„Es wird eine tiefe Rezession kommen“
Der Chefstratege der französischen Großbank Société Générale Albert Edwards sagt eine schwere Rezession für die USA und Teile des Euro-Raum voraus. Im Interview mit Handelsblatt.com nimmt Edwards Stellung zur Zukunft des Dollars und der Finanzindustrie.
Handelsblatt: Wie hängt die Finanzkrise mit den globalen Handelsungleichgewichten zusammen?
Albert Edwards: Sie sind zwei Seiten einer Medaille. Die US-Wirtschaft wurde von einer übermäßig lockeren Geldpolitik und der dadurch befeuerten Blase auf den Vermögensmärkten angeheizt. Hohes Wachstum wurde auf Schuldenbergen aufgebaut. Die grotesken Verschuldungsexzesse gingen Hand in Hand mit nie zuvor da gewesenen Defiziten im Außenhandel. Die Überschüsse der Schwellenländer erlaubten diesen, ein Teil ihrer Ersparnisse in den USA zu recyceln.
Wird die Krise helfen, die globalen Ungleichgewichte abzubauen?
Der Einbruch folgt unweigerlich auf den Höhenflug, und wir haben eine der größten Kreditblasen der Geschichte hinter uns. Schuldenfinanzierte Investments werden überall abgebaut. Das wird eine Kreditklemme erzeugen, die alle Exzesse aus dem System tilgen wird. Das Ergebnis wird eine tiefe Rezession sein, und es gibt nicht viel, was man dagegen tun kann. Die Ungleichgewichte werden mit Sicherheit korrigiert. Das Defizit der USA im Außenhandel dürfte innerhalb eines Jahres beseitigt sein.
Was werden die Konsequenzen der Krise für die weltweite Wirtschaftsentwicklung sein?
Die USA und Großbritannien haben zuvorderst von dem aufgebauten Kartenhaus profitiert und werden schwere Rezessionen erleben, ebenso Teile des Euro-Raums. Aber die größte Überraschung wird die Schwere des Abschwungs in den Schwellenländern sein. Sie werden vom Rückgang der US-Nachfrage nach Importgütern dramatisch betroffen sein - China natürlich eingeschlossen.
Was heißt das für die Unternehmen?
Die Rezession wird unzählige Firmen in den Bankrott treiben, insbesondere in Ländern, wo sich die Unternehmen in den letzten Jahren zusätzliche Schulden aufgeladen haben. Auf lange Sicht wird die Finanzindustrie so reguliert werden, dass sie keine hohen Gewinne mehr erwarten darf. Es geht wieder zurück zum guten alten Bankgeschäft.
Wird die dominierende Rolle des Dollars durch die Krise gefährdet?
Ja, das wird sie. Den USA wird nichts anderes übrigbleiben, als zu inflationieren und sich auf diese Weise vom erdrückenden Gewicht ihrer zu hohen Verschuldung zu befreien, eine Art versteckter Staatsbankrott. Zwischenzeitlich wird der Dollar wohl noch einmal stark werden, weil sich der Außenhandelssaldo stark verbessert. Aber früher oder später wird die Flucht aus dem Dollar einsetzen.
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