Die EZB und ihre Psycho-Spiele
Freitag, 04. März 2011, 05:49
von Miriam Kraus
Hach ja, in dieser Woche passieren so viele interessante Dinge, dass es eine wahre Freude ist, dabei zuzusehen...zum Beispiel wenn man die EZB betrachtet und wie diese heuer dafür sorgt, dass unsere Gemeinschaftswährung weiter zulegt.
Jean-Claude Trichet - der Gefühlvolle
Also, sicher haben Sie es schon mitbekommen: unser aller EZB-Häuptling Trichet hat heute dem Markt gegeben, was sich der Markt gewünscht hat. Da sich zuletzt die europäischen Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr um 2,4% erhöht haben, ist Trichet nun vor Europa getreten, um uns kund zu tun, dass er ein pflichtbewusster Währungshüter ist. Genauer gesagt: Trichet entsandte Signale, dass er vielleicht bereit sein könnte, schon im April die Zinsen anzuheben. Natürlich erst einmal nur ein wenig und natürlich sollen wir auch nicht gleich mit einer Reihe von Zinsanhebungen rechnen, aber immerhin...Trichet flirtet derzeit also mit gekonntem Augenaufschlag und der Markt liebt ihn dafür. Schließlich war es genau das, was der Markt von Trichet erwartet hatte: ein kleines bisschen Hoffnung darauf, dass der Markt mit seinen Gefühlen richtig liegt.
Und obwohl die EZB beim letzten Mal, als sie 2008 mitten in der Finanzkrise den Leitzinssatz angehoben hatte, erst nach einer Inflationsrate von über 4% bereit war zu reagieren, hatte sich der Markt so sehr gewünscht, dass die EZB sich diesmal nicht so lange zieren würde. Großes Gefühlskino, war das heute also....hoffentlich findet die Love Story kein abruptes Ende...denn eigentlich steckt die EZB in einer belastenden Zwickmühle.
Dilemma Nummer 1
Die folgenden Zeilen sind sicher nichts Neues für Sie: wir alle wissen, dass der europäische Wirtschaftsraum vor Heterogenität nur so strotzt. Auf der einen Seite haben wir im Euro-Raum die Staaten die ganz freudig wachsen, wie Deutschland, das deshalb auch von der wachsenden Teuerung deutlicher getroffen wird und eine Zinsanhebung zur Vermeidung späterer Blasen längst schon gebrauchen könnte. Auf der anderen Seite aber sind die Staaten, deren Wachstum nur äußerst minimal ist, wie Spanien und Italien, oder deren Wachstum sogar schrumpft, wie Portugal und Griechenland. Diese Staaten aber brauchen einen niedrigen Zinssatz, damit mehr Kredite vergeben werden und das Wachstum angekurbelt werden kann (oder könnte). Aufgrund dieser Unterschiede ist die EZB mit einem Dilemma konfrontiert: wenn sie versucht etwas gegen die Teuerung zu unternehmen, riskiert sie aber auf der anderen Seite die kümmerlichen Konjunkturversuche in den südlichen Staaten gänzlich abzuwürgen.
Man könnte also dementsprechend den Eindruck gewinnen, der liebe Trichet hätte sich nun also endgültig für uns Deutsche entschieden. Könnte man.....wenn die ganze Sache nicht eigentlich noch komplexer wäre...denn
Dilemma Nummer 2
...führt uns zu den Gründen für die wachsende Teuerung. Von offizieller Seite wird man ja nicht müde zu betonen, dass der Grund für die steigenden Preise, der massiv steigende Ölpreis ist. Na ja, richtiger wäre es zu sagen, dass die schon im letzten Jahr stetig und dynamisch steigenden Rohstoffpreise ausschlaggebend sind für den wachsenden Inflationsdruck von außen. (Und ehrlicher wäre es zu sagen, dass einer der Gründe für die steigenden Rohstoffpreise [abgesehen von der tatsächlich enorm hohen Nachfrage der Emerging Markets] auch die expansive Geldpolitik der Notenbanken ist, die es ermöglicht, die Rohstoffpreise mit viel spekulativem Kapital weiter anzufeuern - eigentlich lustig, wie die EZB jetzt gegen eine Inflation vorgehen will, die sie irgendwie ja auch selbst mit erschaffen hat...aber lassen wir das mal...).
Also, zunächst die gute Nachricht: auch die EZB geht jetzt davon aus, dass die Rohstoffpreise weiter steigen werden. Punkt.
Zum anderen fände ich es allerdings ziemlich lustig, wenn die EZB tatsächlich versuchen sollte, mit einer Zinsanhebung den Preisdruck von außen in den Griff zu bekommen. Denn eine Zinsanhebung der EZB stoppt weder die Unruhen im Nahen Osten (Ok, das ist eine temporäre Geschichte, aber was daraus wird, weiß ja auch noch keiner...), noch wird sich die FED ein Beispiel daran nehmen und ebenfalls wird eine EZB-Zinsanhebung auch nicht die Nachfrage in den Emerging Markets dämpfen. Oder um es anders zu sagen: gegen steigende Rohstoffpreise kann die EZB gar nichts tun.
Also, was hat die EZB heute wirklich getan?
Sie hat dem Markt zugezwinkert, dessen Herz hat einen Hüpfer getan und daraufhin hat er ihr den Euro abgekauft...;-))
Schauen wir uns das doch gleich mal an:
EUR/USD (30 Minuten)
Quelle: CFX-Trader
Hübsch, nicht wahr?! Ein Augenaufschlag von Trichet und EUR/USD hüpft bis auf 1,3974.
Und was macht das für einen Sinn?
Nun, die Rohstoffe werden in der Regel in US-Dollar gehandelt. Wenn der Euro also gegenüber dem US-Dollar an Wert zulegt, dann wird für uns das Rohstoffe-Shopping im Ausland etwas günstiger. So kann man also auch den steigenden Rohstoffpreisen begegnen...Trichets Flirt-Taktik ist heute jedenfalls aufgegangen. Hoffentlich hat er auch weiterhin Erfolg...
Und wie sieht es mit den deutschen Exporten aus, wenn der Euro steigt? Nun, ich sage es einmal so, deutsche Exportgüter sind in der Regel von hoher Qualität und Wettbewerbsfähigkeit. So lange der Euro nicht massiv durch die Decke geht, dürften sich die Probleme in Grenzen halten. Abgesehen davon macht sich das deutsche Wachstum ja ganz gut und kann auch eine etwas langsamere Dynamik vertragen.
Aber was wird nun mit den konjunkturgedämpften Euroländern passieren?
Na ja, zunächst mal ist der Zinssatz ja noch gar nicht angehoben worden. Sollte es zu einer massiven Verschärfung der Staatsschuldenkrise kommen, würde Trichet sich das Ganze sicher noch mal überlegen. In dem Punkt ist, nach mittlerweile genereller Meinung der EZB, aber sowieso jetzt endlich auch mal die Politik gefragt. Die wird zwar die Staatsschuldenkrisen-Problematik nie und nimmer vom einen auf den anderen Tag lösen können, aber irgendwelche baldigen konkreten Pläne, die Hoffnung machen, erhofft sich sicher nicht nur die EZB.
Und dann hat die EZB auch absolut klar gestellt, dass sie ihre Problem-Kinder nicht hängen lassen wird.
Zum einen werden die Geschäftsbanken auf jeden Fall bis Juni (und wenn nötig auch sicher darüber hinaus) auch weiterhin mit so viel Geld versorgt, wie sie haben wollen. Zum anderen stellte Trichet auch ganz klar, dass die EZB weiterhin Staatsanleihen der Problem-Staaten aufkaufen wird. Ein Schelm der sich jetzt fragt, was eine Zinsanhebung dann eigentlich bewirken soll...aber Trichets Flirt-Taktik könnte ja funktionieren....
So long liebe Leser...wenn der Markt also tatsächlich wieder die EZB zu lieben lernt, dann könnte er ja auch nicht nur den Euro, sondern auch die EZB-Kinder lieben lernen...oder anders: sein Vertrauen in die Eurozone zurückgewinnen, trotz aller Probleme (denn nichts ist so wichtig wie Vertrauen, ob in der Liebe oder im Markt)....na ja, hoffen wir mal, dass diese Liebesgeschichte ein Happy End hat....außerdem bleibe ich noch gespannt, wie Wirtschafts-Häuptling Brüderle uns armen Verwirrten nach seinem Benzin-Gipfel klar machen will, warum wir künftig unbedingt mit E10 fahren müssen...und dann gab's noch was Lustiges: erstens haben die USA ganz plötzlich gemerkt, dass sie China doch mehr Geld schulden, als sie ursprünglich angenommen hatten und zweitens haben die Chinesen jetzt die Nase voll von der FED und dem US-Dollar...künftig werden die chinesischen Ex- und Importeure ihre Geschäfte mit ausländischen Partnern nur noch in CNY abwickeln und nicht mehr in USD...oho, da bereitet sich aber jemand darauf vor, die Rolle der eigenen Währung zu stärken und es sind nicht die USA...:-)...wenn Sie schon länger Rohstoff Daily lesen, dann wissen Sie, dass mich diese Entwicklung nicht überrascht...aber lustig find ich's trotzdem...;-)...bis morgen zum Wochenrückblick und liebe Grüße...
Ihre Miriam Kraus
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