Geschnetzeltes vom 24. Juli 2008
Wöchentlicher Kommentar von Frank Meyer um 19:25:41 Uhr 24.07.08
Eine rote Farbspur, wie die an der Berliner Siegessäule, zog sich heute durch die Märkte. Der Dax bekam nach seiner 10%-igen Sommermärchen-Ralley einen Tritt. Am Morgen feierte man noch die Rettungsaktion für Fannie Mae und Freddie Mac. Selbst der Dollar freute sich erstaunlicherweise darüber und stieg. Doch auch er weiß, dass er immer mehr grüne Geschwister bekommt. Es war nie sein wirkliches Problem, nur das derer, die ihn hatten und haben. Wieviel der Notfallplan für Fannie und Freddie kosten wird, liegt im Nebel. Auch heute noch kann keiner den Schaden beziffern, der mit dem US-Immobilienmarkt zusammenhängt. Aber eins ist klar: Man wird die zu dick gewordenen Geschwister und viele ihrer Neffen nicht untergehen lassen (können), koste es was es wolle. Der Steuerzahler wird dafür bluten. Ganz nebenbei sind die Hypothekenzinsen inzwischen rasant durch die Decke gegangen. Fröhlich auf in die nächste Refinanzierungsrunde!
Derbe Schläge musste Daimler einstecken. Die Rohstoffkosten und die Reste von Schrempps Welt AG nagen an den Bilanzen. Deshalb senkte Daimler die Prognose für 2007. Der Stern leuchtete an der Börse heute um 10 Prozent weniger. Die Aktie hat sich binnen weniger Monate halbiert. Und keiner hatte es geahnt, aber auf das Gegenteil gehofft.
Bei den Zahlen von Volkswagen hat man offenbar einige Augen zugedrückt. Schließlich laufen am 31. Juli die Optionen aus, die von Porsche ausgeübt werden, um die Mehrheit an den Wolfsburgern zu bekommen. Inzwischen ist Volkswagen so groß wie Daimler und BMW zusammen. Und man hört und liest immer wieder, dass VW wesentlich mehr produziert als man verkaufen kann. Schöne Zahlen dank einer Produktion für die Halde? Wo stehen diese Autos eigentlich herum?
Die Beratungsgesellschaft Deloitte erwartet ein Sterben von 5000 Autohäusern in Deutschland in den nächsten zwei Jahren. Von den gegenwärtig 30.000 Autohäusern werden nur 25.000 übrig bleiben. Goldene Zeiten für Autokäufer, finanzielle Mittel und Bonität vorausgesetzt.
Das Ifo-Institut hat heute - überraschend natürlich - das Ende des Aufschwungs bekanntgegeben. Das wird die Bundesregierung nicht sonderlich freuen, denn die Experten sprachen vor wenigen Wochen noch von einem sich selbst tragenden Aufschwung. Auch der Einzelhandelsverband erwartete noch im Frühjahr, dass vor allem der Verbraucher wegen der gestiegenen Einkommen (?) fröhlich mit Geld um sich wirft. Tut er aber nicht! Die Einzelhandelsumsätze sinken trotz Preissteigerungen und selbst die Schnäppchen im Sommerschlussverkauf lassen die Konsumenten kalt. Das melden die Einzelhändler.
Für den Präsidenten des Ifo-Instituts Hans Werner Sinn war wahrscheinlich kein schöner Tag. Es zeigt sich inzwischen, dass seine Prognosen zur deutschen Wirtschaft nicht eintreffen, um nicht zu sagen, seine Prognosen waren teils Un-sinn. Im März 2007 sagte er: "Der Boom könnte bis Ende des Jahrzehnts dauern". Im Juni 2008 findet sich folgender Satz: „Der Abschwung der Weltwirtschaft hat begonnen und wird auch Deutschland erfassen, aber noch nicht in diesem Jahr.“ Den Pessimisten sei gesagt, dass das Ifo-Institut eine Rezession in Deutschland ausschließt.
Rote Zeichen dominieren die Edelmetalle. Binnen kurzer Zeit wurden auch hier ein Eimer mit rote Farbe angerührt und über den Terminmarkt gekippt. Oder haben Zentralbanken Gold verkauft? Man weiß es nicht. Gold und Silber durchbrachen jedenfalls wichtige Unterstützungen. Und viele Depots fuhren fröhlich gehebelt tiefer ins Minus. Diese Korrekturen, wenn man sie mal so nennen darf, kommen wie der Blitz aus heiterem Himmel.
Silberexperte Theodore Butler stellt in seinem letzten Bericht die Frage, warum man bei Banken die Shorts verbietet und sie damit schützt, während in anderen Märkten die Leerverkäufer den Markt verzerren. So sind bei Silber 380 Mio. Unzen bzw. 211 Tagesproduktionen von nur acht Händlern leerverkauft worden. Bei Öl sind drei Tagesproduktionen short und zwei Tagesproduktionen long. Die bösen Spekulanten....
Zum Ende eine Beobachtung eines Kollegen: Ihm ist aufgefallen, dass die Taxis in Köln auch nicht mehr das sind, was sie einmal waren. Er kam heute ziemlich irritiert zur Arbeit, denn er saß in einem Dacia Logan und fand folgenden Umstand ungerecht: Ein Taxifahrer, der für 50.000 Euro einen dicken Wagen kauft, ist einem anderen Chauffeur gleichgestellt, der mit einem 10.000 Euro teuren Auto unterwegs ist. Die Fahrt im Dacia kostet genau soviel wie die Fahrt in einem Daimler. In einem Buch über die 100 prominentesten Rechtsirrtümer steht, dass ein Fahrgast nicht das erste Taxi in einer Schlange nehmen muß. Das gibt vielleicht Zoff unter den Taxifahrern, aber hier funktioniert der freie Markt noch. Man muss es nur wissen.
© Frank Meyer
Quelle: http://blog.frank-meyer.tv
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