapitalistische System in Gefahr.
Ob man die Thesen der drei Wissenschaftler der Österreichischen Schule eins zu eins oder nur bedingt in die Gegenwart verpflanzt, ist nebensächlich. Denn Geldmengenorgien, Konjunkturen, Krisen und staatliche Interventionen gab es immer schon – ebenso wie die vielen Ignoranten, die vom nächsten Konjunkturaufschwung träumen, und die Manipulateure, die uns weismachen wollen, unser heutiges System sei nicht mit dem aus dem 19. oder 20. Jahrhundert zu vergleichen, und dieses Mal sei alles anders. Im Kern ist nichts anders, nur die Nebenbedingungen haben sich geändert, und das nicht unbedingt zum Guten.
Was den zuletzt genannten Punkt betrifft, ist zunächst zu bedenken, dass die Folgen der Globalisierung immer noch unabsehbar sind, und zwar im positiven wie leider auch im negativen Sinn. Das heißt, der Geist ist aus der Flasche entfleucht und lässt sich nicht so einfach wieder einfangen. Darüber hinaus beginnt das Internet gerade erst, unser ganzes Wirtschaftssystem auf den Kopf zu stellen, haarklein nachzulesen im jetzt auch als Taschenbuch (dtv) erhältlichen Bestseller von Chris Anderson „The Long Tail – Nischenprodukte statt Massenmarkt“ (in deutscher Sprache). Der Autor sagte in einem „Spiegel“-Interview vom Sommer dieses Jahres zur Zukunft von Unternehmen, die mittels Internet Geld verdienen wollen: „Das Geschäftsmodell des 21. Jahrhunderts wird anders aussehen als das des 20. Jahrhunderts.“ Wie, ließ er offen – nicht ohne eine klare Aussage zu einem Großteil der heutigen Medienwirtschaft von sich zu geben: „Zeitungen als Printprodukt sind unwichtig geworden.“ Er muss es wissen, denn er ist Chefredakteur der US-Zeitschrift „Wired“. Dieses Zitat lässt im Übrigen erst recht auf das Fernsehen übertragen. Denn große Teile der Medien – man denke nur an die völlig überzogene Berichterstattung zum SPD-Parteitag vom vergangenen Freitag oder an die Schweinegrippen-Hysterie – sind inzwischen zu Sprachrohren von Interessengruppen geworden.
Fazit: 1. Beschäftigen Sie sich mit den Lehren der Österreichischen Schule; die diversen Bücher der drei genannten Wissenschaftler sind im Buchhandel preiswert zu haben. 2. Misstrauen Sie den Beschwichtigungen von verschiedenen Seiten (Politik, Banken usw.), konjunkturell sei alles halb so schlimm. 3. Machen Sie erhebliche Abstriche an der Berichterstattung der gängigen Medien, zumal diese auf Anzeigenkunden, Politiker und Lobbyisten Rücksicht nehmen müssen. 4. Bevorzugen Sie zur Informationsbeschaffung zunehmend das Internet, auch wenn darin noch so viel Mist veröffentlicht wird, den Sie dann einfach mit Ihrem gesunden Menschenverstand ignorieren sollten. 5. Bevorzugen Sie für Ihre persönliche Geldanlage aktuell das, was sich zwangsläufig aus den Thesen der Österreichischen Schule ergibt: Werte, deren Grenznutzen durch alle Konjunkturen und Krisen hindurch nie und nimmer gegen Null gehen kann: vor allem Gold und Silber. Allerdings sollten Sie auch etwas Cash vorhalten, um bei passender Gelegenheit Schnäppchen zu ergattern.

Manfred Gburek, 13. November 2009

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.gburek.eu/