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Amerika zeigt Führungsschwäche

von Rolf Benders
Als großer Retter ist Barack Obama angetreten - doch schon nach wenigen Wochen enttäuscht er die Erwartungen. Eigentlich wollte er die Banken retten, aber jetzt handelt seine Regierung zögerlich und hilflos. Das verschlimmert die Krise.

Rund um den Globus wurde US-Präsident Barack Obama nach dem Wahltag im November als der Messias gefeiert, der die Welt hoffentlich schnell von der Finanzkrise erlösen werde. Seit der Rede seines Finanzministers Timothy Geithner am Dienstag ist zweifelhaft, ob dies passiert.
Geithner hat die von Obama geschürten Hoffnungen auf einen umfassenden und konsistenten Plan, der das Übel bei der Wurzel packen sollte, massiv enttäuscht. Schlimmer noch: Es blieb nicht nur das Signal aus, dass die USA unter der neuen Regierung das vor allem von ihren Banken verschuldete Desaster schnell und kompetent angehen werden. Die Rede des Hoffnungsträgers Geithner offenbarte eine Ratlosigkeit, die die Lage des globalen Finanzsystems nachhaltig zu verschlechtern droht.
Die Erwartungen an Obama waren angesichts des historischen Ausmaßes der Krise astronomisch hoch. Man hätte wissen müssen, dass auch er nicht über das Wasser laufen kann. Aber er hat die Hoffnungen an seine Rolle als Retter selbst geschürt, indem er beständig die fehlende Linie im Krisenmanagement der Vorgängerregierung kritisierte. Unter seiner Führung, so versprach er mehrfach während des Wahlkampfs, werde man das Problem mit einem sauberen Konzept bei der Wurzel packen. Jetzt ist er in der Washingtoner Realität angekommen.
Erstmals enttäuscht wurden die Erwartungen, als Obama trotz angeblich bester Vorbereitung auf sein Amt nicht sofort ein finanzpolitisches Konzept präsentierte. Jetzt, da Geithner seine Ideen mit Verspätung darlegt, zeigt sich, dass er inhaltlich offenbar kaum weiter ist als sein Vorgänger Henry Paulson Anfang Oktober 2008. Geithner hat immer noch keine abschließende Antwort auf die Frage, wie man die toxischen Kreditportfolios aus den Bilanzen der Banken herausbekommt.
Im Boom hatten die US-Institute riskante Kredite im Billionenvolumen vergeben, die nun in der Rezession ausfallen. Befreit man die Banken nicht von dieser Last, droht das Finanzsystem zu kollabieren. Aber soll der Staat Kreditportfolios mit Steuergeldern aufkaufen und sie in einer "Bad Bank" deponieren? Und wenn ja, zu welchem Preis? Belohnt man damit nicht die verfehlte Geschäftspolitik gieriger Manager? Paulson entschied sich zunächst, trotz aller moralischen Bedenken, für die Einrichtung einer Bad Bank. Zum Erstaunen aller musste der ehemalige Chef von Goldman Sachs, der für seine Expertise immer gerühmt wurde, wenig später eingestehen, dass die Umsetzung in der Kürze der Zeit nicht möglich sei. Stattdessen setzte er auf milliardenschwere Kapitalspritzen.
Spätestens seit dem Machtwechsel fütterten Geithner und seine Helfer die Öffentlichkeit unter der Hand mit der Botschaft, man werde auf das Konzept einer Bad Bank zurückkommen. So erlaube man den Banken mitten in der Krise mit einem klaren Schnitt eine Art Neuanfang. Allein dies stabilisierte die Märkte. Aber auf den letzten Metern vor der Veröffentlichung muss ihnen aufgegangen sein, dass auch ihr neuer Vorschlag die grundlegenden Probleme nicht auf Anhieb lösen kann. Anders kann man das am Dienstag vorgelegte Fragment eines Plans nicht interpretieren.
Offenbar waren Obama und Geithner so sehr mit dem politischen Neuanfang beschäftigt, dass sie Paulson & Co nicht ausreichend konsultiert haben. Zudem wollte man sich von den "gierigen Bankmanagern" offenbar nicht zu sehr hineinreden lassen. Wall-Street-Experten wurden viel zu spät in die Planungen einbezogen. Es wurde viel Zeit vergeudet. Denn mit jedem Tag, der ohne Lösung vergeht, fallen die Preise für die toxischen Papiere weiter, die Verluste der Banken werden immer größer.
Geithner hat nun erklärt, der Staat wolle die Papiere nicht selbst kaufen, sondern privaten Investoren Anreize geben, dies zu tun. Auf den ersten Blick klingt das wie eine Patentlösung. So entscheidet der Markt, zu welchem Kurs die giftigen Wertpapiere aufgekauft werden. Zudem muss Obama nicht den unangenehmen Gang ins Parlament antreten und um neue Milliardensummen betteln. Die bislang freigegebenen Mittel könnten ausreichen. Weil Geithner aber am Dienstag Details zu diesem Vorschlag schuldig blieb, werden nun alle Hedge-Fonds und Private-Equity-Investoren, die vielleicht ohnehin in diese Papiere investiert und damit den Banken geholfen hätten, auf das endgültige Konzept warten. In der Zwischenzeit verschärft sich der Überlebenskampf der Kreditinstitute.
Die ganze Entwicklung unterminiert das Vertrauen in Obama und seine Wahlkampfbotschaft vom Wechsel, dem man vertrauen kann ("Change, you can believe in"). Die Hoffnung, dass der in Wirtschaftsfragen unerfahrene Obama sich mit den richtigen Beratern umgibt und so mit mehr Fortune agiert als sein Vorgänger, droht zu schwinden. Von Geithner, immerhin Ex-Chef der New Yorker Notenbank Fed, hätte man einen solch enttäuschenden Start in die Amtszeit nicht erwartet. Er und Obama haben größere handwerkliche Fehler an den Tag gelegt, als man bislang gedacht hat. Hoffentlich gelingt es ihnen, diese schnell abzustellen.
Solange Barack Obama nicht in der Lage ist, die immer wieder proklamierte Führungsrolle der USA auszufüllen, wird das globale Finanzsystem schon wegen der schieren Größe des US-Marktes nicht gesunden. Aber ohne ein stabiles Finanzsystem fasst auch die Weltkonjunktur nicht wieder Tritt.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » Handelsblatt.com