"Der Weg in die Hölle"
Nach der kalten Jahreszeit erwacht sie nun wieder: die Natur. Die Tage werden länger und wärmer, Vögel zwitschern fröhlich und für die Hobbygärtner unter uns stellt sich erneut die Frage: Wie bekämpfe ich nur das sprießende Unkraut ... erfolgreich? Packe ich es an der Wurzel oder schütte ich einfach nur eine dicke Schicht frischer Erde darüber?
Für die 20 Gipfel-Experten in London stellten sich im Bezug auf das Finanzsystem und Wirtschaft ähnliche Fragen, jedoch ließen diese nur - egal welche Fragen Mann oder Frau sich auch zu stellen bereit waren - zwei mögliche Antworten zu: Augen zu und weiter wie bisher? Oder, wie es Ludwig von Mises bereits 1922 formulierte, "durch eine freiwillige Abkehr von der weiteren Kredit- bzw. Schuldenexpansion die vollständige Katastrophe im betroffenen Währungssystem zu verhindern."
Die Antwort, die uns die wohlgelaunte G20-Politikerprominenz überbrachte, überraschte selbst kühnste Erwartungen. Sie einigten sich! Gezielt sollen nun die Symptome der Krise bekämpft werden!? Während der Hobbygärtner seinem Unkrautproblem mit einer mühsamen und qualvollen "Wurzelbehandlung" zu Leibe rückt, entschied sich die Politik, über alles Schmerzende den Mantel des Schweigens und vor allem, den des Geldes zu legen.
5.000.000.000.000 USD sollen bis Ende kommenden Jahres den Glauben in der Bevölkerung festigen, dass man weiter machen kann wie bisher. Welches Land auch bislang noch immer glaubte, sich durch einen "gepflegten Staatsbankrott" aus den Reihen der Überschuldeten verabschieden zu können, muss sich nun durch den - zumindest auf dem Papier - finanzgestärkten IWF wiederbeleben lassen. The show must go on!
Hedgefonds trifft es nun besonders hart - sie sollen überwacht werden. Aber bitte nur ein bisschen, denn vorrangig geht es dabei lediglich nur darum, zu erfahren, warum sie nicht als Krisenverursacher präsentiert werden konnten! "Nichts passiert in der Politik aus Zufall" wurde einmal Winston Churchill zitiert - wie recht er doch behalten sollte! Ratinagenturen bekommen eine staatliche Beaufsichtigung - just in dem Moment, wo doch die Staaten für die Finanzierung des Bail-out-Wahnsinns ein Gütesiegel á la "AAA" so dringend benötigen ... und auch sichergestellt wissen möchten.
Da aber Versicherungen, Pensions- und Hedgefonds selbst als stärkste Käufergruppe jetzt nicht mehr ausreichen, wird das letzte Tabu in der Geldpolitik - die direkte Staatsfinanzierung durch die Notenpresse - nun auch offiziell gebrochen. Und (un)glücklicherweise steht auch mit dem US-Notenbankchef Ben Bernake ein promovierter Experte mit Druckerpressen- Know-how ("Unter einem Papiergeldsystem sollte eine Regierung […] immer in der Lage sein, höhere nominelle Ausgaben und Inflation zu erzeugen, selbst wenn der kurzfristige nominelle Zinssatz bei Null liegt.") zur Verfügung. Seine lösungsorientierte Denkweise, etwa bei zu erwartenden Verteilungsproblemen auch Hubschrauber einsetzen zu wollen, wird seinen Amtsvorgänger und Mentor Alan Greenspan noch immer mit Stolz erfüllen.
Dass nun insbesondere China, Besitzer von US-Staatsanleihen im Wert von 739,4 Mrd. USD, über dieses Ansinnen "not amused" ist, versteht sich fast von selbst. Sollen doch gerade die Chinesen einen Teil, der dieses Jahr geschätzt 2 Billionen USD an noch auf den Markt drängenden US-Staatsanleihen übernehmen, während sich die FED dann gezielt um die eingebaute Verlustgarantie ihrer "AAA"-Wertpapiere kümmern kann.
Ist es aber gerade diese "AAA"-Sicherheit, die einigen als zu riskant erscheint? Der Markt jedenfalls nimmt schon am Vorabend der großen Staatsanleihenflut jene nur noch zögerlich ab. Nach Deutschland in Dezember 2008 durfte nun auch der englische Schatzmeister diese Erfahrung machen und wird damit sicher nicht der Letzte seiner Zunft gewesen sein. Die Meinung von Jean-Claude Trichet, EZBPräsident, dass derzeit keine Wirtschaftstheorie (kennt er etwa die österreichische Schule der Volkswirtschaftslehre nicht?) und kein Modell geeignet ist, die künftige Entwicklung vorherzusagen, ist dem Ganzen auch nicht gerade dienlich, denn wenn die Käufer ausbleiben, dann...
Dennoch wollen die "denn-sie-wissen-nicht-was-sie-tun"-G20-Politiker und die sie umgebenden Experten, die allesamt die Krise nicht haben kommen sehen, weitere 5 Billionen USD diesem System zuzuführen. Möglicherweise ist es aber genau diese Kapitalsp(r)itze, die den 86.086,7 Mrd. USD (per 30.06.2008) schweren und damit das Weltsozialprodukt um etwa das 1,54fache übersteigenden Bondsballon zum Platzen bringen wird. In nur 20 Jahren hatte sich dieser um 466% ausgedehnt - als eine logische Folge des Papiergeldsystems ohne Schuldenlimitierung, wie es die Politik seit den 70ern favorisiert. Nur vergaßen sie bis heute den Gläubigern mitzuteilen, dass ein exponentiell wachsender Schuldenberg nicht einmal theoretisch - da es keine im selben Tempo exponentiell wachsende Wirtschaft geben kann - begründbar ist. Insofern hat Charles Ponzi, Erfinder des Schneeballsystems, nun würdige Nachfolger gefunden. Der Erste, der aufflog, Bernard L. Madorff, war gemessen an dem heute gültigem Standard, nur noch in Billionenbeträgen denken zu müssen, ein kleiner Fisch unter all den Gauklern, allerdings mit der Fähigkeit, 50 Milliarden USD auf der Grundlage von ... Nichts einsammeln zu können. Perfekte Täuschung ist eben alles.
Apropos perfekte Täuschung. Der Plan des amerikanischen Finanzministers, toxische Wertpapiere mit der Verlustübernahmegarantie durch den Steuerzahler als Jackpot unter den schon Schlange stehenden institutionellen Anlegern verteilen zu wollen, sorgt nicht nur unter Hedgefonds für hektische Regsamkeit, nein auch unter den mit Steuergeld geretteten US-Instituten, die sich dann gegenseitig Gewinnmaximierend faule Papiere hin- und herschieben könnten.
Die anfängliche Befürchtung des Finanzsektors, dass die Obama-Administration deren Treiben Einhalt gebieten könnte, hat sich schon nach der großzügigen "Beteiligung" an den 130 Mio. USD (!) teuren Amtseinführungsfeierkosten in den ersten Tagen als unbegründet erwiesen. Während sich der US-Präsident nun auf seiner Europa-Tournee heilig sprechen ... feiern lässt, schwirrten an der Wall Street die Champagnerkorken durch die Luft. Ab sofort können die US-Banken ihren Gefühlen wieder freien Lauf lassen, denn Bilanzschmerzen hat nur noch der, der sie auch haben möchte. "Toxischen" Wertpapieren dürfen Banken nun wieder den Wert beimessen, den sie, und nur sie, für sinnvoll halten. Endlich!
Bei so viel Transparenz und Entschlossenheit, die Ursachen der Krise nicht anpacken zu wollen und schlussendlich gar Bilanzregeln in eine Farce zu verwandeln, können auch wir nur dem tschechischen EU-Ratspräsidenten Mirek Topolanek beipflichten. Zu den ausufernden Finanzspritzen und dem Ruf nach Protektionismus sagte er vor völlig erschrockenen EU-Abgeordneten: "All diese Schritte in Kombination und was noch schlimmer ist: Die Initiative für ihre permanente Verankerung sind der Weg in die Hölle."
© Martin Mack und Herwig Weise
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Quelle: » Goldseiten.de