Erster Streik in der EZB-Geschichte
Mitarbeiter kämpfen um Pensionen und mehr Mitbestimmungs-Rechte. Am 3. Juni streiten 1500 EZB-Mitarbeiter eineinhalbstunden lang.
Wien/Frankfurt. (höll). Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert auf den ersten Streik in ihrer Geschichte zu. Die Gewerkschaft IPSO hat die 1500 EZB-Mitarbeiter für den 3. Juni zu einem eineinhalbstündigen Warnstreik und zu einer Demonstration vor dem Gebäude der Zentralbank in Frankfurt aufgerufen. IPSO vertritt vor allem Beschäftigte in internationalen Organisationen.
Der Termin ist brisant, denn am 3. Juni beginnt die nächste EZB-Ratssitzung, zu der sich die Notenbankchefs aller Euro-Länder in Frankfurt einfinden werden. Mit dem Streik protestieren die EZB-Beschäftigten unter anderem gegen geplante Änderungen im Pensionssystem. So sollen die Bedingungen für den Pensionseintritt vor dem Alter von 65 Jahren erschwert werden. Auch bei den Zuschüssen soll es Reformen geben. Die Mitarbeiter müssen sich auf höhere Beitragszahlungen einstellen. Der EZB-Rat hat dem neuen System bereits zugestimmt.
Weiters will die Gewerkschaft die Zentralbank zu einem Rahmenabkommen über betriebliche Mitbestimmung bewegen. Ziel sei es, „das Bewusstsein über ein Demokratiedefizit in der EZB zu erhöhen“. Der Geschäftsbetrieb der Bank soll trotz des Warnstreiks nicht beeinträchtigt werden.
Opposition gegen OeNB-Privilegien
Die Vorgänge in Frankfurt werden auch in Österreich aufmerksam verfolgt. Denn auch bei der Wiener Nationalbank (OeNB) sorgt das üppige Pensionssystem für Wirbel. Ähnlich wie in Frankfurt legt sich in Wien die Personalvertretung gegen Änderungen quer. Von Streiks ist man in der OeNB aber weit entfernt. Denn OeNB-Chef Ewald Nowotny ist um einen Kompromiss bemüht.
In ganz Europa stehen viele Notenbanken unter Druck. Infolge der Finanzkrise ist der Gewinn stark zurückgegangen. Der Generalrat der OeNB wird heute über das Vorjahresergebnis und Einsparungen beraten.
Die Opposition sieht vor allem beim Pensionssystem Handlungsbedarf. Trotz diverser Reformen fallen noch immer rund 2000 OeNB-Mitarbeiter (davon 500 bis 600 aktive) unter das alte, relativ teure Dienstrecht. Sie bekommen rund 80 Prozent des Letztbezuges als Rente ausbezahlt. Dem Vernehmen nach reichen die Pensionsrückstellungen nicht mehr aus. Wie die „Presse“ am Wochenende berichtet hat, wird daher über einen jährlichen Zuschuss von 100 Mio. Euro diskutiert. Die Grünen und das BZÖ sind darüber empört. „Die rot-schwarze Bundesregierung stellt den Präsidenten, den Vizepräsidenten und sechs weitere Generalräte. Der Vorsitzende des Zentralbetriebsrates ist der SPÖ zuzuordnen. Daher haben es Finanzminister Josef Pröll und Kanzler Werner Faymann in der Hand, diese unfassbaren Privilegien abzustellen“, fordert BZÖ-Klubobmann Josef Bucher.
Falls es keine Änderungen gibt, wollen die Oppositionsparteien im Parlament Anträge für eine Abschaffung der OeNB-Privilegien einbringen. Auch der Rechnungshof hatte in der Vergangenheit mehrmals Reformen eingefordert. Ein Sprecher der OeNB nahm dazu nicht Stellung. Dem Vernehmen nach sind die Vorgänge auch Finanzminister Pröll ein Dorn im Auge. Der Minister hatte zuletzt erklärt, dass er kein Verständnis habe, dass zwei Notenbank-Vorstände teure Limousinen angeschafft haben. Nun müssen die Direktoren auf billigere Wagen umsteigen.
Der OeNB-Gewinn soll im Vorjahr von 247 Mio. Euro auf unter 100 Mio. Euro eingebrochen sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2009)
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