Aktuelle Börsen- und Gold-Weisheiten
Sind Ihnen die hektisch aus der Hüfte geschossenen Medienkommentare zu den Finanzierungsproblemen der Holding Dubai World und ihren Auswirkungen an den Börsen auf die Nerven gegangen? Falls ja, haben Sie richtig reagiert. „Eine umfassende Finanzkrise sieht anders aus“, kommentierte die Börsen-Zeitung treffend. Und Folker Hellmeyer äußerte hier auf goldseiten.de zu Recht, dass die Staatsverschuldung Dubais in Höhe von 80 Mrd. Dollar „nicht die Qualität hat, den Reflationierungskurs der Weltwirtschaft oder den Stabilisierungskurs für das Finanzsystem nachhaltig zu unterminieren.“ Das heißt, nach zwei aufregenden Tagen, an denen Aktienkurse und Edelmetallpreise einen Dämpfer erhalten haben, werden Aktien ihre selektive Entwicklung fortsetzen, wobei Banken mit ihrem immensen Abschreibungsbedarf (wie jetzt wieder im Fall Dubai) die allgemeine Stimmung immer mehr vermiesen dürften, während Gold, Silber, Platin, Palladium und die selteneren Edelmetalle vor einem neuen Anlauf nach oben stehen.
Die Dubai-Krise schwelt schon seit mindestens zwei Jahren. Ein sicheres Indiz dafür, dass etwas nicht stimmte, war seinerzeit das Einwerben von deutschem Geld für obskure Bauprojekte, befördert auch von vielen deutschen Medien, denen die bezahlten Anzeigen dubioser Projektentwickler wichtiger waren als die Aufklärung von Anlegern. Anlass genug, im Folgenden einige grundsätzliche Überlegungen zum Anlageverhalten anzustellen und – am Beispiel der lehrreichen Börse – vor Fehlschlüssen zu warnen. Das hat auch insofern mit Dubai zu tun, als die meisten Medien in Verkennung der wahren Kausalitäten aus einer Affäre in dem Wüsten-Emirat einen Auslöser für Kursrückgänge gemacht haben, als handle es ich um einen zweiten Fall Lehman.
Neulich, als der Deutsche Aktienindex Dax wieder mal um 5800 Punkte pendelte und niemand sich daraus wirklich einen Reim machen konnte, sah und hörte ich bei n-tv eines der unsäglichen Interviews, in dem ein Banker von „magischen“ 6000 Punkten sprach, die der Dax bald erreichen könnte. Früher habe ich mich über so einen Unfug aufgeregt, heute staune ich nur noch über die Bereitschaft der Medien, Banken- und Börsenquacksalber überhaupt einzuladen. Immerhin, der Sprücheklopfer von der Bank, der die Magie bemühte (sein Name spielt keine Rolle), bietet einen willkommenen Anlass, zuerst die Sprache der Börsianer auf ihren Gehalt zu prüfen. Am Ende werden dabei sogar einige positive Aussagen herauskommen.
Wenn man bedenkt, dass der Dax aus 30 Aktien besteht, von denen jede für sich eine eigene Entwicklung aufweist, ist allein das schon Grund genug, Dax-Analysen und -Prognosen einfach zu ignorieren; dasselbe gilt natürlich auch für andere Indizes. Trotzdem nimmt die Schar der Interpreten zu statt ab. Das lässt sich anhand der jüngsten Entwicklung so erklären: Nachdem der Dax, statt zu steigen, eingebrochen ist, kommen gleich mehrere Kurvendeuter zu Wort. Die einen von ihnen wollen Widerstandslinien entdeckt haben, die nach unten durchbrochen werden könnten, die anderen spinnen von irgendwelchen charttechnischen Formationen (Trendkanal, M- oder Kopf-Schulter-Formation, Wimpel, Dreieck, Diamant usw.). Einzelne Aktien auf die eine oder andere Formation hin zu untersuchen, kann Aufschluss über das Verhalten der Börsianer in speziellen Fällen geben und erscheint deshalb sinnvoll, ein Gemisch aus 30 – oder mehr – unterschiedlich gewichteten Aktien entzieht sich dagegen jeglicher rationalen Betrachtung.
Vernünftig wäre es, den Dingen in Einzelfällen wie folgt auf den Grund zu gehen: Nachdem die Kursformationen einer bestimmten Aktie, ergänzt um die Statistik ihrer Börsenumsätze, auffallende Bewegungen gezeigt haben, lohnt es sich wahrscheinlich, bei ihr in die Tiefe zu bohren. Das heißt, Angaben zur Aktionärsstruktur und ihren Veränderungen zu sammeln, Geschäftsberichte zu lesen, die zugehörige Branche unter die Lupe zu nehmen, die laufende Berichterstattung zu verfolgen usw. Positiv: Das Internet bietet dazu auf zig Seiten (vor allem auch auf denen der betreffenden AGs) ein Füllhorn an Informationen. Negativ: Das Ganze artet schon beim gründlichen Verfolgen einer einzigen Aktie in Arbeit aus, ganz zu schweigen von mehreren Aktien, die womöglich aus unterschiedlichen Branchen stammen. Dennoch gibt es immer wieder Anleger, die behaupten, es sei leichter, mit zehn verschiedenen Aktien à 10 Prozent Gewinn insgesamt 100 Prozent Gewinn zu erzielen als mit nur einer Aktie. Allein schon die gerade angestellte Überlegung straft sie Lügen.
Dass es keinen Königsweg gibt, um an der Börse reich zu werden, dürfte sich hinreichend herumgesprochen haben. Doch bereits mit der Abkehr von der Quacksalberei katapultieren Sie sich in die Gruppe der Anleger, die im Zweifel mehr Börsenerfolge vorweisen können als die große Schar der Verlierer, die sich vergeblich mit der Interpretation von Indizes abmühen. Darüber hinaus sollten Sie eine Chance wahrnehmen, die Sie dem Königsweg einen entscheidenden Schritt näher bringt: Kurse, Preise und das ganze Drumherum beobachten und nochmals beobachten. Das bringt einen ganz großen Vorteil: Sie erkennen nach kurzer Zeit, wo sich etwas tut und wo nicht, welche Märkte es wert sind, näher unter die Lupe genommen zu werden, und welche anderen den ganzen Aufwand (Geschäftsberichte lesen u.a.) erst gar nicht lohnen. So bekommen Sie en passant auch ein Gespür, wie die Märkte ticken.
Wie wichtig dieser Aspekt ist, lässt sich anhand weniger Fälle klarmachen. So haben beispielsweise die früher heiß gehandelten Stahl-, Düngemittel- und vor allem Solaraktien extrem an Popularität eingebüßt. Einige Großanleger haben sie sogar in eine Art Sippenhaft genommen. In diesen Branchen heute die Gewinner von morgen auszumachen, mag zwar eine reizvolle Aufgabe sein, aber warum nicht lieber mit dem Strom schwimmen, solange er reichlich fließt, als die Kurse und Bilanzen von Thyssen Krupp, K+S oder Solarworld zu verfolgen? Die meisten von Ihnen werden jetzt sicher wissen, in welche Richtung ich ziele: Edelmetalle.
Greifen wir als Beispiel Gold heraus, weil Anleger sich unter ihm mehr vorstellen können als unter Silber oder gar Platin, Palladium und den sonstigen Edelmetallen. Eine wichtige Beobachtung ist, dass der Goldpreis im Herbst 2008 auf die Lehman-Pleite und ihre weltweiten Folgen zwar negativ reagiert hat, aber nicht so schlimm wie die Aktienkurse, und dass er danach bis zur Dubai-Affäre immer wieder neue Höchstpreise (in Dollar) erreicht hat, was man von der Mehrheit der Aktien nicht gerade behaupten kann. Das heißt, Gold glänzt mit relativer Stärke.
Es glänzt allerdings auch in anderer Hinsicht, und dieser wichtige Aspekt findet zurzeit in der Diskussion unter Börsianern aus unverständlichen Gründen kaum Beachtung: Der Wert des Goldes lässt sich im Gegensatz zum Kurs einer Aktie nicht durch das Kurs-Gewinn-Verhältnis, die Dividendenrendite, den Bilanz- oder Ertragswert, den Cash flow, den Verschuldungsgrad oder sonstige Kennzahlen messen. Einfach formuliert, könnte man auch sagen: Gold hat einen Wert an sich. Oder komplizierter: Anstelle des Kurs-Gewinn-Verhältnisses, der Dividendenrendite, des Bilanzwerts usw. entsteht sein Wert aufgrund von überhaupt nicht quantifizierbaren Faktoren, wie Angst vor Entwertung des Papiergeldes, Sicherheitsdenken, Jahrtausende währende Verehrung als Kultobjekt auf allen fünf Kontinenten, Hortungstrieb, Schmuckbedürfnis, edler Glanz u.a. Die Angst vor der Papiergeldentwertung wird in den kommenden Jahren aus Anlegersicht die dominierende Rolle spielen.
Daraus folgt: Gold kann, egal in welcher Währung, theoretisch Preise bis zum Mond erzielen. Praktisch wird das aber nicht möglich sein, weil am Ende jede Regierung (einschließlich jeder Zentralbank) davor sein, d.h. Gold in ein neues Währungssystem integrieren und dann seinen Preis willkürlich festlegen wird. Vorher – so lange, bis Sie es zu einem staatlich festgelegten Preis abgeben müssen - können Sie mit ihm weiter hohe Gewinne erzielen. Mit Silber womöglich sogar höhere, weil sein Preis – unter stärkeren Schwankungen - noch mehr dem freien Spiel der Kräfte ausgesetzt sein wird.
Manfred Gburek, 27. November 2009
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Quelle: » gburek.eu