Nicht Austricksen lassen
Diese Woche bekamen wir wieder deutliche Aussagen von Finanzminister Hank Paulson sowie vom US-Notenbankchef Ben Bernanke zu hören, in Bezug auf die Erwünschtheit eines "starken Dollars" und den Willen der Politik, Strategien zu verfolgen, die seinen Wert steigern werden. Zur Erleichterung vieler reagierte der Dollar auf die moralische Unterstützung und startete zu einer leichten Erholung. Dieser Schachzug ist jedoch inkonsequent. Die harte Wirklichkeit hat sich nicht im Geringsten verändert, der Dollar muss unweigerlich seinen übergreifenden Abwärtstrend beibehalten.
Auch wenn sich einige Investoren von solchem Gerede bewegen lassen, nicht so die erfahrenen internationalen Akteure, die den Devisenmarkt größtenteils bestimmen. Warum bärische Stimmung, wenn doch Bullisches aus Washington zu hören ist?
Ersten ist die politische Lage dahingehend, dass Paulson und Bernanke den Giftbecher von ihren Vorgänger überreicht bekommen haben. Weil seit Jahrzehnten mehr verbraucht als produziert wurde, stehen die Amerikaner jetzt vor der harten Wirklichkeit - ein abnehmender Lebensstandard. Diese unvermeidlichen Rückgänge wurden durch eine Reihe von massiven Liquiditätsspritzen des ehemaligen Chefs der Notenbank Greenspan überdeckt. Das geschah, um die politischen Kosten zu umgehen, die eine Rezession als natürliche korrektive Medizin mit sich bringt. Das war der Treibstoff den für den Dot.Com- und Immobilien-Boom. Die aktuellen Liquiditätsspritzen treiben die Inflation bei Nahrungsmitteln und Energie voran.
Das Problem der Politik ist, dass große Teile der Wählerschaft anfangen zu verstehen, dass ein schwacher Dollar nicht einfach nur das Problem jener ist, die in Paris Urlaub machen. Die Menschen verstehen ganz von selbst, dass ein fallender Dollar die Lebenshaltungskosten erhöht. Es gibt also sehr gewichtige politische Gründe für die Notenbank und das Finanzministerium, unverblümt über den Dollar zu sprechen. In seiner Ansprache vor dem Kongress stellte Bernanke fest, dass die Dollarstärke "von oberster Priorität" sei. Bemerkenswerterweise sagte er nicht, dass er "die" oberste Priorität ist.
Die politische Wirklichkeit des anhaltenden Schwunds amerikanischen Reichtums hat ihnen die Hände gebunden und ebenso das Zögern der politisch Verantwortlichen, der Öffentlichkeit vollen Einblick in das Ausmaß des Problems zu gewähren. Dennoch haben sie einen Mund, der frei beweglich ist.
Während die Inflation auf lange Sicht größeren wirtschaftlichen Schaden anrichtet, verursacht eine Rezession auf kurze Sicht größeren "politischen" Schaden. In einem Wahljahr wird es wohl kaum überraschen, dass die kurzfristigen Probleme den Löwenanteil der Aufmerksamkeit bekommen. Der Rest der Welt ist jedoch nicht annähernd so stark mit diesen politischen Fragen beschäftigt und zieht es eher vor, die Inflation zu bekämpfen als eine Rezession.
Zweifellos sehen Bernanke und Paulson die akute Gefahr, die bei Zinssatzerhöhungen droht, will man die Inflation bekämpfen und den Dollar verteidigen. Die bestehende Rezession gründet sich auf einen Immobilienkollaps mit gigantischen Ausmaßen, sie könnte sich viel zu leicht zur einer Depression mausern, wenn die Zinssätze angehoben werden. Vor dem Hintergrund dieser erschreckenden Ausblicke kann es nur wenig verwundern, dass Bernanke und Paulson mehr darauf bedacht sind, eine Depression zu vermeiden.
Wie für einen Tackler im American Football oder beim Rugby bringt es also nichts zu schauen, was der Gegner mit seinen Augen, Armen oder dem Mund "sagt", es kommt darauf an, was er mit seinen Füßen macht! Wenn man die Finte übersieht und sich ausschließlich auf das Fundamentale konzentriert, kann man ohne große Probleme festzustellen, dass die US-Notenbank eine Inflationspolitik verfolgt und die Entwertung des Dollars. Sie können also weiterhin von schwacher bis neutraler Aktivität bei den Zinssätzen ausgehen, einhergehend mit einer allgemeinen Schwäche des US-Dollars.
Da diese Haltung wahrscheinlich auch bis weit ins Jahr 2009 beibehalten wird, könnte das internationale Vertrauen in den US-Dollar so tief fallen, dass der besondere "Reservestatus" bald vom Euro angefochten werden könnte. Diese Möglichkeit könnte wahrscheinlicher werden, wenn die Europäische Union mit dem 1. Januar 2009 ein souveränes Staatengebilde geworden ist.
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© John Browne, Senior Market Strategist
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