Welthandel: Einbruch oder Todesspirale?
von Martin Hutchinson, breakingviews.com
Das Handelsvolumen der führenden Industrienationen ist im November gegen Vorjahr um rund acht Prozent gesunken. Ein Teil dieses Rückgangs ist auf klamme Finanzen zurückzuführen, so dass sich der Handel erholen könnte, wenn sich die finanziellen Umstände verbessern. Wenn nicht, dann wird es vielleicht zur obersten Priorität weltweit, zu verhindern, dass der Handel in eine Todesspirale wie in den Dreißiger Jahren hineingezogen wird. Die Verringerung des Welthandels um 66 Prozent war genau das, was die "Große Depression" erst "groß" gemacht hat.
Die Handelsstatistiken für November 2008 bieten in allen führenden Volkswirtschaften ein erstaunlich übereinstimmendes Bild. Der US-Handel hat sich gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent zurückgebildet, was vorwiegend auf niedrigere Importe zurückzuführen ist. In Japan ist, teilweise aufgrund des starken Yen, ein Minus von 20 Prozent zu verzeichnen gewesen. Der Handel in Deutschland ist um sieben Prozent gefallen und in China um neun Prozent, was für dieses Land mit seinem gewöhnlich schnellen Handelszuwachs eine außergewöhnliche Umkehrung darstellt. Großbritannien scheint eine Ausnahme zu bilden, aber wenn man die Zahlen um das sich dramatisch abschwächende Pfund Sterling bereinigt, ist auch der britische Handel um acht Prozent geschrumpft.
Keine dieser Zahlen ist per se katastrophal. Zum einen war der November der erste Monat, in dem es nach der Zuspitzung der Finanzkrise im September und Oktober schwierig war, Handelsfinanzierungen zu erhalten. Seit November haben sich die finanziellen Bedingungen entspannt, so dass der Handel sich vielleicht ohnehin bereits wieder erholt hat. Zum anderen ist ein Schrumpfen um acht Prozent verglichen mit den Rückgängen während der Großen Depression immer noch moderat. Und doch ist es ratsam, genau auf die Zahlen der kommenden Monate zu achten.
Der Zusammenbruch des Welthandels, der durch das amerikanische Smoot-Hawley-Zollgesetz und andere protektionistische Schritte ausgelöst worden war, führte dazu, dass sich die Große Depression in eine chronische Krankheit verwandelte. Sie verkehrte den Ansatz, sich relative Vorteile zu Nutze zu machen, in sein Gegenteil. Güter mussten an weniger effizienten Standorten gefertigt werden (zum Beispiel Stahl in Großbritannien, der im Gegensatz zu rationell arbeitenden Ländern wie den USA und Deutschland dort teuer und nur in geringem Umfang produziert werden konnte). Der Kollaps des Handels führte an einigen Orten zu äußerster Armut, wie etwa im britischen Jarrow, einer vom Schiffbau geprägten Stadt, nachdem neue Aufträge ausblieben. Da kein multilaterales Handelsabkommen getroffen wurde, verpufften die Versuche der Regierungen, eine wirtschaftliche Erholung herbeizuführen.
Schleichender Protektionismus stellt in allen Rezessionen eine Bedrohung dar - auch jetzt. Wenn der Welthandel weiter schrumpft, werden sich die vorteilhaften Auswirkungen der Globalisierung vielleicht in ihr Gegenteil verkehren, während erschrockene Politiker neue Handelsbarrieren errichten, die das Problem tatsächlich nur weiter verschärfen.
Dann könnte nur noch ein umgekehrtes Smoot-Hawley-Gesetz, ein multilaterales Abkommen zur Erzwingung eines viel freieren Handels, den Abschwung aufhalten und eine Wiederholung der dreißiger Jahre abwenden. Und wenn man es genau bedenkt, würde dies viel mehr dazu beitragen, die Rezession zu beenden, als jedes Konjunkturpaket.
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