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EZB brütet über Risiken

von Mark Schrörs (Frankfurt)

Angesichts einer zu hohen Inflation dürfte die Eeuropäische Zentralbank den Leitzins bis Jahresende bei 4,0 Prozent halten - das ist jedenfalls die Ansicht führender Volkswirte, wie die neue FTD-Zinsumfrage zeigt.

Wie aus einer Zusatzfrage zur monatlichen FTD-Zinsumfrage bei internationalen Banken hervorgeht, erwarten 55 Prozent bis Jahresende einen unveränderten Satz. Erstmals seit Jahresbeginn sind sie damit in der Mehrheit. "Die Inflation bereitet der EZB große Kopfschmerzen", sagte Klaus Baader, Europa-Chefvolkswirt bei Merrill Lynch.
Rund ein Viertel der Befragten prognostiziert aktuell auf Zwölf-Monatssicht einen konstanten Zins. Bei denjenigen, die im ersten Halbjahr 2009 wieder eine Zinsänderung erwarten, teilen sich die Lager gleichmäßig auf in jene, die auf steigende, und jene, die auf sinkende Zinsen setzen. Zusammen mit den 45 Prozent, die prognostizieren, dass der Satz bereits 2008 ein erstes Mal sinkt, sind damit aber weiter jene knapp in der Mehrheit, die als nächsten Schritt der EZB eine geldpolitische Lockerung erwarten.
Seit Juni vergangenen Jahres hält die EZB ihren Zins bei 4,0 Prozent. Zwar liegt die Teuerung inzwischen seit mehr als einem halben Jahr deutlich über dem Preisziel der EZB - was für Zinsanhebungen spräche. Zugleich aber ist die Euro-Zone einem Mix aus Finanzkrise, drohender US-Rezession und Euro-Aufwertung ausgesetzt - was eher Zinssenkungen nahelegte, um einen Konjunkturabsturz zu vermeiden.

Nachdem sich die EZB Anfang des Jahres erstmals die Tür für Zinssenkungen geöffnet hatte, hatten die von der FTD befragten Volkswirte noch im März mit einer 80-Prozent-Mehrheit erwartet, dass die EZB bereits im Sommer senkt. Seitdem haben sie diesen Termin aber immer weiter nach hinten geschoben - oder sich ganz von dieser Prognose verabschiedet.
Hintergrund ist vor allem die Teuerung. Wie am Freitag bekannt wurde, ist sie im Mai erneut auf 3,6 Prozent geklettert - abgesehen von März dieses Jahres, als der gleiche Wert erreicht worden war, der höchste Stand seit 16 Jahren. Seit November liegt sie über der 3,0-Prozent-Marke. Die EZB strebt knapp unter 2,0 Prozent an.

Zugleich aber nehmen die Anzeichen zu, dass die Euro-Konjunktur mächtig an Tempo verliert. Das Wachstum im ersten Quartal war mit 0,7 Prozent zum Vorquartal zwar überraschend stark. Es war allerdings vor allem getrieben von Deutschland, wo Sonderfaktoren wie der milde Winter für das stärkste Plus seit 1996 sorgten.

"Der EZB steht in den nächsten Monaten ein unangenehmer Ritt bevor", sagte Mark Wall, Europa-Volkswirt der Deutschen Bank, mit Blick auf die gegenläufigen Risiken. Nach Einschätzung der Beobachter wird die EZB, die am Donnerstag über ihren Zins entscheidet, abwarten, in welche Richtung sich die Risikobalance entwickelt.
Den Eindruck hatte am Montag auch die französische Notenbankerin Michèle Saint Marc bestätigt. "Meiner Ansicht nach wird es für eine lange Zeit keine Zinserhöhung oder -senkung geben", sagte sie der Nachrichtenagentur Market News.
Am Donnerstag werden die neuen, vierteljährlichen Prognosen der EZB-Volkswirte zu Inflation und Wachstum besondere Aufmerksamkeit erhalten. Die Erwartung für die Teuerung dürfte die Notenbank anheben. Im März war sie im Mittel von 2,9 Prozent ausgegangen. Nun sollte dies bei mehr als 3,0 Prozent liegen. Die von der FTD befragten Volkswirte erwarten im Schnitt eine Anhebung auf 3,3 Prozent, wie die Zusatzfrage zeigt.
Auch für 2009 sollte es eine Heraufsetzung des bisherigen Mittelwerts von 2,1 Prozent geben. Die Ökonomen der internationalen Banken prognostizieren einen neuen Wert von 2,2 bis 2,3 Prozent.
Bei den Wachstumsprognosen wird die EZB demnach für 2008 ihre bisherige Einschätzung von im Mittel 1,7 Prozent nahezu unverändert lassen, für 2009 aber stärker nach unten nehmen. Statt 1,8 Prozent wie im März wird ein neuer Mittelwert bei 1,5 bis 1,6 Prozent erwartet. In den vergangenen Wochen hatten bereits mehrere EZB-Vertreter klar signalisiert, dass die Wachstumsprojektionen leicht nach unten korrigiert werden und 2009 womöglich schwieriger wird als 2008.
"In einem solchen Umfeld gibt es für die EZB keine Möglichkeit, die Zinsen zu senken, ohne einen Anstieg der Inflationserwartungen auszulösen und ihre hart erarbeitete Glaubwürdigkeit als ,Inflationsbekämpfer‘ zu gefährden", so Aurelio Maccario, EZB-Beobachter bei Unicredit. Andere Beobachter dagegen kritisieren, die EZB warte womöglich wie 2001 erneut zu lange, bevor sie den Zins senkt - und verschärfe damit den Abschwung.

Quelle: http://www.ftd.de