"Die Krise kann noch zehn Jahre dauern"
von Hermann-Josef Knipper und Torsten Riecke
Yale-Ökonom Robert Shiller entwirft im Interview mit dem Handelsblatt beängstigende Szenarien. Nur massive staatliche Hilfe könne das Schlimmste abwenden.Sonst könne die Krise noch zehn Jahre andauern. Shillers Stimme hat Gewicht - bislang lag er mit seinen Prognosen mehrfach richtig.
Wann geht es auf dem US-Immobilienmarkt wieder aufwärts?
Wir erleben immer noch einen rekordverdächtigen Preisverfall. Es ist durchaus möglich, dass die Hauspreise stärker fallen als während der Weltwirtschaftskrise vor 80 Jahren. Die Immobilienkrise kann also noch zehn Jahre andauern.
Was bedeutet Ihre düstere Prognose für die Weltwirtschaft und Länder wie Deutschland?
In Deutschland sieht es wirtschaftlich ähnlich schlecht aus wie in den USA – obwohl es dort keine Immobilienblase gab.
Was halten Sie von den Konjunkturpaketen, die jetzt von vielen Ländern eingeführt werden?
Ich bin zwar für eine aggressive fiskalpolitische Stimulierung. Ich warne jedoch davor, sich zu viel von den Hilfspaketen zu erwarten. Die Maßnahmen wirken vor allem kurzfristig. Die viel diskutierten Konsumgutscheine zum Beispiel bringen gar nichts.
Wie kann man die Abwärtsspirale sonst stoppen?
Wir müssen mehr Marketing machen. Die Krise ist vor allem auch ein psychologisches Phänomen. Dagegen kommt man nur an, wenn man den Eindruck einer wirtschaftlichen Erholung erweckt. Investitionen in die Infrastruktur sind auch deshalb nützlich, weil sie den Leuten zeigen, dass es wieder aufwärtsgeht. Auf jeden Fall müssen wir verhindern, dass die Zuversicht der Menschen noch mehr Schaden nimmt.
US-Präsident Obama bereitet offenbar eine sogenannte „Bad Bank“ vor. Was halten Sie davon?
Ich befürworte eine Bridge-Bank, mit deren Hilfe der Staat für eine begrenzte Zeit in der Finanzindustrie eingreift und dafür sorgt, dass Kredite wieder fließen können. Das kann wie in Schweden bis zur Verstaatlichung von Instituten führen. In Amerika haben wir mit einer Bridge-Bank die Krise der Bausparkassen (Savings & Loans) in den 80er-Jahren gelöst.
Sind wir nach der Finanzkrise vor neuen Spekulationsblasen gefeit?
Irrationale Übertreibungen sind Teil der menschlichen Natur. Menschen haben einen „animal spirit“ und reagieren als Gruppe auf wirtschaftliche Entwicklungen – im Guten wie im Schlechten.
Müssen wir uns also auf die nächste Krise gefasst machen?
Es muss nicht unbedingt zu Blasen kommen. Mit breit aufgestellten und liquiden Finanzmärkten kann man einer Blasenbildung vorbeugen. Auch Finanzinnovationen wie Derivate sind nützlich, um Risiken zu streuen.
Von Finanzinnovationen will im Moment niemand etwas wissen. Ist das langfristig eine Gefahr?
Wir brauchen Finanzinnovationen. Ohne sie ist der Spielraum für wirtschaftliches Wachstum geringer.
Kann eine neue Finanzaufsicht helfen, die richtige Balance zu finden?
Es wird zu viel über Regeln geredet. Viel wichtiger ist, dass sich die Finanzaufsicht an den richtigen Zielen orientiert. Dazu gehört, dass man Finanzinnovationen nicht abwürgen darf.
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Quelle: » Handelsblatt.com