Eilt Obama zu Hilfe?
Barack Obama erhielt 62,5 Millionen Wählerstimmen. Er hat somit einen spektakulären, persönlichen Sieg errungen und ein klares Mandat erhalten, die USA in der einen oder anderen Form zu verändern. Obamas entschiedene und meisterhafte Wahlkampagne (während der er zuerst die vorzügliche Clinton-Maschine ausstach) könnte Gutes verheißen, in Hinblick auf seine politischen Fähigkeiten, staatliche Entscheidung von bisher nicht gekanntem Umfang durchzusetzen. Es bleibt noch abzuwarten, ob sich dies als Segen oder ein Fluch herausstellen wird.
Auf kurze Sicht werden sich die Märkte wahrscheinlich erholen, da die Unsicherheit über den Ausgang der Wahl vorbei ist und weil Obama und der demokratische Kongress möglicherweise, in Anlehnung an Roosevelts New Deal, massive Infrastrukturausgaben auf den Weg bringen werden. Für die Anleger stellt sich jedoch eine wichtigere Frage: Werden diese staatlichen Ausgaben auf lange Sicht nachhaltig sein, oder sind die Märkte schon jetzt unweigerlich in einer Abwärtsspirale gefangen, die kein Geld der Welt zur Ankurbelung der Wirtschaft noch aufhalten kann?
Die Anzeichen häufen sich, dass nun eine, von uns seit langem vorhergesagte, heftige Rezession oder Depression Wirklichkeit wird. Man muss sich doch nur in den lokalen Einkaufspassagen umschauen, um einen echten und deutlichen Eindruck des Vertrauensverlustes seitens der Konsumenten zu bekommen. Wenn das Vertrauen erstmal verloren ist, dann ist es unvergleichlich schwieriger, dieses zurückzuerlangen.
Um eine schwere Rezession zu vermeiden - und das ist jetzt die Hoffnung der Regierung - wären schon vor Monaten massive Interventionen von Nöten gewesen. Da es aber mit dem aktuellen Präsidenten auf dem Amtssitz keine außergewöhnlich gute Kooperation gibt, können wir von keinen grundlegend wichtigen, politischen Veränderungen ausgehen, solange, bis Obama das Amt im Januar antritt. Wenn die neuen Programme kommen, dann ist die große Frage, in welchen Größenordnungen sie kommen.
Die scheidende Bush-Administration, die für die Schaffung des riesigen Anlage-Booms verantwortlich ist, hat bis jetzt nur ein Stimulus-Paket in Höhe von 172 Milliarden $ bereitgestellt und um die 700 Milliarden $ für genehmigte Aufkäufe von Anlagen, hauptsächlich in Form eines Bailout für die Wall Street. Aus historischer Sicht handelt es sich dabei um riesige Zahlen, aber heutzutage werden sie von jenen Verlusten in den Schatten gestellt, die der Immobiliensektor und die Aktienanleger zu verkraften haben.
Im 14 Billionen $ schweren Markt für US-Hypotheken werden sich die Gesamtverluste deutlich niederschlagen, und wir können davon ausgehen, dass die Initiativen der US-Regierung darauf abzielen werden, diese verschwundenen Anlagen möglichst zu ersetzen. Und natürlich werden nicht alle dieser Hypotheken ausfallen. Aber vor dem Hintergrund zunehmender Unternehmensbankrotte sowie wachsender Zahlungsunfähigkeit individueller Haushalte wird die Zahl dieser Ausfälle stetig steigen.
Hypotheken im Wert von fast 5 Billionen $ wurden entbündelt und rekombiniert ("sliced and diced"), wodurch die jetzt berüchtigten Mortgage Backed Securities entstanden. Trotz des innewohnenden "Sondermülls" wurden diese sogenannten "Wertpapiere" an konservative Investoren, zu denen auch die US-Pensionsfonds gehörten, verkauft - die Solvenz dieser Fonds wird eine der großen Herausforderungen für die Obama-Administration sein.
Aber die Verluste bleiben nicht auf den Hypothekenmarkt begrenzt. Wie von uns vorhergesagt, werden die Regierungen der Bundesstaaten und ebenso amerikanische Unternehmen, darunter auch Versicherungsgesellschaften, Kreditkarten- und Autofirmen, in Washington vorstellig - sie ziehen ihre Hüte und bitten um Steuergelder. In sehr absehbarer Zeit drohen nun auch die Schulden des privaten Unternehmenssektors sowie Verbraucherschulden in Höhe von 20 Billionen $ verhandelt zu werden. Wie sich an der Ausweitung der Kredit-Spreads und der drohenden Bankrotte nationaler Ikonen wie General Motors und Ford zeigt, wird die Rückzahlung dieser Schulden immer mehr in Frage gestellt.
Wie viele Billionen Dollars in Form von Regierungsausgaben wird es wohl brauchen, um diesen Institutionen und Privathaushalten auf die Beine zu helfen, die von dieser Flut scheiternder Kredite angespült wurden? Ist die Regierung gewappnet, um Billionen-Dollardefizite auszustoßen? Es scheint ganz so. Wenn unseren Kreditgebern solche Summen schmackhaft gemacht werden können, dann kann das Schlimmste wohl abgewendet werden.
Ungeachtet der Maßnahmen der Regierung fühlen wir, dass die Rezession nicht nur heftig, sondern auch langanhaltend ausfallen wird. Der dadurch entstehende Einbruch der Unternehmensgewinne wird sich in den zukünftigen Aktienpreisen niederschlagen. Im Lichte dieser Entwicklungen drängen wir die Anleger dazu, mit Aussagen, die US-Aktien seien billig, vorsichtig umzugehen.
Es lohnt sich, wieder an den vergangenen Crash des Aktienmarktes im Oktober 1929 zu denken, als der DOW in der ersten Jahreshälfte einen Spitzenstand von 381 erreichte. Als die heftige Rezession und dann die Depression einsetzte, dauerte es noch drei Jahre, bis der DOW sein Tief bei nur 42 erreichte - eine Einbruch um 90% von den 1929er Hochständen aus gerechnet.
Im historischen Kontext muss der jüngste Einbruch des DOW von 14.164 auf um die 8.200 (ein Rückgang von etwas mehr als 40%) nicht auch zwangsläufig bedeuten, dass Aktien jetzt billig sind. Bei einem Einbruch des DOWs um 90% würde heutzutage ein Niveau von 1.416 erreicht werden!
© John Browne
Senior Market Strategist
Der Artikel wurde am 06.11.08 auf www.europac.net veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
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