10 Jahre EZB - Ein Grund zum Feiern?
Mit viel Pomp und Trara beging die Europäische Zentralbank am 1.Juni ihren 10.Geburtstag. In seiner Festansprache zog der derzeitige Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet, eine durchwegs positive Bilanz über 10 Jahre EU-ropäisch-zentralistische Geldpolitik. Besonders stolz war Trichet auf die niedrige Teuerungsrate, die seit dem 1. Jänner 1999 im Jahresschnitt um 2,1% zulegte. Damit wurde das Ziel, den relevanten Teuerungsindikator HVPI "knapp, aber nahe bei 2 Prozent" zu halten, nur unwesentlich verfehlt.
Der Verwechslung von Teuerung und Inflation (siehe: "Die Gefahren der Inflation") fällt gerade auch Trichet anheim und macht es ihm äußerst einfach, diese - bösartig formuliert geschönte - Bilanz vorzulegen. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit nicht auf die Teuerung, sondern auf die Inflation der letzten 10 Jahre lenken, präsentiert sich uns ein gänzlich anderes Bild.
Für unsere Ausführungen bedarf es einer bedeutsamen Annahme, nämlich der, daß sich die EZB weiterhin mit einer Einlösepflicht konfrontiert sähe. Dieser letzte direkte Bezug zur Warendeckung, die im letzten Jahrhundert fast ausnahmslos aus Gold bestand, ging jedoch mit dem Kollaps von Bretton Woods endgültig verloren. Niemand, nicht einmal ausländische Zentralbanken, können ihre Euro-Noten heute gegen Gold einwechseln. So wie alle anderen führenden Währungen ist auch der Euro heute ein uneinlösbares Zeichen- oder Papiergeld, das von der Golddeckung vergangener Tage zehrt.
Um die Inflationierung der EZB in den letzten 10 Jahren richtig einschätzen zu können, benötigen wir 2 Meßgrößen. Zum einen die Goldreserven des ESZB, d.h. der EZB und aller Zentralbanken der Euro-Länder. Zum anderen die umlaufende Geldmenge, die durch die Goldreserven gedeckt sein sollte. In Ermangelung eines theoretisch fundierten Geldmengenindikators, der vom Mises-Institute in den USA für den USD vor kurzem zusammengestellt wurde (siehe "Wiener Geldmengenaggregat veröffentlicht"), werden wir fünf Aggregate - Banknotenumlauf, die Passiva der EZB, M1, M2, M3 - berücksichtigen. Stichtag für unsere Daten ist zum einen der 1. Jänner 1999 als Anfangsdatum und zum anderen der 31.12.2007 als Enddatum. Dieser neunjährige Zeitraum deckt einen Gutteil des Bestehens der EZB ab.
1. Die Geldmengenentwicklung: Abbildung 1 dokumentiert die Geldmenge des jeweiligen Geldmengenaggregats am Beginn und am Ende unseres Beobachtungszeitraums, wobei die rote Säule den Wert zum 1.Jänner 1999 und die blaue Säule den Wert zum 31.Dezember 2007 abbildet. Die gelben Dreiecke entsprechen der jährlichen Wachstumsrate des jeweiligen Indikators.
(Abbildung 1: Geldmengenentwicklung - absolut und in % pro Jahr)
Die Wachstumsraten unterscheiden sich nicht allzu stark und reichen von 8,2% bis maximal 10,4%. Klar ersichtlich ist, daß die EZB die zweite Säule ihrer Geldpolitik - ein M-3 Wachstum von höchstens 4,5% - bei weitem verfehlt hat. Nicht von ungefähr erhält die zweite Säule in den Medien kaum noch Beachtung, würde sie doch die Glaubwürdigkeit der EZB untergraben.
2. Der Goldbestand des ESZB: Abbildung 2 präsentiert die Goldreserven des ESZB zum jeweiligen Stichtag:
(Abbildung 2: Goldreserven in Millionen Feinunzen lt. Tabelle "Goldreserven")
Trotz der Aufnahme Griechenlands in die Eurozone im Jahr 2001 sanken die einzig brauchbaren Aktiva des ESZB von 404,13 Millionen Feinunzen Gold auf 355,73 Millionen Feinunzen. Ein Rückgang von beachtlichen 12,2% im Beobachtungszeitraum.
Diese beiden Entwicklungen führen wir nun in Abbildung 3 zu einem aussagekräftigen Bild zusammen. Der errechnete Betrag gibt an, wie viele Euro auf eine Feinunze Gold kommen. In einem nichtinflationären Szenario müßte der Wert über die Zeit konstant bleiben, da die Währungsbezeichnung, z.B. 1 Mark, der Name für eine bestimmten Menge Gold oder Silber mit einem festgelegten Feingehalt wäre:
(Abbildung 3: Euro pro Feinunze Gold; eigene Berechnung)
Wir sehen, daß 1999 779 papierene Euro durch eine Feinunze Gold gedeckt waren, am Jahresende 2007 entsprachen schon 1913 Euro einer Feinunze Gold. Dies entspricht einer Entwertung von sage und schreibe 11,9% pro Jahr. Nimmt man das weiteste Geldmengenaggregat als Referenzwert, so sehen die absoluten Zahlen noch düsterer aus: 10 977 Euro kamen 1999 auf eine Unze Gold, 9 Jahre später sind es schon stolze 24 434 Euro, was einer jährlichen Entwertung von 10,5% ergibt.
Die tatsächliche Bilanz von 10 Jahren EZB ist somit alles andere als ruhmvoll, denn sie hat eine massive Entwertung des Geldes zu verantworten. Die letzte Abbildung unserer kurzen "Festschrift" läßt sich von der sprachlichen Blindheit der meisten Ökonomen, Politiker und Journalisten nicht in die Irre führen und bringt den tatsächlichen Kaufkraftverlust des Euro über alle Preise ans Tageslicht:
(Abbildung 4: Die tiefrote Bilanz von 10 Jahren europäischer Geldpolitik; eigene Berechnung)
Unabhängig von der Wahl des Geldmengenaggregats sank die Kaufkraft um über 50%. Wenn unsere deutschen Leser den Eindruck haben, die Europreise entsprächen im Großen und Ganzen den DM-Preisen am Vorabend der Euro-Einführung, so finden sie in diesen Zahlen ein handfestes Indiz.
Ein Jahrzehnt EZB bedeutete - wie nicht anders zu erwarten war - ein Jahrzehnt heftiger Inflation. Mit der Vorlage einer derart blutroten Bilanz würde wohl jeder Manager stante pede gefeuert werden. Die EZB wird hingegen von den Nutznießern dieser Politik gefeiert und feiert sich selbst.
Die Auswirkungen der Inflation und wie diese das Vermögen gefährdet vertiefen wir in unserem Seminar "Langfristig Werte sichern in Zeiten der Wirtschaftskrise". Das nächste Seminar findet am Freitag, den 20. Juni 2008, in Bregenz statt.
© Mag. Gregor Hochreiter
Institut für Wertewirtschaft
Den Autor können Sie unter gh@wertewirtschaft.org erreichen
Quelle: Goldseiten.de
» 05.06.08 EZB: Inflation wird rasant ansteigen