Zu groß für eine Rettung
"Der Konkurs des Neokapitalismus" heißt eine Schlagzeile der Pariser Presse aus der vergangenen Woche. Seit Hitler sich das Gehirn mit einer Pistole herausgepustet hat, hat es in Frankreich keine so große Schlagzeile mehr gegeben und war die Selbstzufriedenheit nicht größer.
Fast überall genießen die Menschen die Show. Jede Schlagzeile bringt mehr Gelächter. Die Finanzmärkte geben den Leuten weder das, was sie brauchen, noch das, was sie wollen, sondern das, was sie verdient haben. Was ist es doch für eine Freude zu sehen, dass die Leute es jetzt bekommen - gut und gründlich.
In der Nähe der Heimat freut man sich, dass der ärgerliche Millionär von nebenan" erleben muss, wie sein Aktienportfolio im Wert sinkt. Aktien auf lange Sicht", pflegte er zu sagen, auf selbstgefällige Art. Der dumme alte Knacker wird schon nicht mehr leben, wenn seine Aktien wieder zurückkommen. Er wird arbeiten müssen, bis er tot umfällt, genauso wie wir alle.
An der Wall Street werden die Herren des Universums - die auch die entsprechenden Lohntüten hatten, die das beweisen können - jetzt von ihren eigenen Schuldenbomben in die Luft gejagt. Die wichtigsten fünf Unternehmen der Wall Street sollen zu groß sein, als dass sie untergehen könnten." Aber Bear Stearns wurde bereits in Schutt und Asche gelegt. Lehman zerfällt in viele kleine Teile. Merrill hat sich geduckt und ist davon gekommen. Und dann haben die letzten großen Kapitalisten - J.P. Morgan und Goldman - die weiße Fahne gehisst. Sie haben die Regierung ersucht, sie zu regulierten Banken mit Einlagegeschäften zu machen.
Und George Bush wird das größte Programm der Verstaatlichungen in der Geschichte hinter sich zurücklassen. Das hat sicher ein höhnisches Gelächter verdient. Und die Übernahme von Fannie und Freddie führt allein schon dazu, dass die Hälfte des Landes letzten Endes heute in regierungsfinanzierten Immobilienprojekten lebt. Derweil versetzte die Übernahme der Wall Street, zusammen mit ihren Apparatschiks, sogar die eingefleischten Linken von Frankreichs Liberations in Bewunderung und Ehrfurcht. Das ist eine gewaltige statistische Intervention... es ist das Werk der ideologischsten und extremsten Administration die die Vereinigten Staaten jemals gehabt hat."
Wie herzerfrischend ist es da zu sehen, dass die, die sich überall einmischen müssen und die Weltverbesserer jetzt eine zweite Chance bekommen. Es ist so, als würde man in einem 33er Lincoln durch die Gegend fahren... oder 1968 Steine auf die Gendarmen werfen. Die alten grauen Bolschewiken fühlen sich wieder jung, ungestüm, hirnlos.
Und auch jeder Kapitalist steht hinter dem Rettungsprogramm. Überall auf der Welt sind die die Märkte out - und die staatlich finanzierte Einmischung ist in. Die Prinzipien des freien Marktes sind in Ordnung - bis die Preise anfangen zu fallen.
Und das ist die atemberaubende Chuzpe dahinter. Nachdem die Regierung ein 700 Milliarden Dollar Programm vorgeschlagen hat, bei dem sie die Fehler der Wall Street kauft - auch bekannt als Geld gegen Schrott - hat Henry Paulson bekannt gegeben, er habe keine andere Wahl: Wir haben es getan, um den Steuerzahler zu schützen", sagte der einstige Chef von Goldman.
Selbst Russland mischt sich ein. Neu im Bereich des trügerischen Kapitalismus, kommen sie schnell dahinter, und sagen 20 Milliarden Dollar für den Kampf zu, die Aktienkurse davon abzuhalten, auf den Wert zu fallen, den sie noch wirklich wert sind.
Um bei der allgemeinen hysterischen Absurdität nicht zurückbleiben zu müssen, gab der Boss der Börsenaufsicht, Christopher Cox, eine Liste von 700 Finanzaktien heraus, für die ein Ausverkauf bis zum 2. Oktober verboten sind. In Großbritannien dauert das Verbot des Ausverkaufs von Finanzaktien bis zum 16. Januar an. Aber Pakistan erhält den König-Knut-Gedenkpreis. Ein Gesetz verbietet in diesem umnachteten Land den Aktien auf Kurse unterhalb der Schlusskurse vom 27. August zu fallen.
Und was ist das nur für ein Haufen von Idioten - Greenspan, Paulson und Bernanke. Jedes Wort, das sie bislang geäußert haben, war finanzielles Gift. Greenspan ist hinsichtlich der Hauspreise entspannt...", berichtete die Financial Times 2005. Die meisten schlechten Zahlen im Immobiliensektor liegen vermutlich schon hinter uns...", meinte der gleiche Weise im Oktober 2006. Wir glauben, dass die die Folgen der Schwierigkeiten im Subprime-Sektor... weitestgehend eingedämmt sind..." sagte Bernanke im März 2007. Es sei kein ernstes Problem... ich gehe davon aus, dass wir es eigentlich im Griff haben", fügte Paulson im April 2007 hinzu.
Es sind aber die gleichen Idioten, die heute sagen, dass sie den Kapitalismus vor sich selbst schützen wollen. Ach, da ist der Haken... unter all der ausgelassenen Heiterkeit ruht eine ernste Bedrohung. Die Regierung hat die Banker, die Versicherer, die Hypothekengeber und die Hälfte der Wall Street gerettet. Aber wer wird die Regierung retten?
Seit 1971 beruht das weltweite Geldsystem auf dem Dollar. Der Dollar ruht nur noch auf Vertrauen, Hoffnung und der Freundlichkeit Fremder. Und wenn auch das volle Vertrauen und die Glaubwürdigkeit der Vereinigten Staaten dehnbar sind, kann es sein, dass sie zurückfedern.
Vergangene Woche stieg der Goldpreis innerhalb von zwei Tagen um 120 Dollar. Der Ölpreis ist massiv gestiegen. Investoren erlebten eine weitere Flut von Liquidität, die aus Washington kam, und versuchten, sich aus dem Dollar zurückzuziehen.
In den vergangenen 15 Jahren ist die amerikanische Geldmenge ungefähr doppelt so schnell gewachsen wie das Bruttoinlandsprodukt. Die Verpflichtungen der Bundesregierung sind in der gleichen Zeit dreimal so schnell gestiegen. Die Folge daraus ist, dass die Vereinigten Staaten heute mehr Finanzverpflichtungen haben als Anlagewerte. Im Grunde genommen sind sie damit pleite. Trotzdem wird die Sollseite des Bilanzbogens immer schwerer und schwerer. In diesem Jahr wird das amerikanische Regierungsdefizit um ungefähr eine Billion Dollar wachsen. Das amerikanische Handelsbilanzdefizit liegt bei ungefähr 700 Milliarden Dollar. Der amerikanische Rettungsplan wird vermutlich mindestens eine Billion Dollar mehr koste.
Wo will die Regierung dieses Geld hernehmen? Es gibt nur zwei Möglichkeiten - eine ist ehrlich und deprimierend, die andere korrupt und alarmierend. Ob sie Geld leiht oder Geld druckt, die Welt genießt deswegen Netto keinen Anstieg der Finanzressourcen. Kredite ziehen Geld aus Projekten, die vielleicht nützlich gewesen wären und verteilen es an die Verlierer. Zinssätze steigen als Folge der zusätzlichen Kredite. Höhere Zinssätze verschlechtern normalerweise das wirtschaftliche Bild. Und während die Vereinigten Staaten Geld leihen, langfristig für fast 5%, verleihen sie das Geld für kaum 2% Zinsen. Es ist so, als hätte die Bank ihr Geschäftsmodell gründlich durcheinandergebracht. Je mehr die Bank leiht und verleiht, desto schneller wird sie Konkurs machen.
Wenn das Geld jedoch einfach gedruckt wird - oder wenn man es aus dünner Luft" erschafft, um die praktische Phrase von Lord Keynes zu verwenden - dann ist die Folge sogar noch schlimmer. Ein Inflationieren der Geldmenge mit weiterem Geld, im Stile Argentiniens oder Simbabwes, löscht die Schulden aus. Aber es zerstört das Vertrauen in den Dollar und bringt das gesamte weltweite Geldsystem zu Boden.
Früher oder später wird genau das vermutlich passieren. Und es wird dann nicht daran liegen, dass der Kapitalismus nicht funktioniert - sondern daran, dass er funktioniert. Der Kapitalismus tut genau das, was er tun sollte - er bringt die Dummköpfe um ihr Geld. Aber die Dummköpfe sind die Wähler. Nach einer großen Blase gibt es mehr Dummköpfe als Weise... und in den Vereinigten Staaten mehr Kreditnehmer als Kreditgeber. Früher oder später werden die Amerikaner feststellen, dass sie besser dastehen, wenn sie ihr eigenes Geld zerstören als wenn sie es schützen... und dass sie es vorziehen würden, ihre Kreditgeber zu lähmen, anstatt ihre Rechnungen zahlen zu müssen. Und an diesem Punkt wird die Deflation der Inflation das Feld räumen... und die Welt des dollarbasierten Geldsystems seit 1971 wird zu Ende gehen.
© Bill Bonner
Dieser Beitrag wurde nicht geprüft, www.silbernews.at übernimmt keine Verantwortung für Angemessenheit oder Genauigkeit dieser Mitteilung. Quelle: Auszug aus dem Newsletters "Kapitalschutz Akte" / Goldseiten.de