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US-Häuser zu Schleuderpreisen

von Kora-Cora Krause
Wer gehofft hat, die Krise auf dem US-Häusermarkt könnte überwunden sein, hat sich getäuscht. Nach neuesten Zahlen verschärfte sich die Lage sogar weiter. Eine baldige Besserung ist nicht in Sicht. Und auch ein Blick über die kalifornischen Staatsgrenzen hinweg macht klar: Die Immobilienkrise ist noch lange nicht ausgestanden.

NEW YORK. Mit Ohren betäubendem Lärm demoliert ein Bulldozer 16 neue, teils noch nicht fertig gestellte Häuser im südkalifornischen Victorville. Die Neubauten dem Erdboden gleich zu machen, sei lukrativer als diese am aktuellen Markt weiter zum Verkauf anzubieten, sagt John Wessman, Sprecher der Garanty Bank of Austin, die den Abriss verantwortet. Fallende Hauspreise seien noch immer die "Achillesferse" der US-Wirtschaft, betonte der ehemalige Notenbank-Chef Alan Greenspan zu Wochenbeginn in Washington.
Im April verschärfte sich die Lage am US-Häusermarkt weiter: Die Zahl der Wohnbaubeginne brach aufs Jahr hochgerechnet um 12,8 Prozent auf 458 000 ein. Einen niedrigeren Wert hat es seit Einführung der Statistik 1959 noch nicht gegeben. Eine baldige Besserung ist nicht in Sicht, da auch die Zahl der Baugenehmigungen für Eigenheime auf ein Rekordtief fiel.
Nach Angaben der Immobilienverbände ebbte in den vergangenen zwei Monaten zumindest die Flut der Angebote auf dem Häusermarkt leicht ab. Mit 3,7 Millionen angebotenen Eigenheimen Anfang April waren es zehn Prozent weniger als im Vormonat. Der Chefökonom der National Association of Realtor (NAR), Lawrence Yun, sagt: "Auch die Verkaufszahlen bei eher günstigeren Wohnobjekten tendieren wieder nach oben." In Kalifornien stieg die Zahl der verkauften Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen im Vorjahresvergleich um rund 50 Prozent.
Dass jedoch auch die Preise in absehbarer Zeit wieder anziehen, darauf möchten sich in Kalifornien nur wenige verlassen: Steigende Verkaufszahlen sind vor allem ein Resultat der zahlreichen Notverkäufe von Häusern, die schon zurück in die Hände der Gläubiger gefallen sind. Zwei Drittel der im März abgeschlossenen Transaktionen waren Zwangsversteigerungen oder sonstige Notverkäufe. Die Verbandsstatistiken beinhalten solche zum Verkauf stehenden Pleitefälle selten. 765 500 Häuser aus Insolvenzen beziffert Barclays Capital zum April im Bankenbesitz - diese stehen meist zur Zwangsversteigerung an. Bis zum Herbst könnte diese Zahl laut Barclays auf 1,3 Millionen anschwellen, denn Experten prognostizieren steigende Arbeitslosenzahlen, so dass noch mehr Hausbesitzer ihren Hypothekenverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Bis heute kostete die Krise in den USA rund sechs Millionen Arbeitsplätze.

Die Abrissaktion von Victorville zeigt, zu welchen Mitteln die Banken gezwungen sind, um ihre Verluste aus Immobilienfinanzierungen zu begrenzen. Vor anderthalb Jahren galt das Einzugsgebiet von Los Angeles noch als Boomregion. Damals kosteten Neubauten im Schnitt 325 000 Dollar, heute sind die Preise auf rund 150 000 Dollar kollabiert. Viele Käufer liegen mit ihren Hypotheken unter Wasser, das bedeutet, sie schulden der Bank teils deutlich mehr, als das Haus überhaupt noch wert ist. Zwischen 2000 und 2006 sind die Hauspreise laut Case-Shiller-Index in Kalifornien je nach Region um nahezu 300 Prozent gestiegen, heute liegen sie wieder auf dem Niveau von 2003.
Wie eine Reuters-Umfrage unter 43 Ökonomen ergab, halten nur knapp ein Viertel den Tiefpunkt auf dem Immobilienmarkt für erreicht. Jeweils 16 Experten rechnen damit, dass es binnen eines halben Jahres beziehungsweise innerhalb von sechs bis zwölf Monaten soweit sein wird.
Für das Gros der Experten ist eine Bodenbildung in diesem wichtigen Marktsegment daher auch die Voraussetzung dafür, dass die lahmende US-Wirtschaft insgesamt wieder auf die Beine kommen kann. "Die Häuserverkäufe stabilisieren sich. Die Preise werden aber dieses und nächstes Jahr noch fallen, da der Bestand an leerstehenden Immobilien so hoch ist", meint Branchenexperte Chris Low von FTN Financial. Wie die Umfrage ergab, wird das Preisniveau 2009 voraussichtlich um 13 Prozent und nächstes Jahr um zwei Prozent sinken.
Auch ein Blick über die kalifornischen Staatsgrenzen hinweg macht klar: Die Immobilienkrise ist noch nicht ausgestanden. National lagen die Verkaufszahlen laut NAR im März um weitere sieben Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. In New York, dessen Häusermarkt verzögert durch die Immobilienkrise betroffen ist, befürchten Broker weitere, spürbare Preisverfälle. Hart von der Rezession getroffen ist etwa der Finanzdistrikt in Manhattan. Über die vergangenen zwölf Monate brachen die Verkäufe um 50 Prozent ein. Wer derzeit in Manhattan eine Wohnung sucht, wird schnell fündig: Fast 12 000 Immobilien haben die Makler im Angebot, eine Auswahl wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Bis sich die Preise nachhaltig erholen, kann es daher noch dauern. Vor allem im Hochpreissegment sei kein Land in Sicht, da trotz hoher Abschläge eine erschwerte Kreditvergabe die Finanzierung verhindere, meint Yun vom Immobilienverband NAR. "Das erste Quartal war für den Immobilienmarkt in Manhattan eine Katastrophe", sagt die New Yorker Brokerin Davanna Pagowski vom Immobilienvermittler Warburg Realty. Stark gefallende Preise, flexible Hypothekenkonditionen und der Aufschwung am Aktienmarkt hätten die Verkaufszahlen zuletzt wenigstens etwas stabilisieren können. Bisher sackten die Immobilienpreise in New York, im Gegensatz zu Kalifornien, nur um gemäßigte 20 Prozent ein. Pagowski erwartet allerdings einen weiteren Preisverfall von fünf Prozent und eine Trendwende frühestens im Herbst dieses Jahres.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » Handelsblatt.com