Bad-Bank-Modell droht ein Fehlstart
von Hans G. Nagl, Ruth Berschens und Sven Afhüppe
Die geplanten Bad Banks des Bundes zur Bereinigung der Bankbilanzen drohen zum peinlichen Flop zu werden. Das derzeitige Modell ist nach Ansicht der Wirtschaftsprüfer völlig ungeeignet, um die Bilanzen der privaten Kreditinstitute zu entlasten. Diese schließen nach Handelsblatt-Informationen eine Teilnahme unter den gegenwärtigen Bedingungen praktisch aus.
FRANKFURT. "Wir sehen ein erhebliches Risiko, dass das Bad-Bank-Konzept in dieser Form nicht funktioniert", sagte Klaus-Peter Feld, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW). "Da muss nachgebessert werden", forderte er im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Dabei ist eine Lösung dringend erforderlich, denn die Kreditwirtschaft dürfte schätzungsweise rund 200 Mrd. Euro an toxischen Wertpapieren in den Büchern haben. Die Bilanzexperten monieren vor allem einen Punkt: Das Gesetz sieht vor, dass künftige Verluste der ausgelagerten Wertpapiere über einen Zeitraum von 20 Jahren abgestottert werden. Diese sogenannten Ausgleichszahlungen fallen erst an, wenn eine Dividende ausgeschüttet wird. Da zur Gewinnausschüttung aber nach dem Aktiengesetz normalerweise keine Pflicht besteht, wären die Banken eigentlich davon befreit, bereits heute belastende Rückstellungen zu bilden.
"Der Gesetzentwurf sieht nach jetzigem Stand aber vor, dass Gesellschafter gegebenenfalls gar nicht mehr die Möglichkeit haben, Gewinne im Unternehmen zu behalten", kritisierte Feld. Daraus folge, dass es eben doch einen externen Anspruch auf Zahlung der Ausgleichsforderungen gebe - und Rückstellungen unmittelbar nötig seien. Damit wäre die Entlastung der teilnehmenden Banken praktisch gescheitert. "Hier ist der Gesetzgeber nur den halben Weg gegangen", meint der IDW-Vorstand.
Neben handwerklichen Defiziten sorgt die bislang harte Haltung der EU bei Staatshilfen für zusätzliche Abschreckung. In Kommissionskreisen heißt es, die Institute müssten sich womöglich die Inanspruchnahme der Bad Banks individuell genehmigen lassen. In der Branche wird angesichts dieser Warnungen auf das monatelange Tauziehen mit Brüssel um die Eigenkapitalspritzen der Commerzbank hingewiesen. "Ein solches Prozedere wird sich niemand antun wollen", sagte ein Banker.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) lehnt bislang Änderungen am Gesetzentwurf ab und verweist darauf, dass in der parlamentarischen Debatte noch nachgebessert werden kann. Nach der ersten Lesung im Bundestag in der vergangenen Woche sind für Mitte Juni Expertenanhörungen geplant; Anfang Juli soll das Gesetz verabschiedet werden. Im Bundesfinanzministerium sah man die neuen Bedenken des IDW am Wochenende nicht als ein grundsätzliches Problem an, dass das gesamte Konzept infrage stellen könnte. Die Stellungnahme des IDW zeige zudem einen Weg auf, wie bei einer geringfügigen Modifizierung der Nachhaftungsregelung der Bilanzabgang sichergestellt werden könne, ohne dass das Konzept der Nachhaftung infrage gestellt wird, sagte ein Sprecher von Steinbrück.
Dass das Bad-Bank-Modell ohne Änderungen zur Null-Nummer wird, steht außer Frage. Wie das Handelsblatt aus der Spitze des Finanzministeriums erfuhr, gibt es "bisher keine ernsthaften Interessenten" für das Modell. Lediglich die Hypo Real Estate kann sich offenbar mit dem Konstrukt anfreunden. Doch sie ist vermutlich ohnehin bald in den Händen des Staates. Bei den Großbanken - für die Landesbanken soll es ein eigenes Konzept geben - will sich zwar mit Ausnahme der Deutschen Bank niemand offiziell festlegen. "Das gucken wir uns dann an, wenn es da ist", hatte Commerzbank-Chef Martin Blessing etwa kürzlich klargestellt. Doch bei Deutschlands zweitgrößter Bank ist die Ablehnung Branchenkreisen zufolge ebenso groß wie bei Postbank oder Hypo-Vereinsbank (HVB). Die Teilnahme am Modell sei äußerst unwahrscheinlich, sagen Insider.
Die Bedenken der Geldhäuser sind zum Teil deckungsgleich mit denen der Wirtschaftsprüfer. "So, wie das momentan gestrickt ist, findet kein wirklicher Risikotransfer statt", sagte ein hochrangiger Banker. Rückstellungen seien unvermeidbar. Hinzu kommt Kritik an den Konditionen. So müssen Banken pauschal zehn Prozent des ausgelagerten Portfoliowerts abschreiben. Nur für den Fall, dass durch den damit verbundenen Verzehr von Eigenkapital die Kernkapitalquote unter sieben Prozent fällt, kann auf diesen Abschlag teils verzichtet werden. Die Banken fürchten nun, dass sich bei einer Nutzung des Modells ihre häufig angespannte Eigenkapitalsituation noch verschärft.
Angesichts der großen Skepsis arbeitet die Union bereits an einer Gesetzesänderung. Kritik üben Haushälter und Finanzexperten beispielsweise an dem zehnprozentigen Bewertungsabschlag im Falle der Auslagerung toxischer Wertpapiere. Gegenwind gibt es auch hinsichtlich der Forderung, bis zu 20 Jahre auf eine Dividende zu verzichten beziehungsweise damit Verluste der ausgelagerten Wertpapiere auszugleichen. "Ohne Nachbesserungen wird das Bad-Bank-Konzept zum Ladenhüter", hieß es in der Spitze der Unionsfraktion. Ansonsten drohten deutschen Banken erhebliche Wettbewerbsnachteile.
Der Kompromiss
Quadratur des Kreises: Der Steuerzahler soll durch die Bad Banks nicht belastet, die Institute selbst aber entlastet werden. Deshalb greift der Bund am Ende zu einem Trick: Für künftige Verluste aus den übertragenen Wertpapieren muss der Aktionär als Eigentümer der Bank haften.
Beschränktes Angebot: Die geplanten Bad Banks - für jedes teilnehmende Institut eine - sollen ausschließlich strukturierte Wertpapiere aufnehmen. Faule Kredite oder herabgestufte Anleihen bleiben im Modell für die privaten Banken außen vor.
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Quelle: » Handelsblatt.com