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Vier Hebel gegen die Krise

von J. Bradford DeLong

Im Kampf gegen eine drohende Depression hat die Wirtschaftspolitik normalerweise eine Reihe von Optionen. Anders bei der US-Regierung: Ihr bleiben nur noch eingeschränkte Möglichkeiten.

J. Bradford DeLong war unter Präsident Clinton Staatssekretär im US-Finanzministerium und ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der University of California in Berkeley.

Wenn eine Volkswirtschaft in eine Depression verfällt, kann die Regierung vier Dinge ausprobieren, um die Beschäftigung zurück auf ein normales Niveau und die Produktion auf ihr "potenzielles" Niveau zu bringen. Nennen wir sie Fiskalpolitik, Kreditpolitik, Geldpolitik und Inflation.
Inflation ist am einfachsten zu erklären: Die Regierung druckt jede Menge Geldscheine und gibt sie aus. Das zusätzliche Bargeld in der Wirtschaft lässt die Preise steigen. Wenn die Preise steigen, wollen die Menschen kein Geld mehr in der Tasche oder auf ihrem Konto haben - sein Wert könnte täglich dahinschmelzen -, also beschleunigen sie ihr Ausgabetempo und versuchen, ihr Vermögen von Bargeld, das an Wert verliert, auf reale Wirtschaftsgüter umzuschichten, die etwas wert sind.
Diese Ausgaben führen die Menschen aus der Arbeitslosigkeit in Arbeit und pushen die Kapazitätsauslastung auf ein normales und die Produktion auf ihr "potenzielles" Niveau.
Dennoch würden Menschen bei klarem Verstand Inflation eher vermeiden. Es ist ein sehr gefährliches Mittel, das Wertestandards untergräbt, ökonomische Berechnungen praktisch unmöglich macht und Besitz nach dem Zufallsprinzip umverteilt. Wie John Maynard Keynes einmal schrieb: "Es gibt kein feineres und sichereres Mittel, die bestehenden Grundlagen der Gesellschaft umzustürzen, als die Vernichtung der Währung. Dieser Vorgang stellt alle geheimen Kräfte der Wirtschaftsgesetze in den Dienst der Zerstörung, und zwar in einer Weise, die nicht einer unter Millionen richtig zu erkennen imstande ist ..."
Doch bevor die Regierungen eine weitere Weltwirtschaftskrise zulassen, werden sie auf Inflation zurückgreifen - man sollte also besser nicht in diese Lage geraten, wenn es irgendeine andere Möglichkeit gibt, das Beschäftigungs- und Produktionsniveau wiederherzustellen.
Normalerweise werden einsetzende Depressionen durch die Geldpolitik bekämpft. Wenn Beschäftigung und Produktion abzunehmen drohen, kauft die Zentralbank Staatsanleihen gegen Cash auf und verkürzt damit die Laufzeit der sicheren Vermögenswerte, die von den Investoren gehalten werden.
Wenn es auf dem Finanzmarkt weniger Vermögenswerte mit sicheren Gelderträgen gibt, steigt der Preis für derartige Assets. Damit wird es für Unternehmen lohnender, in die Expansion ihrer Kapazitäten zu investieren und auf diese Weise Cashbestände, die sie auch an die Aktionäre verteilen könnten, lieber für eine bessere Marktposition auszugeben, die es ihnen dann in der Zukunft ermöglichen wird, ihre Aktionäre zu belohnen. Die Steigerung der zukunftsorientierten Ausgaben heute holt die Menschen aus der Arbeitslosigkeit und steigert die Kapazitätsauslastung.
Das Problem mit der Geldpolitik ist, dass die Zentralbanken der Welt als Antwort auf die derzeitige Krise bereits so viele Staatsanleihen für so für viel Geld gekauft haben, dass der Preis für sicheres künftiges Vermögen bereits absolut flach ist - der nominale Zinssatz für Staatspapiere beträgt fast null.
Die Geldpolitik kann den Wert sicheren künftigen Vermögens nicht mehr weiter hochtreiben. Und das ist wirklich schlimm, denn wenn wir eine Depression allein mit den Mitteln der Geldpolitik verhindern könnten, würden wir das tun. Sie ist das politische Instrument zur makroökonomischen Stabilisierung, das wir am besten kennen und das die geringste Gefahr störender Nebeneffekte mit sich bringt.
Das dritte Instrument ist die Kreditpolitik. Wir würden die Ausgaben gern sofort ankurbeln, indem wir Unternehmen dazu bringen, nicht nur in Projekte zu investieren, die Geld, das heute sicher ist, gegen sichere Gewinne in der Zukunft eintauschen, sondern auch in Projekte, die riskant oder ungewiss sind. Doch wenige Unternehmen sind derzeit in der Lage, dafür das nötige Geld zu bekommen.
Riskante Projekte sind heute ungeheuer billig zu erwerben, denn die Risikotoleranz des Finanzmarkts im Privatsektor ist zusammengebrochen. Niemand ist bereit, solche Vermögenswerte zu kaufen und zusätzliche Unsicherheit auf sich zu nehmen, weil alle Angst haben, dass jemand anders mehr weiß als sie selbst - und zwar, dass man schön blöd wäre, jetzt zu kaufen. Obwohl die Zentralbanken und Finanzministerien der Welt schon viele erfinderische und innovative Maßnahmen ersonnen haben, um die Kreditvergabe anzukurbeln, hatten sie bislang keinen großen Erfolg.

Nachteile der Fiskalpolitik

Das bringt uns zum vierten Instrument: der Fiskalpolitik. Hier leiht sich die Regierung Geld und gibt dieses aus, wodurch sie die Menschen aus der Arbeitslosigkeit holt und die Kapazitätsauslastung auf ein normales Niveau bringt.
Das hat Nachteile: den darauf folgenden Nettoverlust an Wohlfahrt bei der Finanzierung der zusätzlich entstandenen Staatsschulden und auch die Angst, dass ein zu rasches Schuldenwachstum die privaten Investoren davon abhalten könnte, selbst in die Errichtung physischer Wirtschaftsgüter zu investieren. Diese privaten Investitionen bilden aber die Besteuerungsgrundlage für zukünftige Regierungen, die die zusätzlichen Schulden eines Tages tilgen müssen.
Wenn einem nur zwei Instrumente bleiben, von denen keines perfekt für die anstehende Aufgabe ist, dann ist es das Vernünftigste, beide - die Kreditpolitik und die Fiskalpolitik - gleichzeitig auszuprobieren. Und genau das versucht die Regierung Obama jetzt.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.ftd.de