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Rückkehr der Demut

von Frank Meyer
Momentan vernebelt diese unsichtbare Vulkanasche den Blick auf interessante Dinge, die etwas wichtiger sein könnten, als gestrandete Urlauber am Ballermann oder auf Sicht fliegende Flugzeuge. Aus den Zeitungen erfährt man inzwischen auch mehr über das Thema Staatsbankrott und Währungsreform. Dreiviertel der Deutschen wünscht sich die D-Mark zurück...

Nachdem ich heute zum dritten Mal das Auto durch die Waschstraße fahren musste, ich habe dort die goldene Super-Spar-Bonus-Karte überreicht bekommen, fand ich zu Hause noch drei verbotene 100-Watt-Glühlampen, in deren politisch unkorrektem Licht ich diesen Bericht verfasse. Wo ich lebe, fragen Sie? Na direkt neben einem Vulkan! Dieser isländische Berg ist zur Zeit der Hauptakteur allen Geschehens – und zugegebenermaßen mindestens so unterhaltsam wie Fußball und DSDS. Leichte Kost also...
„Der Vulkan lehrt Demut“, schreibt eine große deutsche Zeitung. Die Götter müssen ihre Hände schon wieder im Spiel haben. Was sie mit der Finanzkrise erfolglos versuchten – sie war ja nach all dem, was wir wissen, ein Teil von „Gottes Werk“ - erledigt das jetzt ein Vulkan, der verbotenerweise auch noch ohne Feinstaubplakette Europa in Angst und Schrecken versetzt. Husten! Wir haben ein Problem – Huuust Huuust!
Wer soll das alles bezahlen? Fluglinien fragen schon mal um Staatshilfe bei der Regierung nach. Großartig! Dann aber bitte auch für die Tourismusindustrie und Exporteure von Dingen, die unentbehrlich sind. Gleiches Recht für alle! Auf die paar Millionen kommt es auch nicht mehr an. Oder wollen Sie etwa am Morgen auf frische Maracujas und Ananas verzichten? Ich bitte Sie! Reicht es nicht aus, wenn man jetzt schon die frischen Schnittblumen aus Thailand und argentinisches Rindersteak vermisst? Muss es denn Löwenzahn sein? Übrigens sind die Preise für Viktoriabarsch ins Unermessliche gestiegen. DAS ist eine Krise!
Gegen all die Unannehmlichkeiten wirkt Griechenland wie eine Randerscheinung - interessant wie Fußpilz. Die Zinsen für 10-jährige Anleihen signalisieren Stress. Kreditausfallversicherungen sind so teuer wie noch nie...

Bei all dem Nebel fällt es kaum auf, dass Bundesbankchef Axel Weber durchblicken lässt, dass die Griechen etwas mehr Geld gebrauchen könnten als die 30 Milliarden Euro aus der EU und die 15 Milliarden vom IWF. Es könnten auch 80 Milliarden Euro werden, schreibt das Wall Street Journal. Soweit in Erfahrung zu bringen war, dürfte auch diese Summe nicht ganz ausreichen, schaut man sich den Refinanzierungsbedarf der kommenden Jahren an.

Dass neulich die Italiener den Griechen so schnelle Hilfe zugesagt haben, ist angesichts der italienischen Refinanzierungsvorhaben jetzt etwas besser zu verstehen. Allein in diesem Jahr müssen dort 415 Mrd. USD umgewälzt werden. Im nächsten Jahr sind es 295 Milliarden. Oh!

kleiner - bescheidener - freundlicher?
In schweren Zeiten rücken die Leute etwas näher zueinander. Streit in der Nachbarschaft wird begraben, denn man kann ja nicht wissen, ob man sich demnächst stärker braucht – wenn es nie wieder hell wird, der Frühling direkt in den Herbst übergeht und im August die Kinder schmutzige Schneemänner im Garten aufstellen. Noch nie habe ich erlebt, dass in Zügen wildfremde Leute über finanzielle Dinge diskutiert haben, wie gestern in der Regionalbahn nach Frankfurt. Jeder, mit dem man spricht, ist der Meinung, dass Griechenland aus der EU austreten soll, statt mit deutschem Steuergeld gerettet zu werden. Wen kümmert es? Ginge es nach den Deutschen, wollten 74 Prozent von 17.500 Befragten in der „Welt“ die D-Markt zurück haben.

Was das bedeutete, ist eine andere Sache, aber das sind doch mal Nachrichten! Jeder, mit dem man spricht, sorgt sich um die Zukunft des Teuros, der Staatsfinanzen und auch um die Inflation. Selbst die Experten, mit denen man regelmäßig zu tun hat, sind in Sorge. Seltsam, was ein Vulkan für Wirkungen haben kann...

Was sonst noch auffliel
Sie fahren gerne Bahn? Verständlich. Die Flugasche soll ja aus jedem Automotor ein gläserne Fabrik machen. Beim Zugfahren hat man auch so einen tollen Ausblick. Manchmal. Auf der Fahrt nach Frankfurt beispielsweise lohnt ein Blick aus dem Zugfester. Die Bahnhöfe in Gernsheim, Stockstadt und Biebesheim keine wirklichen Aushängeschilder der Region. Für einen Moment fragt man sich, ob wir auch hierzulande noch im Krieg sind. Nicht dass ich wüsste, aber die Bahnhöfe sehen inzwischen wieder so aus. Mehr konnte ich nicht erblicken, denn da war sie wieder - die Aschewolke.
Und so wendete ich mich wieder der Zeitung zu. Dort stand, dass die Deutsche Bahn groß in Großbritannien zukaufen möchte. Wie interessant! Es wirkt wie eine Flucht nach vorn mit dem Rücken zur Wand. Bahnhofsimmobilien auf der Insel sind jetzt sicherlich preislich interessanter geworden – vielleicht sogar das marode Schienennetz. Hierzulande gäbe es für die Bahn viel zu tun. Also nichts wie weg!
Fährt man durch die Gegenden, wirkt unser Land frühlingshaft aber irgendwie auch ausgezehrt. Die Haushalte sind auf Kante genäht, aus denen sie schon im Frühling platzen wie die Knospen an den Bäumen. Ohne Moos ist nix los. Wohin man schaut, dominieren Finanzsorgen. Doch ich würde mir keine Sorgen machen – schließlich stecken wir mitten im Aufschwung fest. Wenn es da nicht den Vulkan gäbe.
Wie lange er seine Aschewolken durch die Gegend schickt, weiß niemand. Vielleicht geht sein Nachbar, der Katlar bald in die Luft? Und wenn, werden wir vielleicht wirklich die Demut lernen - und es wird wie in der DDR. Keine Flieger – keine Südfrüchte und all die Dinge, die das moderne Leben so lebenswert machen. Kartoffeln, Kohl, Karotten und viel gute Laune aus Berlin. Schaltet das isländische Ding doch endlich mal ab!

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » Frank-Meyer.eu