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Was hinter den Zentralbankkäufen von Staatsanleihen steckt

07. April 2009 Mit der amerikanischen Fed, der Bank von England und der Bank von Japan kaufen inzwischen schon drei Notenbanken eigene Staatsanleihen auf. Der direkte Kauf von Staatsanleihen ist für die Zentralbanken ein gängiges Instrument zur Kontrolle der monetären Basis und Steuerung der Tagesgeldsätze.
So war für die Fed der Kauf und Verkauf von Staatsanleihen traditionell das Hauptinstrument zur Umsetzung ihrer Geldpolitik. Die EZB und die Bank von England hingegen führen zu diesem Zweck Wertpapierpensionsgeschäfte durch. Definitiv neu und anders sind jedoch der Umfang und die angestrebte Wirkung der von der Fed und der Bank von England angekündigten Anleihekäufe.Weil es sich also letztlich um eine sehr außergewöhnliche geldpolitische Maßnahme handelt, knüpfen sich daran aus Anlegersicht sehr viele Fragen. Die Commerzbank-Analysten Christoph Rieger und Peter Schaffrik haben sich in einer Studie mit den wichtigsten davon auseinandergesetzt.

Wie groß ist das Volumen der anstehenden Käufe?
Eine der am häufigsten gestellten Fragen lautet, wie groß das Volumen der anstehenden Käufe und wie tief im Vergleich dazu der zugrundeliegende Markt ist. Laut Commerzbank hat die Bank von England das Gesamtvolumen zur Erhöhung der monetären Basis auf 150 Milliarden Pfund festgesetzt. Sie konzentriert sich dabei explizit auf Gilts (britische Staatsanleihen) mit Laufzeiten von fünf bis 25 Jahren. Der Marktwert des in diesem Laufzeitenbereich ausstehenden Volumens beläuft sich auf rund 300 Milliarden Pfund.
Die Fed plant zudem bis zu 300 Milliarden Dollar an Treasuries (amerikanische Staatsanleihen) mit längeren Laufzeiten zu erwerben. Das Gesamtvolumen öffentlich gehaltener ausstehender marktgängiger amerikanischer Schuldtitel beträgt 5.989 Milliarden Dollar (Stand von Ende Februar 2009). Das ausstehende Volumen im Bereich von zwei bis zehn Jahren beläuft sich auf 2.097 Milliarden Dollar. Zieht man die bereits von der Fed gehaltenen Papiere ab, so ergeben sich 1.907 Milliarden Dollar.
Berücksichtigt man zudem, dass fast 50 Prozent der amerikanischen Schuldtitel mit Laufzeiten von mehr als einem Jahr von ausländischen Zentralbanken gehalten werden, so würden die Käufe der Fed etwa einem Drittel der derzeit verfügbaren Papiere entsprechen, falls die gesamten 300 Milliarden Dollar im Laufzeitenbereich von zwei bis zehn Jahren ausgeschöpft würden. Entscheidend ist jedoch, dass man auch die Neuemissionen, die die Fed am Sekundärmarkt kaufen kann, in die Rechnung mit aufnehmen muss. Da jeden Monat im Laufzeitenbereich von zwei bis zehn Jahren durchschnittlich mehr als 100 Milliarden Dollar emittiert werden und die Fed bis zu 50 Milliarden Dollar pro Monat erwirbt, sollten noch zahlreiche Papiere für private und ausländische staatliche Investoren verfügbar sein.

Welche Intention steht hinter dem Kauf?
Zentralbanken verfolgen mit dem Kauf von Staatsanleihen zwei Ziele. Erstens schaffen sie auf ihrer Passivseite Bankreserven (die Sichteinlagen der Banken bei der Zentralbank erhöhen sich). Dies erhöht direkt die monetäre Basis, und die erwünschte Wirkung ist, dass die Banken ihre Kreditvergabe und damit die breiteren Geldmengenaggregate steigern, um die Ausgaben anzukurbeln. Zweitens senken die Zentralbanken durch die erhöhte Nachfrage nach Staatspapieren die Renditen längerfristiger Staatsanleihen. Dabei ist das Ziel, auch die anderen Kreditzinsen zu senken und letztlich auch die Nachfrage nach Krediten und die Ausgaben anzuregen. Letzteres Ziel wurde bereits früher von der Fed verfolgt, und zwar durch die Maßnahmen, die als „Credit Easing“ (im Gegensatz zu „Quantitative Easing“) bezeichnet werden können. Hier tauscht die Fed ihre Bestände von Treasuries gegen Hypothekenanleihen und Agency-Bonds, um die Risikoprämie Letzterer zu reduzieren. Auch die ursprüngliche Gestaltung der Asset Purchase Facility der Bank von England war darauf ausgerichtet, dieses Ergebnis herbeizuführen, als noch geplant war, die Erlöse aus T-Bills zum Erwerb kreditbasierter Produkte zu nutzen.

In welcher Hinsicht bedeutet der Kauf, dass „Geld gedruckt“ wird?
Das hängt entscheidend davon ab, wie man Geld definiert. Wie bereits erwähnt, erhöht sich die Summe des Zentralbankgeldes direkt über höhere Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank. Der Umlauf physischen Bargeldes (Scheine und Münzen) in der Wirtschaft wird jedoch nicht direkt beeinflusst, und selbst eine stärkere Expansion der breiteren Geldmengenaggregate ist fraglich. Die entscheidende Bedingung dafür ist nicht, dass die Banken höhere Kontobestände bei der Zentralbank unterhalten, sondern, dass die Kreditsachbearbeiter bei den Banken mehr Darlehen genehmigen - und andere Faktoren sind in dieser Hinsicht wichtiger.

Wie stehen die Chancen, dass die EZB Staatsanleihen kauft?
Rechtlich ist es möglich, dass die EZB Staatsanleihen direkt am Sekundärmarkt erwirbt. Unter praktischen und politischen Gesichtspunkten wäre dies in größerem Umfang jedoch schwierig. Anders als die Märkte für amerikanische Treasuries oder britische Gilts ist der EWU-Staatsanleihenmarkt sehr heterogen und gibt es gewaltige Spreadunterschiede zwischen den Anleihen. Somit müsste die EZB nicht nur einen langfristigen risikofreien Satz festlegen (den sie noch akzeptieren könnte), sondern auch sie müsste auch die einzelnen Spreads vorgeben.
Außerdem wäre die Entscheidung, welche Anleihen sie erwirbt und zu welchem Preis, politisch sehr heikel und könnte dahingehend interpretiert werden, dass die Unabhängigkeit der EZB Schaden genommen hat. Unmöglich wären solche Käufe zwar nicht (zu denken wäre hier zum Beispiel an ein quotenbasiertes Programm, bei dem die EZB Volumina beispielsweise relativ zum Bruttoinlandsprodukt oder zum Volumen des Rentenmarktes erwirbt). Aber angesichts der Schwierigkeiten gehen wir davon aus, dass die EZB zunächst andere Möglichkeiten prüft, bevor Sie den Kauf von Staatsanleihen in Betracht zieht.

Welche Risiken gehen die Zentralbanken ein?
Jede Bilanzverlängerung einer Zentralbank beinhaltet Risiken. Zwar stellt der Kauf heimischer Staatsanleihen kein Kreditrisiko wie die meisten anderen bislang implementierten Fazilitäten dar, aber im Fall steigender Renditen geht die Zentralbank Bewertungsrisiken ein. Sollte die Inflation ein Thema werden und wären die Zentralbanken dann gezwungen, ihre Bestände wieder abzubauen, so könnten sie dies wohl nur unter Verlusten tun, die dann an die Regierungen weitergereicht würden. Diese Verluste sind jedoch ins Verhältnis zu setzen zu den zuvor verbesserten Emissionsbedingungen infolge niedrigerer Renditeniveaus.

Wie real sind Inflationsrisiken?
Monetaristisch betrachtet, beinhaltet eine Expansion der Geldmenge stets Inflationsrisiken. Angesichts der zurückgehenden Kapazitätsauslastung in der Wirtschaft sowie der gedämpften Konsum- und Investitionsnachfrage kann es jedoch gut sein, dass die Expansion der monetären Basis derzeit verpufft. Da der sogenannte Transmissionsmechanismus der Geldpolitik beeinträchtigt ist, führt eine größere monetäre Basis nicht zu einer Erhöhung der breiteren Geldmengenaggregate - wie es unter normalen Umständen der Fall wäre. Solange sich der volkswirtschaftliche Ausblick nicht deutlich verbessert und die Banken weiterhin bestrebt sind, ihre Bilanzen zu entschlacken, sollten die Deflationsrisiken gegenüber den Inflationsrisiken dominieren.

Wie ist der Zeitrahmen für den Kauf von Staatsanleihen?
Die Bank von England hat sich selbst einen Zeitrahmen von drei Monaten gesetzt. Sie führt zweimal wöchentlich Reverse Auctions durch, bei denen sie bisher jeweils £2-3,5Mrd. gekauft hat. Das Fed-Programm soll sechs Monate dauern. Die Fed plant den Erwerb von US-Treasuries ab Ende dieser Woche.

Welche anderen Auswirkungen auf den Markt sind wahrscheinlich?
Es ist zu erwarten, dass die Käufe sich vorwiegend über das oben genannte Ziel der Beeinflussung von Risikoprämien auf den Markt auswirken werden. Dass diese Strategie funktioniert, ist an der recht deutlichen Verflachung der Renditekurven bei amerikanischen Treasuries und Gilts abzulesen (siehe Grafik). Auch treten verschiedene relative Bewertungen zwischen den zum Kauf zugelassen und nicht zugelassenen Anleihen auf. Beispielsweise hat sich der Spread zwischen Treasuries mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einer Laufzeit über 30 Jahren deutlich versteilt, da Letztere nicht vom Programm erfasst werden.
Auch könnten einzelne Treasury-Emissionen underperformen, da die zusätzliche Nachfrage der Fed dadurch begrenzt wird, dass die Fed nicht mehr als 35 Prozent von einer einzelnen Emission halten darf. Auch haben sich die Asset-Swap-Spreads von Anleihen im für den Kauf zugelassenen Korb recht deutlich ausgeweitet und die Breakeven-Inflationraten (d. h. die Spreads zwischen nominalen Anleihen - die Hauptinstrumente bei den Käufen - und indexgebundenen Anleihen) sind vor allem in Großbritannien deutlich unter Druck gekommen.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder.

Text: @JüB

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.faz.net