Vom Machtkampf bis zur Währungsreform
Da hat die EU-Kommission sich mal wieder etwas Absurdes ausgedacht: Die EU-Staaten sollen ihre Haushaltspläne schon vom kommenden Jahr an erst in Brüssel vorlegen, bevor sie selbst entscheiden dürfen, sonst bekommen sie Geld aus der gesamteuropäischen Umverteilungsmaschine gestrichen. Nun haben wir ja gerade wieder einmal erfahren, dass gegen 20 von 27 EU-Mitgliedern Verfahren wegen Verstoßes gegen die Haushaltsdisziplin laufen und dass drei weitere mit einem solchen Verfahren zu rechnen haben. Im vorderen Feld der Haushaltssünder sind welche, die vom Geld aus Brüssel, etwa vom dortigen Kohäsionsfonds, schon enorm profitiert haben. Man sehe sich dazu nur die vielen neuen Straßen in südlichen europäischen Gefilden an, vom gebeutelten Griechenland bis zu den Azoren, die Portugal gehören und wo die Bauern ihre Tiere über frisch asphaltierte, von der EU gesponserte Straßen treiben können, weil keine Autos darauf fahren.
Die jetzige Brüsseler Spitze gegen die Souveränität der EU-Mitglieder ist die Wiederaufnahme des Machtkampfes von 2005, als Deutschland und Frankreich zum Ärger der EU-Bürokraten eine Ausnahme für ihre damals maroden Haushalte erwirkt hatten. Nur findet der neue Machtkampf statt, nachdem der Euro durch die jüngsten Beschlüsse von EU, EZB und IWF einschließlich der Euro-Länder quasi zur Weichwährung degradiert wurde. Und das bedeutet nichts anderes, als dass die Geldpolitik der EZB von nun an auch im Dienst der Haushaltspolitik von 16 Euro-Ländern steht, die den Kern der 27 EU-Mitglieder bilden. Ganz schön kompliziert, aber auf die einfache Formel zu bringen: Jetzt beginnt der Machtkampf im Dreieck zwischen EU, EZB und souveränen Staaten, von denen nur 16 (mit Estland bald 17) von 27 den Euro als Währung haben.
Entschuldigen Sie bitte, dass ich Ihnen heute ein so komplexes Thema zumute. Doch die hier beschriebenen Zusammenhänge vermitteln einfach besonders überzeugend ein Bild vom Durcheinander, in dem Europa sich befindet. Schlimm daran ist im Übrigen, dass die Amerikaner sich derweil ins Fäustchen lachen, obwohl sie gerade ein Haushaltsloch präsentiert haben, im Vergleich zu dem die Defizite der meisten Euro-Länder miniaturhaft erscheinen. Wenn aber Europäer und Amerikaner beide auf ihre Art solche Probleme haben, wohin soll das noch führen? Ein geschätzter Kollege, der mit besten Verbindungen zu den Topetagen der Finanzwelt ausgestattete Chefredakteur der Börsen-Zeitung Claus Döring, hat neulich in einem Kommentar das passende Wort gefunden: Währungsreform.Dazu der Satz: „Die Politik darf sich eingeladen fühlen, Schuldenberge künftig nicht mehr durch Sparen, sondern durch Inflation abzutragen.
Insofern haben die Märkte konsequent reagiert: Euro weiter schwach, und das sogar im Vergleich zum abwertungsverdächtigen US-Dollar, Aktien neu entdeckt, dieses Mal als Sachwerte, Gold und Silber kräftig aufwärts, und zwar in allen Währungen. Dabei wird es bis auf Weiteres bleiben. Die kommende Euro-Dollar-Entwicklung hängt stark davon ab, ob die Devisenspieler hier eine neue Runde eröffnen oder ob sie sich andere Märkte vornehmen. Wahrscheinlich werden sie fürs Erste ihrem Metier treu bleiben und den Euro weiter à la baisse spielen. Aktien werden zurzeit von einigen Fonds und Vermögensverwaltern favorisiert, die einen Teil ihrer Portfolios aus Anleihen in Aktien umschichten. Das kann - unter größeren Kursschwankungen – noch einige Monate andauern. Gold und Silber dürften ihre Sonderentwicklung vor dem Hintergrund maroder Staatsfinanzen fortsetzen. Ihr Preispotenzial nach oben ist theoretisch unbegrenzt, nach unten überschaubar.
Greifen wir deshalb nochmals das Thema Währungsreform auf. Sie hat ohne Zweifel in der Nacht vom 2. auf den 3. Mai begonnen, Ende offen. Die Grundlage für die letzte große internationale Währungsreform wurde 1944 mit dem Abkommen von Bretton Woods geschaffen. Dann dauerte es immerhin drei Jahre, bis der Internationale Währungsfonds seine Arbeit aufnehmen konnte, und vier Jahre, bis die deutsche Währungsreform in Kraft trat und den Eigentümern von Geldwerten (Sparbücher, Anleihen, Lebensversicherungen u.a.) nur noch ein paar Brosamen übrig ließ. Die gravierenden Unterschiede zu heute: Damals bestimmten und beschleunigten die Amerikaner die Reform; demgegenüber haben wir es heute mit dem Kräftedreieck USA – Europa – China zu tun. Damals wurde eine feste Dollar-Gold-Bindung festgelegt, nach der sich die anderen Währungen richten mussten; dagegen wähnt man sich heute beim Verfolgen der Schwankungen an den Devisenmärkten im Spielcasino.
Hinter verschlossenen Türen wird längst über die Rolle des Goldes im kommenden Währungssystem diskutiert. Und je mehr der Preis des Edelmetalls steigt, desto sicherer können Sie sein, dass seine Rolle groß sein wird. Es ist ja – neben diversen Funktionen, wie Währungsreserve, internationale Liquidität oder Anlageinstrument – auch ein Mythos, und als solcher hatte es seine Bedeutung während des Goldstandards in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Einen Goldstandard wie damals wird es zwar nicht wieder geben, aber als Vertrauen schaffender Mythos wird Gold im Rahmen der kommenden Währungsreform eine wichtige Rolle spielen.
Von daher beantwortet sich die Frage, ob Sie Ihre Gewinne mit Gold, Silber, womöglich auch Platin, Palladium und Edelmetallaktien, jetzt mitnehmen oder ob Sie warten sollten, fast von selbst: Warten Sie einfach weiter ab.
Dazu passt ein Verfahren, das der in den 80er Jahren des 20 Jahrhunderts erfolgreichste US-Fondsmanager Peter Lynch anwandte: Er verbrachte besonders viel Zeit mit der Suche nach Aktien, die eine Verzehnfachung des Kurses versprachen. Er nannte sie „Tenbagger“ und hielt sie stur durch, solange keine negativen Erkenntnisse hinzukamen. Auf Gold bezogen: Sein Preis hat sich seit Beginn des Aufwärtstrends vor gut neun Jahren, gemessen an der international üblichen Benchmark US-Dollar, bis heute noch nicht einmal verfünffacht. Negative Erkenntnisse Fehlanzeige, dagegen weiter positive – jedenfalls aus der Perspektive der Goldanleger – wie Währungchaos, Haushaltsdefizite und Schuldenberge weltweit. Verfolgen Sie das Spektakel einfach weiter und üben Sie sich in Geduld, für die Sie später reichlich belohnt werden.
Manfred Gburek, 14. Mai 2010
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Quelle: » gburek.eu