EU prescht bei Finanzaufsicht voran
von Wolfgang Proissl (Brüssel)
Die EU-Kommission will die Reform der europäischen Finanzmarktaufsicht im Eilverfahren durchboxen. Bereits im Mai will die Brüsseler Behörde dafür ein Finanzaufsichtspaket vorstellen.
Ziel ist es, dass die erneuerte Aufsicht schon im kommenden Jahr ihre Arbeit aufnimmt. "Die Gesetzesänderungen für diese Vorschläge folgen im Herbst und sollten rechtzeitig angenommen werden, damit die erneuerte Aufsicht im Laufe des Jahres 2010 einsatzbereit ist", heißt es im Entwurf eines Strategiepapiers, das Kommissionschef José Manuel Barroso am Mittwoch vorstellt. Das Papier liegt der FTD vor.
Die Kommission übernimmt bei ihren Vorschlägen in weiten Teilen die Ideen, die eine europäische Expertengruppe unter Leitung des früheren IWF-Chefs Jacques de Larosière vergangene Woche vorgestellt hat. Kernpunkt der Vorschläge ist die Schaffung eines Europäischen Systems für Finanzaufsicht (ESFS), in dem die nationalen Aufseher stärker miteinander vernetzt werden sollen.
Ziel ist es, den Informationsaustausch zwischen Aufsehern grenzüberschreitender Institute wie der Deutschen Bank, BNP Paribas oder HSBC klarer zu regeln.
Die Kommission folgt diesem Ansatz weitgehend. Sie schreckt damit wie die Expertengruppe vor einer einheitlichen EU-Aufsicht zurück. Denn dafür wäre eine Änderung des EU-Vertrags notwendig. Das hält die Kommission für politisch nicht durchsetzbar. "Der gegenwärtige Vertrag ist die Grenze", sagte Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia am Dienstag. Finanzmarktexperten bezweifeln jedoch, dass sich eine deutliche Verbesserung von Qualität und Kohärenz der Aufsicht in der EU mit einem Netzwerksystem erreichen lässt.
Allerdings will die Behörde in einem entscheidenden Punkt weiter gehen als de Larosière. Die Experten hatten vorgeschlagen, die kompetenzarmen europäischen Ausschüsse der Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufseher in EU-Agenturen mit mehr Entscheidungsmacht umzubauen. Die Kommission erwägt nun die teilweise oder vollständige Zusammenlegung dieser Agenturen mit dem Ziel einer "maximalen Aufsichtskohärenz".
Barrosos Behörde unterstützt weiter den Vorschlag der Experten, die Aufseher durch die Schaffung eines Europäischen Rates für Systemrisiken stärker in die Kontrolle von Risiken für die Stabilität des Finanzsystems einzubinden. Der Rat soll bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt sein.
Ob der ehrgeizige Kommissionszeitplan realistisch ist, gilt jedoch als fraglich. Wegen der Europawahlen ist das EU-Parlament im laufenden Jahr über Monate kaum funktionsfähig. Ähnliches gilt auch für die Kommission, deren Mandat im Herbst oder möglicherweise Ende 2009 endet.
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Quelle: » http://www.ftd.de
» 03.03.09 Steuern runter – und bloß keine Staatshil