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Warten auf den großen Knall

Stellen Sie sich manchmal nicht auch die folgenden Fragen: Warum profitiere ich eigentlich mit meiner Anlage in Goldbarren und -münzen vom fallenden Euro? Also von etwas Negativem, weil ja die Kaufkraft des Euro schwindet, und das nicht nur im Vergleich zum Gold, sondern auch zum Dollar? Dessen Kaufkraft wiederum schwindet ebenfalls im Vergleich zum Gold, wenngleich zurzeit weniger als die Euro-Kaufkraft. Ist schwindende Kaufkraft nicht gleichbedeutend mit Inflation? Was sind die Währungen bei dieser Art von Inflation noch wert? Und muss nicht irgendwann in nächster Zukunft der große Knall kommen, wenn nämlich mehr Menschen als heute bewusst wird, dass Währungen als Wertaufbewahrungsmittel nichts mehr taugen, damit auch ihre Funktion als Wertmaßstab verlieren und sich bestenfalls noch als Tauschmittel eignen, das man möglichst schnell wieder in etwas anderes tauscht, um genug Kaufkraft zu haben?
Solche entscheidenden Fragen standen nicht auf der Agenda des G20-Gipfels in Südkorea, stattdessen Themen wie Staatsschulden (nicht mehr zu stoppen), Transaktionssteuern (heiße Luft), Hedgefonds (Feindbild Spekulanten), Ratingagenturen (haben vor der Finanzkrise den größten Mist hochgejubelt) usw. Bildlich ausgedrückt, versuchen sich die G20-Staats- und Regierungschefs vom Rand der Währungsprobleme langsam zu deren Zentrum vorzuarbeiten. Dabei sind sie aber noch nicht weit gekommen, und das hat einen einfachen Grund: Ein Konsens in der Währungspolitik ist heute noch nicht herzustellen; es muss erst zum großen Knall kommen, bevor eine Währungsreform in Kraft treten kann.
Früher, vor allem noch zu D-Mark-Zeiten, konnte man sich darauf verlassen, dass Gold an den Märkten als Anti-Dollar gehandelt wurde. Das heißt: Stieg der Goldpreis, fiel in der Regel der Dollar im Vergleich zur Mark, und umgekehrt. Dieser Zusammenhang war der Tatsache zuzuschreiben, dass man der Mark fast dieselbe Wertstabilität zutraute wie dem Gold. Ähnliches galt zeitweise für den Euro, nachdem er seine erste Schwächephase überwunden hatte. Doch spätestens seit diesem Jahr ist das anders: Der Goldpreis steigt im Trend (kurzfristige Rücksetzer inbegriffen), aber im Vergleich zum Euro steigt der Dollar. Das augenfälligste Ergebnis dieser Entwicklung ist ja der Goldpreissprung über 1000 Euro.
Bekanntlich greift die Europäische Zentralbank, also die für die Euro-Stabilität verantwortliche Instanz, mit ihrer Entscheidung zum Aufkauf minderwertiger Staatsanleihen in die Fiskalpolitik der Euro-Länder ein, denen sie damit helfen will, letzten Endes aber schaden wird. Die Bildersprache der Medien zu diesem ungeheuerlichen Schritt war treffend wie selten: Büchse der Pandora geöffnet, Geist aus der Flasche entlassen, Rubikon überschritten usw. Der Schaden wird in einem fürchterlichen Streit zwischen den Euro-Ländern bestehen, er ist geradezu programmiert. Denn die kommende fiskalische Hilfe für – sagen wir: Spanien, Italien und sogar Frankreich – verzerrt alles, und zwar letztendlich zu Lasten derer, denen vermeintlich geholfen wird.
Ein Vergleich mit früher hilft, diesen Faden fortzuspinnen: Von den 60er bis zu den 90er Jahren wurden Peseten, Lire und Franc einfach abgewertet und die Wettbewerbsfähigkeit der drei Länder dadurch für eine begrenzte Zeit wieder hergestellt. Heute ist das mit dem Euro nicht mehr möglich. Insofern sind deutsche Exporte begünstigt, solange die Produkte unserer Unternehmen wegen ihrer Qualität und nicht zuletzt auch wegen der rechtzeitigen Erschließung asiatischer Märkte mehr gefragt sind als die der Unternehmen aus Spanien, Italien oder Frankreich. Das kann den Regierungen dort aber nicht recht sein, und deshalb schließen sie sich mehr oder weniger gegen Deutschland zusammen.
Damit rückt neben der fiskalischen, geldpolitischen und wirtschaftlichen Komponente noch eine ganz andere in den Vordergrund, wie sie zeitweise aus Anlass der Parolen während der griechischen Unruhen zu vernehmen war: die massenpsychologische. Sie wird sich während der kommenden Jahre in der Weise auswirken, dass die Deutschen für ihre Tüchtigkeit eine hohe Strafe zahlen müssen, nämlich indem sie noch mehr als bisher zum Durchpäppeln der anderen Euro-Länder herangezogen werden. Auch die Alternativen zu diesem Szenario wurden schon hinreichend diskutiert, vor allem der Austritt einzelner Länder aus der Euro-Zone und die Wiedereinführung der D-Mark in Deutschland. Um eine weitere Alternative, die geordnete Insolvenz einzelner Länder, ist es in letzter Zeit etwas stiller geworden. Klar, denn die Banken, die an Wackelkandidaten-Länder Kredite vergeben haben, möchten nicht auch noch die abschreiben. Die Stille dürfte allerdings nicht mehr lang anhalten.
Ich denke, die hier geäußerten Gedanken reichen aus, um das vorläufige Fazit zu ziehen, dass uns nach dem mit viel Tamtam begleiteten G20-Gipfel noch viele währungspolitische Nicht-Ereignisse
ins Haus stehen, bevor – nach dem großen Knall – endlich eine Währungsreform kommt, die diesen Namen verdient. Bis dahin wird die Flucht in Sicherheit anhalten, wobei es spannend sein wird zu verfolgen, wann internationale Großanleger sich von deutschen Bundesanleihen als Sicherheitsvehikel verabschieden. Sobald es dazu kommen wird, können Sie sicher sein, dass der Goldpreis den nächsten Schub nach oben bekommt.
Wer Gold besitzt, braucht also nur in aller Ruhe abzuwarten, bis sein Preis weiter steigt. Oder um es nüchterner auszudrücken: Bis die Kaufkraft des Goldes seinen wahren Wert widerspiegelt, während die Kaufkraft der Währungen – egal welcher – gegen Null tendiert. Noch etwas zum zeitlichen Rahmen: mit großer Wahrscheinlichkeit in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts. Und zur Dimension: Grenze nach oben offen.

Manfred Gburek, 4. Juni 2010

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » gburek.eu