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Die Märkte wollen Punk Rock

Freitag, 23. September 2011, 05:47
von Miriam Kraus
Bevor ich gleich auf weitere Eurozonen-Zukunfts-Varianten zu sprechen komme, unterhalten wir uns doch noch kurz über den FED-Twist. Wie ich gestern ja schon schrieb, erscheint mir dieser Tanz sinnlos, zumindest in Bezug auf das angestrebte Ziel - und auch die Märkte sehen das augenscheinlich genau so. Die Aktienmärkte schließen heute tiefrot, der Euro ist gefallen und die Ölpreise wieder eingekracht.

Warum? Nun ganz einfach, wer es in den letzten 3 Jahren gewohnt war, nur zu hartem Punk Rock (mein neues Synonym für QE3) zu tanzen, der steht für einen Twist nicht mehr auf. Anders könnte man auch sagen: für all die bestehenden Probleme der US-Wirtschaft reicht ein bloßes Umschichten in Anleihen mit längerfristigen Laufzeiten offenbar nicht aus.

Natürlich ändert auch ein QE3 langfristig nichts an den grundlegenden Problemen der US-Wirtschaft, doch ohne QE3, bleibt den Märkten gar nichts anderes übrig, als die Realität zu spielen, die eben so aussieht, dass die Märkte in Wahrheit gar nicht tanzen können. Im Gegensatz dazu kann zu Punk Rock jeder tanzen - auch der, der gar nicht tanzen kann...

Hinzu kommt, dass das ganz ehrliche Eingeständnis der FED, bezüglich der desolaten Aussichten hinsichtlich der Konjunkturentwicklung, nicht gerade zur Freude beiträgt. Vor allem dann nicht, wenn die FED sich auch noch dem, in den Augen der Marktteilnehmer letzten Rettungsmittel, verschließt. Auch der Beschluss Einkünfte aus auslaufenden Hypothekenpapieren wieder zu reinvestieren, zeigt im Grunde nur noch einmal den nach wie vor miserablen Zustand des US-Immobilienmarktes auf.

Aus all dem folgt zum einen, dass das Vertrauen in die FED gelitten hat. Denn diese wird nun als "twistendes Weichei" empfunden und nicht mehr als der "harte Rocker".

Zum anderen folgt gerade daraus die Einsicht, dass die Probleme immer brisanter werden und (was vielleicht die schlimmste Einsicht ist), dass die Problemlösung auf den Schultern der Politik ruhen muss.

Genau so, wie im Übrigen, leider auch in der Eurozone. Und damit unsere Polit-Indianer auch wissen, welche Möglichkeiten ihnen für die Zukunft bereit stehen, haben wir uns ja schon am Montag mit einigen möglichen Varianten für die weitere Entwicklung der Eurozone beschäftigt. Dabei hatte ich Sie gebeten, mir Ihre eigenen möglichen Varianten mit zu teilen.

So könnte es auch weitergehen...

Leser F. schreibt zur möglichen Zukunft der Eurozone:

Hallo Frau Kraus,

erstmal ein Kompliment an Sie und Ihren Newsletter! Es ist mir jedes mal eine Freude diesen zu lesen!

Aber was halten Sie denn noch von dieser Variante:

Deutschland steigt temporär (oder endgültig) aus der Eurozone aus! Mit der Folge der Abwertung des EUR zur (neuen) DM und anderen Währungen, so dass die schlimmsten Schuldenstaaten wieder international wettbewerbsfähiger werden und ihre Schulden abtragen können.

Deutschlands Export wird's hingegen stark treffen (aber was tut man nicht alles für das Wohlergehen der anderen?). Diese Entwicklung wird quasi im Moment schon von den Aktienmärkten (DAX schwächster Index seit Jahresanfang) und Bondmärkten (Bund Future auf alltime high, weil Deutschland keinen Beitrag mehr zur Transferunion leisten wird) vorweggenommen.

Deutschland kann sich aber auch mit einer starken Währung und aus eigener Kraft erholen, auch wenn's Jahre dauern wird. Mit einem schwachen Euro haben auch die anderen Länder diese Chance. Aber auch das wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern...

Könnte das Ihrer Meinung nach auch eine Option für die Zukunft sein?

VG und weiter so!

Herr F. Vielen Dank!

Sie sprechen hier eine sehr interessante Variante an und auch Ihre Schlussfolgerungen halte ich für absolut realistisch. Hierbei gibt es jedoch einige Punkte zu beachten: zum einen müsste für einen Ausstieg Deutschlands aus der Eurozone zunächst der tatsächliche politische Wille innerhalb Deutschlands vorhanden sein. Ein Eindruck, welchen die deutsche Politlandschaft bei mir noch nicht hinterlassen hat.

Aber gehen wir einmal davon aus, dieser politische Wille bestünde...Sie haben vollkommen Recht, in diesem Falle würde ich mir die meisten Sorgen um den deutschen Exportmarkt machen. Allerdings nicht nur in Bezug auf die dann folgende Aufwertung der neuen D-Mark, sondern auch in Bezug auf die europäischen Absatzmärkte. Denn mit dem Fortgang Deutschlands fällt die letzte und stärkste Bastion der Eurozone - mithin ergibt sich daraus ein absolut freies Schussfeld auf alle in der Rumpf-Zone verbleibenden Staaten, beginnend bei den schwächsten.

Ein Zustand den mit Sicherheit andere, stärkere Volkswirtschaften, wie die Niederlande, Luxemburg, Österreich oder Finnland vermutlich nicht hinnehmen würden und sich somit der Reihe nach wohl ebenfalls für den Austritt entscheiden würden. Damit allerdings wäre dann ein schlussendliches komplettes Auseinanderbrechen der Zone wohl vorprogrammiert - mit allen Folgen, wie Banken- und Weltwirtschaftskrise, sowie langen Stagnationsphasen.

Dennoch empfinde ich Ihren Gedankengang als sehr aufschlussreich! Wenn ich an dem Punkt der, ich sage einmal, Trennung, weiterspinnen darf...

Eine weitere Möglichkeit wäre die Einführung eines Zweit-Euros im Zusammenschluss der stärkeren Volkswirtschaften. Natürlich wäre die alte Restzone, bestehend aus den schwächeren Volkswirtschaften mit dem alten Euro, auch in diesem Szenario den Märkten vollkommen schutzlos ausgeliefert. Und natürlich bedeutet eine solche Umstellung einen deutlichen und auch kostspieligen Aufwand, abgesehen davon, dass alle bisherigen Hilfsleistungen abzuschreiben sind und auch dann eine regional begrenzte Bankenkrise entstehen würde. Darüber hinaus stellt sich mittlerweile vehement die Frage, bei welchen Staaten die Grenze zwischen altem und neuem Euro überhaupt gezogen werden könnte. Dennoch könnte diese Variante zumindest dem dann entstehenden Verbund stärkerer Volkswirtschaften ein wenig mehr Schutz bieten. Allerdings wäre es wohl auch ratsam, trotzdem gewisse Transferelemente einzubauen (insbesondere dann innerhalb der Zweit-Euro-Zone, um dieser zu einer neuen Form der Stärke zu verhelfen). Denkbar wäre auch, um den politisch motivierten europäischen Gedanken aufrecht zu erhalten, die neue Zweit-Euro-Zone nicht vollkommen starr zu belassen, sondern tatsächlich auch die Möglichkeit zum Wechsel in diese anzubieten. Allerdings sollten dann die Zugangsbedingungen entsprechend hoch ausfallen, so dass wohl mit weiteren Eintritten nicht über einen längeren Zeitraum hinweg gerechnet werden kann.

Nun ja, wie gesagt, es handelt sich hierbei nur um ein Gedankenspiel. Herr F. sollten Sie hierzu noch Ergänzungen oder auch andere Ideen haben, freue ich mich, wenn Sie mir diese mitteilen.

So long liebe Leser...damit verabschiede ich mich für heute und freue mich, wenn wir uns morgen, wie gewohnt, zum Wochenrückblick wiederlesen...Herr F. Noch einmal Vielen Dank für Ihren Kommentar...wie gesagt, zögern Sie, liebe Leser, nicht, wenn Sie noch weitere Ideen haben...liebe Grüße und bis morgen...

Ihre Miriam Kraus

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » http://www.investor-verlag.de