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Kommt Inflation oder sogar Deflation?

von Tobias Aigner und Thomas Schmoll (Hamburg)

Es gibt Anzeichen für eine Konjunkturerholung - aber auch Warnungen vor verfrühtem Jubel. Wie entwickelt sich die Weltwirtschaft also? Womit müssen Verbraucher und Privatanleger rechnen? FTD.de dokumentiert vier mögliche Szenarien, die das Wirtschaftsmagazin Capital erstellte.
Mal ist die Nachricht gut, dann ist sie wieder schlecht. Mal vermeldet ein Konzern ein beachtliches Ergebnis oder gar einen Gewinn, dann veröffentlicht der nächste wieder einen Milliardenverlust.
Mal gibt eine Bank bekannt, dass ihr Minus nicht ganz so horrend ausgefallen ist, wie von Experten prognostiziert worden war - dann warnt der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio: "Wir sind uns doch ziemlich sicher, dass unsere Banken in ein paar Monaten die volle Wucht der schärfsten aller bisherigen Rezessionen in ihren Kreditportfolios spüren werden." Und wenn der ifo-Index zum zweiten Mal in Folge gestiegen ist, heißt es gleich wieder: aber nicht so stark wie erhofft.
So geht das nun seit Wochen - und ein Ende ist nicht in Sicht. So bleibt die Einschätzung der weiteren Entwicklung auch für Fachleute schwierig. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wollte für das kommende Jahr gar keine Prognose mehr wagen. Ein Ende der scharfen Rezession zeichne sich zwar ab, 2010 sei eine Erholung drin. Aber eine Vorhersage lehnte DIW-Präsident Klaus Zimmermann ab: "Allein schon die Debatte darüber ist schädlich, denn sie schafft neue Unsicherheiten."
Die Arbeitslosigkeit steigt. Doch gerade die Deutschen - berühmt für ihre Sparwut - üben sich nicht in übertriebener Kaufzurückhaltung. Im Gegenteil erwarten die Einzelhändler steigende Umsätze. An den Börsen ist seit Wochen ein Aufwärtstrend erkennbar, ohne dass es zu regelrechten Sprüngen kommt. Der Dax schleicht seit Tagen um die 5000-Punkte-Linie. Wagt er den Sprung hinüber, verharrt er kurze Zeit danach wieder unterhalb der Marke.
Wie geht es also weiter mit der Konjunktur? Bekommen wir japanische Verhältnisse? Wie wird sich die Preisentwicklung gestalten? Welche Folgen hat die Entwicklung für Investoren und ihre Depots? Und wie können sich Privatanleger schützen? Das Wirtschaftsmagazin Capital hat vier Szenerien erstellt - von der großen Geldvernichtung bis zum kleinsten Übel. FTD.de zeigt die Varianten auf.

Szenario 1: Deflation - Neuauflage der Großen Depression
Unternehmenspleiten, Massenarbeitslosigkeit, Preisverfall - eine verheerende Abwärtsspirale.
Eine Neuauflage der Großen Depression aus den 30er-Jahren gehört zum Schlimmsten, was der Weltwirtschaft droht. Vor allem in den USA gilt der Mix aus Massenarbeitslosigkeit, fallenden Verbraucherpreisen und Pleitewelle als nationales Trauma. Alle basteln daran, dass es sich nicht wiederholt. Die Wahrscheinlichkeit ist deshalb gering, maximal zehn Prozent.
Damit der Horror trotzdem Realität wird, müssten heute zwei unglückliche Umstände zusammentreffen. Zum einen erweist sich die Schieflage der Banken als noch dramatischer als angenommen. Der IWF muss seine Schätzung für das weltweite Volumen toxischer Wertpapiere von vier Billionen Dollar immer weiter erhöhen. Wieder greift Angst vor Bankenpleiten um sich. Zum anderen gelingt es den Regierungen nicht, die Konjunktur anzukurbeln. Die milliardenschweren Hilfspakete entfachen nur ein kleines Strohfeuer.
Die Banken sind so sehr damit beschäftigt, ihre Bilanzen aufzupäppeln, dass die Kreditvergabe über viele Monate stockt. Diese Misere schlägt immer stärker auf den Arbeitsmarkt durch. In den USA klettert die Arbeitslosenquote auf 15 bis 20 Prozent. Als Folge bricht der Konsum weiter ein, die Verbraucherpreise fallen.
Die Angst vor Jobverlust und sozialem Abstieg erfasst immer mehr Menschen. Die Wirtschaft steckt nun in einem deflationären Abwärtsstrudel. Kreditstau und Umsatzeinbruch treiben reihenweise Unternehmen in den Bankrott, was die Lage der Banken weiter verschärft. Das ist der Stoff, aus dem die Albträume von Fed-Chef Ben Bernanke sind.
In diesem Szenario könnte die Wirtschaftsleistung in Deutschland bis 2013 um mehr als 15 Prozent schrumpfen. Die Verbraucherpreise brechen in der Spitze um mehr als fünf Prozent pro Jahr ein. Zum Vergleich: In den USA schrumpften sie in den frühen 30ern sogar um bis zu zehn Prozent.
Der Dax beendet seine Rally im Sommer und geht auf Tauchstation, in Richtung seines Tiefs von 2003 bei 2200 Punkten. Die Nachfrage nach Rohstoffen sinkt dramatisch. Der Ölpreis könnte unter 20 Dollar je Barrel absacken. Die Flucht aus Risikoanlagen treibt Anleger in Gold und Staatsanleihen höchster Bonität. Bargeld ist Trumpf, auch weil die Deflation dessen realen Wert steigert.

Szenario 2: Siechtum und kein Ende - japanische Verhältnisse
Das Großreinemachen bei Banken dauert mindestens fünf Jahre. Die Wirtschaft kommt nicht vom Fleck.
Dominique Strauss-Kahn mahnt zur Eile. "Solange im Finanzsektor Eiszeit herrscht, ist ein Aufschwung der Realwirtschaft unmöglich", sagt der IWF-Chef. Er dringt auf eine rasche Sanierung der Bankbilanzen. Ein Blick nach Japan zeigt, warum. In den 80er-Jahren erlebte das Inselreich einen Boom, der in einer Massenspekulation gipfelte. Aktienkurse und Immobilienpreise explodierten. Als die Blase Anfang der 90er platzte, saßen Banken auf einem Gebirge fauler Kredite. Und die Politik ließ sich zehn Jahre Zeit, bis sie in der Bankenlandschaft aufzuräumen begann. Das berühmte verlorene Jahrzehnt.
Europäer und Amerikaner reagierten diesmal zwar schneller und überschütteten die kränkelnden Institute mit Kapital. Doch das Problem der toxischen Papiere löst der Geldregen allein nicht. Die eigentliche Aufgabe ist es, die Schrottbestände aus den Bilanzen zu tilgen. Diese Operation könnte nach historischen Erfahrungen mindestens fünf Jahre dauern. Genug Zeit für ein japanisches Déjà-vu. Einstweilen hieße das: Weil die Banken klamm bleiben, geben Konjunkturpakete immer nur einen Miniimpuls.
Es droht ein Siechtum auf Raten. Die Konjunktur pendelt zwischen Rezession und mickrigem Wachstum, während die Notenbanken die Zinsen nahe null halten müssen. Trotzdem steigen die Preise nicht, denn von den Rettungsmilliarden für die Banken kommt zu wenig in der Wirtschaft an. Die Konsumflaute gibt der Inflation den Rest, eine schleichende Deflation befällt Deutschland und andere Staaten wie Japan seit den 90er-Jahren. Die Staatsverschuldung nimmt ebenfalls japanische Dimensionen an. Schon heute steht das Land mit 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in der Kreide.
Mehrmals keimt Hoffnung auf die Wende, was dem Dax kurze Rallys beschert. Insgesamt rutscht er jedoch unter das Tief vom März. Anleger stecken ihr Geld bevorzugt in Staatsanleihen. Auch Besitzer von Lebensversicherungen können sich freuen. Stabile Preise erhalten den realen Wert ihrer Policen, und das Konkursrisiko sinkt gegenüber dem Depressionsszenario. Gold ist neben Aktien prominentester Verlierer. Ohne Weltuntergangsstimmung und Inflationspanik verliert es an Attraktivität.

Szenario 3: Steigende Inflation - das kleinste Übel
Die Rettungspakete für Banken und Konjunktur greifen. Doch die Geldflut treibt die Preise.
Wünschenswert ist keines der vier Szenarien, aber die Perspektive einer steigenden Inflation scheint immer noch das kleinste Übel. Dabei schaffen es Regierungen und Notenbanken mit ihren Kapitalinfusionen, den Absturz der Wirtschaft zu stoppen, wahrscheinlich schon im Herbst. Die Wende lässt zunächst noch auf sich warten: Die Banken sind mit Bilanzreparaturen beschäftigt. Und der US-Verbraucher erholt sich vom Schock fallender Hauspreise, steigender Schulden und des (drohenden) Jobverlusts nicht so schnell.
2010 nimmt die Arbeitslosenzahl weiter zu, während sich die exportabhängige deutsche Wirtschaft zu einem marginalen Wachstum aufrappelt. 2011 gewinnt der Aufschwung allmählich an Fahrt. Wenn die Notenbanken die Zinsen anheben und die Geldschwemme austrocknen wollen, geraten sie ins Kreuzfeuer der Kritik. Denn niemand weiß zu diesem Zeitpunkt, ob sich der Sturm schon gelegt hat.
Deshalb werden die Währungshüter nicht alle Geister los, die sie gerufen haben. Ein Teil der geschaffenen Zentralbankliquidität dringt in den Wirtschaftskreislauf, nachdem sich bei Geschäftsbanken der Kreditstau auflöst. Anfangs steigen die Preise kaum, weil Überkapazitäten und Lohndruck die Teuerung dämpfen. Dann aber beginnen die Inflationsraten zu klettern, unterstützt von anziehenden Rohstoffpreisen. Lassen die Notenbanken die Zügel zu stark schleifen, kann die Teuerung sogar zweistellig ausfallen wie in den USA in den 70er-Jahren. Ansonsten kommen die Bürger mit vier Prozent Inflation davon.
Der Dax muss auch im wahrscheinlichsten aller Szenarien Rückschläge hinnehmen, weil immer wieder Angst vor einem Einbruch aufflammt. Insgesamt steigen die Kurse jedoch. Wenn die Inflation nicht übermäßig anzieht, nimmt das Börsenbarometer sogar die Marke von 6000 Punkten. Auch Rohstoffe profitieren, die Erholung sorgt für einen Nachfrageschub.
Staatsanleihen verlieren hingegen ihren Reiz als sicherer Hafen. Zumal die Inflation ihre Rendite drückt - oder auffrisst. Bargeld ist bei Minizinsen und Inflationsgefahr kein geeignetes Investment. Solange sich die Teuerung im Rahmen hält, leidet auch Gold. Denn das Vertrauen in Wirtschaft und Papiergeldsystem bleibt erhalten.

Szenario 4: Hyperinflation - die große Geldvernichtung
Die Rezession verschärft sich, Staaten gehen bankrott, und Papiergeld verliert seinen Wert.
Hyperinflation heißt Teuerungsraten von mindestens 50 Prozent pro Monat. Sie würde den Preis von einem Liter Milch innerhalb eines Jahres auf über 30 Euro treiben. Die gute Nachricht: Hyperinflation ist mit Abstand das unwahrscheinlichste Szenario. Ihre Brutstätte war meist ein hoch verschuldeter Staat, der das Anlegervertrauen verliert und seine Zentralbank zum Gelddrucken zwingt. Wie die Weimarer Republik. Das mögliche Drehbuch von heute liest sich so: Zunächst verschärft sich die Rezession. In ihrer Hilflosigkeit werfen die Regierungen immer neue Staatsanleihen auf den Markt, um Konjunkturpakete und Sozialleistungen zu finanzieren. Die Haushaltsdefizite wachsen rasant. Investoren beginnen, an der Bonität von Industrieländern wie Großbritannien oder den USA zu zweifeln. Deren Anleihen finden zu wenig Abnehmer, die Zinsen steigen.
Jetzt springen die Zentralbanken als Käufer ein - mit frisch gedrucktem Geld. Das Anlegervertrauen erodiert weiter, ein Teufelskreis. Das Drama könnte in Europa beginnen, wo Länder wie Griechenland, Spanien und Irland schon mächtig in Schieflage sind. Oder in den USA, wo die Fed die Notenpresse angeworfen hat. Wenn Amerika seine Kreditwürdigkeit verliert, würde ein Dollar-Crash das Weltfinanzsystem aus der Bahn werfen. Unwahrscheinlich, aber ein Gedankenspiel nicht ohne jede Grundlage.
Zur Erinnerung: 2009 wirft die US-Regierung Anleihen im Wert von rund 2,5 Billionen Dollar auf den Markt, viermal so viel wie in normalen Zeiten. Großbritannien bangt wegen seiner hohen Schulden bereits um sein AAA-Rating. Auch in der Weimarer Republik spitzte sich die Lage zu, als ausländische Investoren 1922 aus deutschen Anleihen flohen.
Das Finale einer Hyperinflation ist eine Währungsreform, der GAU eines jeden Papiergeldsystems. Die Auswirkungen sind schwer vorherzusagen. Sie hängen vom Umtauschverhältnis und möglichen Zwangsabgaben ab, wie etwa der Hauszinssteuer, die Immobilieneigner ab 1924 zahlen mussten. Generell gilt: Sparer schauen in die Röhre. Wer Schulden hat, gewinnt. Sachwerte wie Rohstoffe oder Immobilien profitieren, vor allem, wenn sie wie Wohnungen einen Gebrauchswert haben.

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » FTD.de