Auf in den Klassenkampf!
Wenn Der Spiegel, wie vorige Woche geschehen, mal wieder die ach so bösen Spekulanten aufs Korn nimmt, entspricht das, oberflächlich betrachtet, erst einmal dem Zeitgeist. Doch unter der Oberfläche steckt mehr: Die Suche nach den Schuldigen an einer Misere, die wir seit über drei Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben und die den Namen Stagflation trägt. Das heißt, die Stagnation der Wirtschaft fällt zeitlich in etwa zusammen mit der Inflation der Preise. Das Tückische daran: Da es sich um einen dynamischen Prozess handelt, ist erst die - zunächst gefühlte, nun auch wirkliche - Inflation sicht- und spürbar. Dagegen lässt sich die Stagnation zwar noch etwas Zeit, aber sie spielt in den Erwartungen und damit im Verhalten von Verbrauchern wie auch Unternehmern bereits eine große Rolle. Die Bestätigung (zunächst durch sinkende Wachstumsraten, danach durch echte Stagnation des Bruttoinlandsprodukts) wird noch 2008 und dann erst recht 2009 folgen. Bis dahin werden die Schuldzuweisungen weit über das Duell Spiegel contra Spekulanten hinausgehen: von Gewerkschaftern an Unternehmer, von der SPD an die CDU, von Arm gegen Reich, von Mietern an Vermieter, vom Fiskus an die Steuerflüchtlinge usw. Das alles natürlich auf Gegenseitigkeit, allerdings mit dem Unterschied, dass die Ankläger viel schärfere Töne anschlagen werden als die Angeklagten.
Die Spiegel-Nummer ist billig und obendrein auch noch falsch: Billig, weil sie auf primitivste Weise Emotionen weckt, und falsch, weil sie von einer extrem eingeschränkten Betrachtungsweise zeugt. Nehmen wir als unverdächtigen Kronzeugen den Duden. Dort heißt es unter dem Begriff Spekulation: "auf Mutmaßungen beruhende Erwartung; auf Gewinne aus Preisveränderungen abzielende Geschäftstätigkeit; Philos. Vernunftstreben nach Erkenntnis jenseits der Sinnenwelt". Dagegen schlägt uns schon von der Spiegel-Titelseite entgegen: "Angriff auf den Wohlstand - Wie Spekulanten das Leben immer teurer machen". Dieses Beispiel ist ein Indiz dafür, dass wir uns schnellen Schrittes dem Klassenkampf nähern. Bild dürfte bei passender Gelegenheit kontern. Und weil die meisten Politiker sich nach der Masse der Wähler richten werden (ja richten müssen, um bei der nächsten Wahl eine Chance zu haben), werden sie den Klassenkampf mitmachen. Also im Zweifel lieber den Unternehmern etwas wegnehmen als den Arbeitnehmern, Rentnern und Hartz IV-Empfängern. Lieber noch mehr für den Mieterschutz sorgen und Steuerflüchtlinge verfolgen, als rechtzeitig die Konsequenzen aus dem daniedergehenden Mietwohnungsbau zu ziehen und endlich ein einfacheres Steuerrecht einzuführen.
Die Konsequenzen für Sie als Anleger liegen auf der Hand:
1. Da zu den Begleitumständen des hier beschriebenen Szenarios neben steigenden Inflationsraten auch höhere Zinsen gehören, wie sie ja bereits in den zuletzt exorbitant gestiegenen Renditen zehnjähriger Bundesanleihen erkennbar geworden sind, bleiben Sie mit möglichst hoch verzinslichem Tagesgeld - zur Sicherheit verteilt auf drei oder vier Banken und Sparkassen, die einem Einlagensicherungsfonds angehören - für den schnell verfügbaren Teil Ihrer Anlagen bestens bedient. Quellen u.a.: www.onvista.de, www.fmh.de und Tageszeitungen. Der Clou für Reiche: Für sie wirkt sich die kommende Abgeltungsteuer insofern günstig aus, als sie dann nicht mehr mit ihrem Spitzensteuersatz, sondern nur mit 25% zuzüglich Soli und ggf. Kirchensteuer zur Kasse gebeten werden.
2. Um langlaufende Anleihen, Fonds, Zertifikate und die gängigen Aktien machen Sie im Zweifel einen Bogen. Das schließt zwar nicht aus, dass Sie sich bei der einen oder anderen Aktienspezialität auf die Lauer legen und bei passender Gelegenheit zugreifen, aber dafür sollten Sie sich täglich mindestens eine Stunde Zeit nehmen.
3. Da die Gold- und Silberpreise längst noch nicht ausgereizt sind, sollten Sie ihnen gerade jetzt größere Aufmerksamkeit widmen. Beide flattern erwartungsgemäß ohne klaren Trend rauf und runter. Wie an dieser Stelle bereits in der Vorwoche begründet, spricht so gut wie alles dafür, dass die Edelmetalle ihre beste Zeit noch vor sich haben. Das gilt übrigens auch für viele Gold- und Silberminenaktien, die zuletzt einen Schwächeanfall erlitten haben. Hier sind relativ niedrige Kurse vielfach schon Kaufkurse. Sicherheitshalber sollten Sie Ihre Kaufaufträge aber über mehrere Wochen verteilen, je nach der Höhe Ihres Engagements ggf. auch über Monate.
Manfred Gburek, 13. Juni 2008
Quelle: http://www.gburek.eu/