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Erst der große Knall, dann die Währungsreform

Aaron Regent, der neue Chef des weltgrößten Goldkonzerns Barrick Gold aus Kanada, gab neulich dem Manager Magazin ein Interview, das im Großen und Ganzen die Ihnen sicher bekannten Thesen enthielt, etwa warum der Goldpreis steigt und Barrick neue Minen erschließt. Erst kurz vor Schluss vertrat er eine interessante These, die man nicht ernst genug nehmen kann. Er sprach von den Goldfonds, „die einen großen Teil der Anlegernachfrage anziehen. Das Gute daran für uns ist, dass die Goldnachfrage steigt und somit auch der Goldpreis. Andererseits fließt in die Indexfonds Kapital, das ansonsten in Unternehmen wie Barrick geflossen wäre.“
Alles in allem also eine interessante Win-Win-Konstellation: Fließt das Geld in Index fonds, profitiert Barrick – ebenso wie mancher Konkurrent – davon indirekt, weil die Fonds Gold kaufen und dessen Preis in die Höhe treiben. Fließt das Geld dagegen in Aktien von Barrick und Konkurrenten, profitieren die Minenkonzerne direkt, weil ihre Aktienkurse steigen. Jedenfalls so lange, wie diese Entwicklung anhält, und das kann noch sehr lange dauern.
Warum es sehr lange dauern kann, lässt sich am besten so erklären: Die gängigen Industrie-, Finanz- und sonstigen Aktien wollen nicht vom Fleck, Immobilien sind zum größten Teil angeschlagen, Anleihen bilden eine Blase, und Politiker wie auch Zentralbanker sind mit ihrem Latein am Ende. Also wird wie wild in Edelmetalle – neben Gold vor allem auch Silber – investiert, weil man sich davon Sicherheit verspricht. Im Übrigen sind Edelmetalle eine durchaus vernünftige Wette auf die zukünftige Inflation, die sicher kommen wird, weil die hoch verschuldeten Staaten unter Führung der USA auf diese Weise elegant ihre Schulden loswerden können.
Es ist ja nicht so, dass das alles im Verborgenen stattfinden würde. Zitieren wir deshalb aus einem anderen noch recht frischen Interview, hier mit Beatrice Weder di Mauro, Mitglied des Sachverständigenrats, im Handelsblatt: „Die zentralen Probleme wurden noch gar nicht angegangen. Es bleibt unklar, wie sich der Staat aus der impliziten Garantie für systemrelevante Institute zurückziehen kann.“ Das hört sich zwar etwas gestelzt an, ist aber klar an die Adresse der Bundesregierung gerichtet: Commerzbank ein Hoffnungs-, Hypo Real Estate ein hoffnungsloser Fall. Und die Landesbanken? Weder di Mauro: „Die Verluste sind bereits sozialisiert, sie gehören dem deutschen Steuerzahler.“
Ich will Sie hier wahrlich nicht mit Horrormeldungen überhäufen, aber eines möchte ich doch festhalten: Niemand wird einen Ausweg aus der jetzigen Krise finden, schon gar nicht die Politiker. Mit Krise meine ich nicht allein das, was manche Banken zu ihr beigetragen haben (Selbstbedienung und Betrug an den Kunden), sondern auch das, was Politiker uns antun. So haben wir inzwischen wohl schon mehr als 1,5 Billionen Euro in die ehemalige DDR gepumpt, der Soli ist so gut wie zementiert, und die finanziell armen, aber an Erfindungen reichen Kommunen beglücken uns mit Errungenschaften wie der Sonnenstudiosteuer in Essen oder der Regensteuer im bergischen Mettmann.
Um die skurrilen Beispiele zu ergänzen und gleichzeitig davor zu warnen, sie als Einzelfälle abzutun: Vor zwei Wochen titelte die Bild-Zeitung auf Seite eins: „Das neue deutsche Wirtschaftswunder“, und das bereits zitierte Manager Magazin zog in seiner Oktober-Ausgabe mit „das neue Wirtschaftswunder“ nach. Liebe Redakteure, sei Ihr von Sinnen? Es wird kein neues Wirtschaftswunder geben, denn unsere ach so lieben Nachbarn und unsere sonstigen Verbündeten unter der Führung der USA werden schon dafür sorgen, dass wir die Erträge aus dem vermeintlichen Wunder mit anderen teilen müssen. Das ist nicht Pessimismus, sondern Realismus.
Werfen wir einfach nur einen Blick über den Atlantik: De facto ist fast jeder vierte Amerikaner arbeitslos. So etwas gab es zuletzt während der Depression zu Beginn der 30er Jahre. Die Zahl der Armen in den USA nimmt dramatisch zu, was sich unter anderem darin äußert, dass über 50 Millionen Amerikaner keine Krankenversicherung haben, weil sie sie nicht bezahlen können. Und die vor sich hin gammelnden Bruchbuden, deren schlampige Finanzierung die 2008 ausgebrochene internationale Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelöst hat, reißt eine Bank nach der anderen in die Pleite.
Solche Probleme, zumal sie im Zuge der Globalisierung immer mehr auch andere Länder erfassen, lassen sich weder durch einzelne Konjunkturprogramme noch durch die fortwährende Niedrigzinspolitik, weder durch internationale Konferenzen noch durch gegenseitige Schuldzuweisungen lösen, wie sie zurzeit en vogue sind, sondern nur dadurch, dass sich nach einem großen Knall alle Politiker und Zentralbanker, die etwas zu sagen haben, an einen Tisch setzen und eine Währungsreform aus dem Boden stampfen. Ob danach die jetzigen Währungen fortbestehen werden., ob es zu einer einheitlichen Weltwährung oder zur Wiederbelebung des Internationalen Währungsfonds kommen wird, bleibt einstweilig völlig offen. Die von daher rührende allgemeine Verunsicherung ist jedenfalls einer der wichtigsten Gründe, warum der Goldpreis steigt und steigt – oder treffender gesagt: Warum die Währungen immer mehr an Wert verlieren.
Das hier beschriebene Szenario ist sicher nicht dazu angetan, Sie in Jubelstürme ausbrechen zu lassen, auch wenn Sie als Leser dieser Kolumne bestimmt schon längst üppig in Edelmetallen investiert sind. Doch Ihre Investition schützt Sie vor noch Schlimmerem, und das ist schon mal eine Menge wert. Im Grunde handelt es sich bei Gold und Silber aus heutiger Sicht primär um eine passive Anlage. Oder anders formuliert: Vor zehn Jahren haben Anleger die beiden Edelmetalle gekauft, weil sie billig waren; allzu viele Anleger haben das allerdings nicht getan. Dagegen kauft man sie heute vor allem, um auf der sicheren Seite zu sein. Das ließe sich auch als Paradigmenwechsel bezeichnen: Egal, ob Wertsteigerung oder nicht, Hauptsache, man verfügt über etwas Solides.
Die jüngste Entwicklung des Goldpreises ist ein Spiegelbild dessen: Mag er in Dollar zu noch so großen Sprüngen nach oben ansetzen, in Euro bleibt er schon seit Wochen auf dem Niveau zwischen 950 und 1000 Euro hängen, weil der Euro im Vergleich zum Dollar kräftig zugelegt hat. Das heißt, der Anstieg des Goldpreises ist ein Misstrauensvotum, das die von mir beschriebene Entwicklung in den USA wiedergibt. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass das Blatt sich bald wieder wendet und, nachdem die Griechenland-Krise den Euro kräftig nach unten befördert hat, die Krise in Irland oder anderswo im Euro-Raum die Gemeinschaftswährung erneut durchschüttelt und den Goldpreis dann auch in Euro kräftig steigen lässt.
Fazit: Die Welt wird zwar nicht untergehen, aber, was die Finanzen betrifft, immer unruhiger. Dabei wird Gold einen ruhenden Pol bilden, Silber auf seine Weise auch, jedoch unter stärkeren Schwankungen. Dem ist nichts hinzuzufügen außer dem Rat, dass Sie auf Ihren Edelmetallbeständen – außer reinen Tradingpolsitionen - getrost noch lange sitzen bleiben sollten.

Manfred Gburek, 1. Oktober 2010

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » gburek.eu