Schuldenverbot für den Staat
Die Vorschläge gleichen einer Radikalkur: Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, fordert deutlich stärkere Einschränkungen für die Kreditaufnahmen des Staates, bis hin zu einem absoluten Schuldenverbot – und bekommt überraschend Rückendeckung aus der Politik.
HB BERLIN/MÜNCHEN. Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hat sich für strengere Schuldengrenzen von Bund und Ländern ausgesprochen. „Die existierende Regelung, nach der die Neuverschuldung die Investitionen nicht übersteigen soll, hat sich offenkundig nicht als effektiv erwiesen“, sagte Papier im der Zeitung „Bild am Sonntag“ laut einem Vorabbericht. „Ich bin davon überzeugt, dass eine striktere Vorschrift - sei es ein Schuldenverbot, seien es verbindliche Obergrenzen - mehr bewirken würde.“ Die immense Staatsverschuldung sei schon heute „eine Gefahr für die Leistungsfähigkeit des demokratischen Rechts- und Sozialstaats“, fügte er hinzu.
Papier warnte eindringlich vor einer Überforderung des Staates durch immer neue Aufgaben. „Der Staat kann nicht alles richten“, sagte er. „Der Staat kann sich nicht zum Vollversicherer für alle privaten und gesellschaftlichen Risiken entwickeln. Wir müssen die Selbstverantwortung stärken.“ Wenn der Staat immer mehr Aufgaben an sich ziehe, diese aber mangels finanzieller Mittel nicht zufriedenstellend erledigen könne, „schwindet noch mehr Vertrauen in die Demokratie“.
Deutschlands oberster Richter forderte zugleich eine umfassende Übertragung von Staatsaufgaben in private Hände: „Die Frage, was genauso gut von gesellschaftlichen Einrichtungen übernommen werden kann, stellt sich in vielen Bereichen. Wir müssen die Zivilgesellschaft stärken. Damit meine ich etwa Familien, karitative Einrichtungen, Sozialverbände, Bürgerstiftungen.“
Bund und Länder sollen auch nach Ansicht von CSU-Chef Erwin Huber künftig keine neuen Schulden mehr machen dürfen. „Für uns hat die Förderalismuskommission nur einen Sinn, wenn ein absolutes Verschuldungsverbot für Bund und Länder vereinbart wird“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ . „Wir in Bayern praktizieren das Verschuldungsverbot schon seit 2006.“ Dies solle auch das Prinzip in der Bundespolitik werden.
Auch die Junge Union in Bayern will, dass es künftig keine neuen Schulden mehr gibt. „Ein Verschuldungsverbot muss nicht nur ins Grundgesetz, sondern auch in die Bayerische Verfassung und die anderen Länderverfassungen“, sagte Bayerns JU-Chef, der Bundestagsabgeordnete Stefan Müller, der PNP. „Nur so wird die notwendige und richtige Politik auf Dauer festgeschrieben, dass der Staat ohne neue Schulden auskommen und bestehende Schulden zurückführen soll.“
Quelle: http://www.handelsblatt.com