Chinesen bunkern Rohstoffe
von Christian Kirchner und Doris Grass (Frankfurt)
China deckt sich wieder stark mit Rohstoffen ein. Beobachter führen den zuletzt kräftigen Anstieg des Frachtratenindex Baltic Dry vor allem auf die Nachfrage aus der Volksrepublik nach Eisenerz und Kupfer zurück.
Die Importe beider Rohstoffe kletterten im Februar auf Rekordwerte, wie am Mittwoch, veröffentlichte Daten belegen. Damit zeigt nicht nur das rund 480 Mrd. Euro teure chinesische Konjunkturprogramm Wirkung. China nutzt zudem die zuletzt stark gesunkenen Rohstoffpreise, um seine geostrategische Position zu stärken. "China hat stets den Aufbau von strategischen Reserven im Blick. Darauf deutet auch hin, dass in den vergangenen Wochen Kupfer aus den Lagerhäusern der Londoner Metal Exchange in die Lagerhäuser der Shanghai Futures Exchange verschoben wurde", sagt Thomas Benedix, Portfoliomanager von Tiberius Asset Management. Zudem seien die stark gestiegenen Importe und Frachtraten ein Hinweis auf das hohe Maß an Optimismus bei den Chinesen.
Der Baltic Dry Index gilt als wichtiger Frühindikator für die Weltwirtschaft, da mehr als 90 Prozent des Welthandels über die Schifffahrt abgewickelt werden. Er bildet die Entwicklung von Frachtraten für Schüttgüter wie Erz, Kohle oder Getreide auf den wichtigsten Seerouten der Welt ab. Nach einem Rekordhoch bei 11.800 Punkten im Mai 2008 brach der Index um 94 Prozent ein. Seit Anfang Dezember hat sich der Index indes wieder auf zuletzt 2271 Punkte verdreifacht. Seit Monatsbeginn ist er an acht von neun Handelstagen gestiegen.
Die Importe von Eisenerz nach China sind im Februar gegenüber dem Vormonat um 22 Prozent auf den Rekordwert von 46,7 Millionen Tonnen gestiegen, wie aus den am Mittwoch vorgelegten Daten hervorgeht. Darin drückt sich die wieder zunehmende Stahlproduktion aus. Auch die Kupferimporte kletterten im Februar nach Angaben des chinesischen Zolls von am Mittwoch zum Vormonat um 42 Prozent auf 329.000 Tonnen. Das ist nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Bloomberg das höchste Niveau seit 2003.
"China füllt seine Lagerbestände auf. Aber auch das chinesische Konjunkturprogramm zeigt offenbar eine erste Wirkung und sorgt für einen Nachfrageschub", sagt Tiberius-Experte Benedix. Im Blickpunkt des chinesischen Konjunkturprogramms stehen Investitionen in die Infrastruktur. Sie sind besonders rohstoffintensiv.
Laut Simon Collins, Generaldirektor der Handelsfirma Trafigura Trading Shanghai, könnte China in diesem Jahr seine Kupferkäufe um mehr als ein Drittel auf zwei Millionen Tonnen erhöhen. Am Mittwoch verschreckte zwar der Januar-Rückgang des chinesischen Handelsbilanzüberschusses von 39 auf 5 Mrd. $ die Anleger und ließ den Kupferpreis in London um 2,2 Prozent auf 3639 $ je Tonne absacken. Seit Mitte Februar ist der Kupferpreis dennoch um knapp 20 Prozent gestiegen. "China nutzt derzeit die günstigen Preise", sagt Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank. Er hält diesen Effekt jedoch nicht für nachhaltig.
Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse der Baader Bank, geht in seiner Analyse der Lage am Rohstoffmarkt sogar noch einen Schritt weiter: "Mit den jüngst wieder stark gestiegenen Rohstoffimporten von Kohle, Erz und Öl will China nicht nur seine Produktion sichern", sagte er. Die Volksrepublik, die dank ihrer hohen Reserven in Dollar und amerikanischen Staatsanleihen der größte Gläubiger der USA ist, könne sich mit einer Investition in reale Werte auch für das kaum denkbare Szenario einer Währungsreform in den USA rüsten.
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