Talfahrt trotz Rettungspaket
Die US-Börsen haben im Minus geschlossen, obwohl das US-Repräsentantenhaus nun doch noch ein Rettungspaket für die Wall Street beschlossen hat. Die Börsianer hatten das erwartet, die Sorgen um die Konjunktur konnte die Nachricht nicht nehmen.
HB NEW YORK. Die Wall Street hat ihre schlechteste Woche seit sieben Jahren beendet. Händler hatten bereits einkalkuliert, dass das Repräsentantenhaus noch grünes Licht für die Wall-Street-Rettung gibt. Und die Börsianer wurden derart von den Sorgen um die Wirtschaft geplagt, dass sie aus dem 700-Milliarden-Paket keine große Hoffnung mehr schöpfen konnten. Eine Rezession schien vielen unvermeidlich. Für den S&P ging die Woche mit den schwersten Kursverlusten seit September 2001 zu Ende, für den Dow Jones mit den größten Verlusten seit Juli 2002.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte pendelte im Geschäftsverlauf zwischen einem Hoch von 10 796 und einem Tief von 10 310 Zählern. Er verließ den Handel 1,5 Prozent im Minus bei 10 325 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500-Index gab 1,35 Prozent auf 1 099 Zähler nach. Der Technologie-Index Nasdaq sank um 1,5 Prozent auf 1 947 Stellen. In Frankfurt schloss der Dax mit einem Plus von 2,4 Prozent auf 5 797 Zähler. Auf Wochensicht rutschte der deutsche Leitindex allerdings 4,3 Prozent ab.
"Wenn das Paket nicht gebilligt worden wäre, hätten wir uns auf eine tiefe Rezession einstellen müssen", sagte Marc Padol von Cantor Fitzgerald & Co. "Der Markt wird sich langsam darüber klar, dass wir immer noch auf dem Weg in eine Rezession sind." Der wahre Zustand der Wirtschaft werde langsam erkannt.
Die US-Börsen hatten zunächst nach überraschenden Nachrichten aus der Bankenbranche deutliche Kursgewinne verbuchen können. Nach Annahme des Rettungspakets gaben sie ihre Gewinne wieder ab, was Händler auch auf Gewinnmitnahmen im Finanzsektor zurückführten. Doch später drehten die Börsenbarometer ins Minus, als die Rezessionsangst wieder voll durchschlug.
Für positive Stimmung auf dem Parkett hatte zuvor die geplante Wachovia-Übernahme gesorgt. Die US-Bank Wells Fargo will in einem Milliardendeal die angeschlagene Regionalbank Wachovia übernehmen. Wells Fargo stach die Citigroup aus, die Teile von Wachovia kaufen wollte. Der neue Eigentümer Wells Fargo betonte, dass er bei der Übernahme keine staatliche Hilfen in Anspruch nehme. Wachovia leidet schwer unter den Folgen der Finanzkrise und verzeichnete im zweiten Quartal einen Rekordverlust von 9,1 Milliarden Dollar.
Die Aktien von Wachovia schossen um mehr als 70 Prozent in die Höhe und gingen immer noch 59 Prozent fester bei 6,21 Dollar aus dem Handel. Die Papiere von Wells Fargo gewannen erst rund sieben Prozent. Sie schlossen aber 1,7 Prozent im Minus. Die Titel der ausgebooteten Citigroup verloren mehr als 18 Prozent.
"Ich denke, der Wachovia-Deal hat dem Markt etwas Optimismus gegeben", sagte Giri Cherukuri von OakBrook Investments. Auch er hatte bereits fest mit einer Annahme des Rettungsplans für die Finanzbranche gerechnet. "Es wäre sehr peinlich, wenn das Repräsentantenhaus ihn zweimal ablehnte", sagte Cherukuri.
Das 700-Milliarden-Rettungspaket, das unter anderem um eine großzügigere Garantie für Sparkonten erweitert wurde, war noch am Montag in der Kammer gescheitert. Investoren weltweit gerieten in Panik, Börsen stürzten ab. Der Senat stimmte dem erweiterten Rettungsplan bereits am Mittwoch zu.
Vor allem im Finanzsektor kam es nach der Annahme des Rettungspakets zu Gewinnmitnahmen, da hier zuvor auch andere Werte gefragt waren, zum Beispiel Goldman Sachs und Bank of America. Goldman verteuerten sich zunächst um 5,3 Prozent, gingen dann aber 2,7 Prozent leichter aus dem Handel. Bank of America schossen erst 4,4 Prozent in die Höhe, mussten aber nach der Schlussglocke ein Minus von 5,2 Prozent verbuchen.
Rohöl verbilligte sich um rund einen Dollar je Barrel und kostete 92,88 Dollar je Fass. An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,4 Milliarden Aktien den Besitzer. 1 095 Werte legten zu, 2 044 gaben nach und 77 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von rund 2,5 Milliarden Aktien 730 Titel im Plus, 2 055 im Minus und 98 unverändert. Die zehnjährigen Staatsanleihen zogen im späten Handel auf 103-05/32 Punkte an. Sie rentierten mit 3,6142 Prozent. Die 30-jährigen Bonds gewannen auf 106-27/32 Zähler. Dabei ergab sich eine Rendite von 4,0986 Prozent.
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