US-Finanzsystem vor Kollaps?
Von Michael Mross Donnerstag, 26. Juni 2008
Eine mögliche Pleite von Chrysler könnte ein finaler Stressfaktor für das US-Finanzsystem werden.
In den USA herrscht Alarmstufe rot. Nicht wegen Terror, sondern wegen der Autobauer. Hat die Kreditkrise den Bankensektor schon auf das Äusserste strapaziert und einige Kredithäuser bereits an den Abgrund gebracht, so könnte eine Pleite in der Autoindustrie das berühmte Faß zum Überlaufen bringen.
Der Hedgefonds Cerberus, benannt nach dem dreiköpfigen Höllenhund, hat die Übernahme von Chrysler mit Krediten finanziert. Geht Chrysler, dann geht auch Cerberus unter - und mit dem Hedgefonds die beteiligten Banken.
Schon jetzt steht für Insider fest, dass alle Autobauer in den USA praktisch Bankrott sind. Sie sitzen auf Milliarden Schulden, die mit Sicherheit kaum mehr zurückbezahlt werden können. Doch solange es noch keine Pleite gibt, hält sich das System mit Müh und Not am Leben.
Sollte es jedoch zum Worst Case kommen, dann droht der endgültige Kollaps des Finanzsystems und eine schnelle Beerdigung des Dollars.
Cerberus hat die Übernahme von Chrysler selbstverständlich mit Krediten finanziert. Sollte Chrysler nun Bankrott gehen, oder Chapter 11 anmelden, dann geht nicht nur Cerberus über die Wupper, sondern damit auch die Bank, bzw. das Bankenkonsortium, welches Cerberus die Kredite ausgegeben haben.
Eine Pleite von Chrysler hätte sofort einen Flächenbrand bei allen US-Autobauern zur Folge. Ob General Motors oder Ford, alle Autobauer arbeiten am Limit. Alle leiden unter sinkenden Verkäufen. Vielerorts sind die Spritschlucker einfach nicht mehr an den Mann zu bringen. Folge: Auch GM und Ford, die einzig durch Kredite über Wasser gehalten werden, droht der Untergang.
Schon jetzt wird es immer schwieriger für die Unternehmen, überhaupt noch an neues Geld heranzukommen. Überleben ist praktisch nur noch mit neuen Schulden möglich. Doch diese gibt es nur noch zu Horrorzinsen, ein weiterer Sargnagel für die amerikanische Autoindustrie.
Chrysler zum Beispiel muss für seinen Milliardenkredit von Daimler als Zinssatz ein Aufschlag von sieben Prozent über dem üblichen Bankenzinssatz Libor zahlen. Zu ähnlich hohen Zinssätzen dürften auch die Finanzierungen bei den anderen Autobauern ablaufen. Der hohe Zinssatz ist ein Indikator, dass der Gläubiger mit einer hohen Ausfallwahrscheinlichkeit rechnet. Schon jetzt gelten viele Anleihen der Autobranche in den USA nur noch als "Ramschanleihen", von denen die Marktteilnehmer ausgehen, dass sie praktisch nicht mehr zurückgezahlt werden können.
Ein Aus bei Chrysler hätte sofort verheerende Folgen. Der Kreditfluss bei den anderen US-Autounternehmen würde plötzlich abreißen. Ohne frischen Kredit aber droht akute Lebensgefahr. Zusätzlich würden auch die Schulden der anderen Autounternehmen in die Nähe der Wertlosigkeit gerückt - auch wenn Gläubiger natürlich als Erste Zugriff auf die Insolvenzmasse haben. Nur: Die Schuldenhöhe ist einfach so gigantisch, dass für alle Gläubiger zusammen nur noch ein paar Brosamen übrig bleiben.
Werden aber die Schulden der Autobauer wertlos, dann haben wiederum die Banken ein Problem, denn sie sind die Hauptgläubiger. Im Prinzip ist dies eine ausweglose Situation, die zum völligen Bankrott des US - Finanzsystems führen könnte.
Die Auswirkungen auf den Dollar dürften katastrophal sein. Geht aber der Dollar in den Sturzflug über, dann werden die Dollar - Halter wie China und viele Öl exportierende Länder sofort die Währung abstossen. Ein Dominoeffekt für die gesamte Weltwirtschaft wäre unausweichlich. Das wäre dann das Ende der großen Kreditbubble in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends - und sie wird als solche dann auch in die Geschichte eingehen.
Bis jetzt ist unklar, wie dies verhindert werden kann.
Quelle: mmnews.de
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