Investoren zittern vor Bondblase
von Tobias Bayer (Frankfurt)
Ist der sichere Hafen noch sicher? Nachdem die Anleger massenweise amerikanische Staatsanleihen gekauft haben, wächst die Furcht vor einer harschen Korrektur. Besonders das gewaltige Staatsdefizit der USA könnte bald einen heftigen Ausverkauf nach sich ziehen.
Die Aufforderung von Mohamed El-Erian könnte eindeutiger nicht sein: "Nichts wie raus aus amerikanischen Staatsanleihen. Sie sind sehr, sehr teuer." El-Erians Urteile haben Gewicht. Er ist Chief Investment Officer von Pimco - die Allianz-Tochter ist der größte Bondinvestor der Welt.
Nach dem Platzen der Hausmarkt- und Rohstoffblase droht nun womöglich die nächste heftige Trendwende in einer der sichersten Anlageklassen: Mehr und mehr Experten halten US-Staatsanleihen halten für überkauft. Die großen Anleihehändler sprechen 2009 sogar vom ersten Verlustjahr für US-Staatspapiere seit zehn Jahren. "Ein Bärenmarkt für Staatsanleihen ist möglich. Er könnte 10 bis 20 Jahre anhalten", schreiben die technischen Analysten der UBS in einem Researchbericht.
Primärhändler sagen Ende des Booms voraus
Ein regelrechter Boom würde damit zu Ende gehen. Im Zuge der Kreditkrise flüchteten die Anleger in Treasuries, was die Rendite zehnjähriger Papiere von 3,85 Prozent Mitte November auf zwischenzeitlich 2,2 Prozent trieb. Dabei gilt: Kurse und Renditen bewegen sich gegenläufig. Angetrieben wurden die Kurse von fallenden Aktienmärkten und einem regelrechten Verschwinden jeglichen Risikoappetits.
Seit Jahresbeginn steigen die Renditen jedoch wieder. Allein in den vergangenen vier Tagen legten sie bei zehnjährigen Treasuries um fast einen halben Prozentpunkt zu. Am Dienstag lag sie kurz bei 2,6 Prozent, das war das höchste Niveau seit Mitte Dezember. "Wir sahen im vergangenen Jahr heftige Gewinne, weil die Investoren sichere Häfen suchten. Jetzt kehrt sich der Trend um", sagte Tom Tucci, Leiter US-Bondhandel bei RBC Capital Markets.
Die 17 großen Staatsanleihenhändler in den USA gehen im Durchschnitt davon aus, dass zehnjährige Treasuries dieses Jahr 3,1 Prozent ihres Werts einbüßen. Das wäre der erste Verlust seit 1999, als die Papiere 8,3 Prozent verloren. Die Konsensprognose für die zehnjährige Rendite steht bei 2,95 Prozent.
Hauptverantwortlich für das Umdenken sind die amerikanischen Staatsfinanzen. Den Vereinigten Staaten droht ein heftiges Defizit, das wegen des Konjunkturpakets des designierten Präsidenten Barack Obama im Umfang von möglicherweise mehr als 775 Mrd. $ weiter anschwellen dürfte.
Das Finanzministerium kündigte bereits an, in den kommenden zwölf Monaten 2000 Mrd. $ an Schulden aufzunehmen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr begab die Regierung nur 892 Mrd. $ an neuen Papieren. Dieses Angebot wird den Umlauf weiter erhöhen. Im November waren 5820 Mrd. $ an Staatspapieren auf dem Markt. Das ist Rekord. 2007 waren es noch 4540 Mrd. $ gewesen.
Inflation statt Deflation
Auch die Geldpolitik spricht aus Sicht der Experten für steigende Renditen. Nicht nur senkte die US-Notenbank Fed den Leitzins auf das historische Tief von 0 bis 0,25 Prozent. Sie weitete überdies durch Wertpapierkäufe ihre Bilanz auf 2200 Mrd. $ und die Geldmenge von 825 Mrd. $ im Dezember 2007 auf 1658 Mrd. $ ein Jahr später aus. Angesichts dieser Ausdehnung gehen die Marktteilnehmer davon aus, dass die Deflationsgefahr 2009 schwinden und der Teuerungsdruck wieder steigen wird.
Begleitet werden könnte die Rückkehr der Inflation durch eine wirtschaftliche Erholung in den USA ab der zweiten Jahreshälfte 2009. "Steigen die Chancen für einen konjunkturelle Wende, dann wird diese vor allem für die US-Wirtschaft erwartet. Die längerfristigen Renditen in den USA sollten dann stärker anziehen als in der Eurozone", schrieben die Rentenanalysten der Commerzbank in einem Researchbericht. Sie empfehlen den Anlegern deshalb, auf eine sinkende Renditedifferenz zwischen Europa und der USA zu setzen.
JP Morgan und Merrill Lynch bleiben Bondbullen
Nicht alle Experten teilen diese Ansicht. Zu den prominentesten Befürwortern für weiter steigende Anleihenkurse zählen JP Morgan und Merrill Lynch. JP Morgan sieht die Rendite zehnjähriger Treasuries mittelfristig bei 1,65 Prozent, Merrill-Lynch-Volkswirt David Rosenberg prognostiziert einen Wert von 1,5 Prozent.
"Es ist eher wahrscheinlich, dass die Anleger weiterhin Staatsanleihen kaufen werden. In einer Welt, wo die meisten Volkswirtschaften in der ersten Jahreshälfte in der Rezession stecken werden, ist das die beste Strategie", sagte JP-Morgan-Chefvolkswirt Bruce Kasman Mitte Dezember.
Zumindest kurzfrisitig könnten Kasman und Rosenberg Recht behalten, räumen auch Verfechter niedriger Anleihenkurse ein. Nächstes wichtigste Datum ist Freitag: Dann wird der Arbeitsmarktbericht für Dezember veröffentlicht. Erwartet wird, dasss die Arbeitslosenquote von 6,7 auf 7,0 Prozent angestiegen ist. "Ich bin mir nicht sicher, dass wir uns in einer Blase befinden. Solange die Fed Staatspapiere aufkauft, bleiben die Renditen niedrig", sagte Andrew Brenner, Leiter strukturierte Produkte beim Brokerhaus MF Global.
Dieser Beitrag wurde nicht geprüft, www.silbernews.at übernimmt keine Verantwortung für Angemessenheit oder Genauigkeit dieser Mitteilung. Quelle: http://www.ftd.de