Ansteigende Comex-Lagerbestände
Wie es periodische immer wieder vorkommt, sind in letzter Zeit die Lagerbestände an Silber in den COMEX-zertifizierten Lagerhäusern angestiegen. Während ich dies schreibe, ist der gesamte Silberbestand auf 131 Mio. oz angewachsen, in den letzten paar Wochen um 11 Mio. oz. Verständlicherweise führt das unter den Silberanlegern zu Irritationen, denn sie haben Schwierigkeiten zu verstehen, wie die Bestände in Zeiten der Knappheit und des Defizits zunehmen können.
COMEX Lagerhausbestände sind nur eine Kategorie der gesamten weltweiten Silberbestände. Natürlich sind das die am besten überwachten Bestände (zusammen mit dem Silber-ETF), und daher ist es wichtig, wesentliche Änderungen zur Sprache zu bringen. Wenn es einen Anstieg gibt, möchte jedermann wissen: "Woher kam es?" Leider ist es gewöhnlich nicht möglich, die Antwort zu geben. Ich glaube, dass dies eine nicht zu beantwortende Frage ist und deshalb verschwende ich keine Zeit damit. Lieber verbringe ich meine Zeit mit dem Nachdenken über das, was man wissen kann und ziehe dann aus diesen Daten meine Schlüsse.
Was wir wissen, ist, dass jeden Tag insgesamt 1,75 Mio. oz Silber aus der Erde gefördert werden. Wir wissen ebenfalls, dass die Welt mehr als das jeden Tag verbraucht, nämlich über 2 Mio. oz (die Differenz kommt vom Recycling und Lagerabbau). Wir wissen, dass die grundsätzliche Produktions/Verbrauchs-Struktur in der Welt über 60 Jahre existiert hat. Daher wissen wir, dass jeder Zuwachs bei der COMEX oder jedem anderen veröffentlichten Bestand nicht aus einem Überschuss oder einer den Verbrauch übersteigenden Minenproduktion stammen kann.
Wenn wir wissen, woher das Silber nicht kommen kann, dann haben wir einen wesentlich klareren Weg, um festzustellen, woher es kommt. Wenn wir wissen, dass es nicht von der laufenden Produktion kommen, dann wissen wir, dass es von früherer Produktion kommen muß bzw. aus ehemaligen Beständen. Mit anderen Worten: Jede Zunahme an der COMEX oder jedem anderen transparenten Lagerbestand muss aus einer nicht transparenten oder nicht veröffentlichten Quelle kommen. Folglich dessen ist jeder Zuwachs der veröffentlichten Bestände das Ergebnis einer Abnahme der nicht veröffentlichten Kategorie. Dies ist kein Zuwachs, sondern eher ein Transfer.
Natürlich werfen solche Transfers andere Fragen auf. Wie groß ist die unveröffentlichte Kategorie? Auch auf diese Frage kann man keine Antwort geben, aber ich schätze, sie beläuft vielleicht auf Hunderte Millionen Unzen, vielleicht sogar mehr. Oder aber auch wieder weniger, viel weniger. Auf jeden Fall find ich es nicht produktiv, jetzt über Dinge nachzudenken, die ich nicht wissen kann. Und falls es noch umfangreiche, unveröffentlichte Silberbestände gibt, dann heißt das noch nicht, dass sie auch zu den derzeitigen Preisen zu kaufen sind. Nur der Besitzer des Silbers, falls er existiert, kann diese Frage beantworten. An eine Sache sollte dabei gedacht werden: Wir reden über einen Transfer von Millionen oz und nicht Milliarden oz, wie es noch vor 50 Jahren hätte geschehen können.
Es gibt eine Frage, über die es sich zu spekulieren lohnt. Warum findet der Transfer von unveröffentlichter zu veröffentlichter Kategorie überhaupt statt? Genauer gefragt, ist es ein gewollter oder ein ungewollter Transfer? Ich kann gerade auch nicht mit einem triftigen Argument dienen, warum jemand freiwillig unveröffentlichtes Silber in den transparenten Lagerbestand transferiert. Silber hat sich seit Jahren im Preis gehalten, warum sollte man es jetzt bewegen, da die Knappheit auch bei anderen Rohmaterialien so offensichtlich ist und der ETF alles verschlingt, was in Reichweite ist?
Ich denke, das Silber kam dazu, weil man die kommende Liefernachfrage für die Kontrakte zum Mai-Termin decken wollte. Lassen sie uns hier unterbrechen. Ich sage Ihnen kurz heraus meine Einschätzung der Lage. Auch wenn ich der einzige bin, der großen Wind um die konzentrierte Short-Position bei den COMEX-Silber-Futures macht, so ist sie dennoch eine sehr große Sache. Diese Short-Position steht im Zentrum von Manipulation, Rohstoffmarktgesetzen und Regulierung.
Dem jüngsten Commitment of Traders Report zufolge haben die 4 (oder weniger) größten Trader an der Comex das Equivalent von 145 Tagen Produktion short oder aber mehr als 253 Millionen oz. Das ist unerhört und stinkt zum Himmel. Kein anderer Rohstoff würde mit einer solch konzentrierten Short-Position auch nur einen Kilometer weit kommen. Die Aufsichtsbehörden der Börse als auch der Regierung wissen, wie ernst das Problem ist. Mein Gefühl sagt mir, dass der Anstieg in den COMEX-Beständen mit der konzentrierten Short-Position in Verbindung steht. Die Aufsichtsbehörden setzen die “Shorts“ unter Druck; sie sollten ihre obszön große Short-Position rechtfertigen, indem sie mehr reales Silber vorzeigen als bisher.
Wenn ich richtig liege und die großen “Shorts” plötzlich im Rampenlicht stehen, dann könnten das schlechte Nachrichten für sie sein und gute Nachrichten für alle Silberinvestoren. Das bloße Hinzugeben von ein paar Millionen oz Silber lässt das Problem der konzentrierten Short-Position nicht verschwinden. Man muss zu einer Lösung kommen und diese wird dann für jene überaus nutzbringend sein, die physisches Silber halten. In der Zwischenzeit sollte steigende Bestände willkommen sein und nicht gefürchtet werden. Jede Unze, die zu Tage tritt, ist eine im Dunkeln gelassene Unze weniger.
© Theodore Butler