Die Knallfrosch-Wirtschaft
Ist die Erhöhung des Diskontsatzes durch die US-Notenbank Fed ein Signal für schon bald steigende Leitzinsen? Nein, weder in den USA noch in Europa. Aber warum haben die Währungen – im Vergleich zum Dollar sinkender Euro – und die Zinsen - Bund Future am Freitagmorgen für kurze Zeit im freien Fall – dann so heftig reagiert? Zwei plausible Antworten bieten sich an: 1. Die ganze westliche Welt ist voller Hoffnung auf eine bessere Konjunktur und interpretiert die Diskonterhöhung, um die Ecke gedacht, fälschlicherweise als Hinweis auf eine solche Besserung. 2. Man freut sich, dass die Fed endlich handelt, nachdem ihre monatelangen verbalen Verrenkungen zunehmend auf Unverständnis gestoßen sind.
Wie geht es mit den Zinsen weiter? Wie gehabt, weil Diskont und Leitzins unabhängig voneinander sind: Der erste dient vor allem der Liquiditätssteuerung; der zweite repräsentiert die gesamte Zinspolitik, von der Beeinflussung der Konjunktur – in den USA auch zur zusätzlichen Stimulierung – bis zum Einsatz des Leitzinses als massenpsychologisches Instrument. Wenn der Leitzins in den USA wie auch in Europa unten bleibt, heißt das allerdings längst noch nicht, dass Privatleute, Unternehmen und ganze Staaten sich zu niedrigen Zinsen verschulden können. Griechenland lässt grüßen: Das Land wird zwar finanziell gerettet, muss aber wegen geringerer Bonität höhere Kreditzinsen zahlen als beispielsweise Deutschland oder Frankreich.Wer dagegen als Privatperson oder als Unternehmen nicht die erforderliche Bonität aufweist, bekommt erst gar keinen Kredit.
Wenn man diesen Faden weiter spinnt, liegt das Fazit nahe, dass die Staaten immer mehr die Rolle der Privatwirtschaft übernehmen. Das gilt für die USA, wo General Motors ohne massive Hilfe aus Washington ratzfatz pleite gegangen wäre, wie für Europa, wo die Commerzbank ohne die Beteiligung des Bundes womöglich auf die Größe einer ländlichen Kreissparkasse zusammenschrumpfen müsste. Staaten können mit Geld ganz bestimmt nicht besser umgehen als Unternehmen, was sie ja überall auf der Welt Jahrhunderte lang bewiesen haben. Wenn sie sich nun ständig einmischen und dafür obendrein auch noch immer höhere Schulden machen – sieht man von Griechenland und anderen Pappenheimern ab, sogar zu derzeit supergünstigen Zinsen -, liegt der Gedanke nahe, dass es eines Tages zum Knall kommt.
Wird es dann ganz laut bumm machen oder wie bei einem Knallfrosch nur hintereinander knattern? Fast alles spricht für die zweite Alternative, das ist systembedingt. Denn bumm macht es nur bei der Pleite von Diktaturen, wie aus Anlass des Zerfalls der Sowjetunion und des plötzlichen Endes der DDR, oder beim Sturz von Diktatoren, wie häufig in Afrika und Südamerika. Dagegen haben Demokratien wie unsere eine wahre Vorliebe für Knallfrösche, was ja allein schon im Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte mehrfach nachgewiesen werden kann:
Erste Nachkriegsrezession 1967, in Deutschland begleitet vom staatlichen Konjunkturprogramm des Duos Schiller/Strauß, sukzessive Teilenteignung der Sparer durch hohe Inflationsraten in den 70er Jahren, Crash 1987 mit anschließendem Öffnen der Geldschleusen durch den damals gerade ins Amt gehobenen Fed-Chef Greenspan, Beginn des jetzt bereits zwei Jahrzehnte anhaltenden japanischen Niedergangs 1990, Soli und Einladung zum Geldverbrennen, genannt Fördergebietsgesetz, nach der deutschen Vereinigung, Asienkrise 1997, Pleite des Hedgefonds LTCM mit neuen Greenspan-Geldschleusen 1998, Platzen der Aktienblase 2000 und damit Desillusionierung breiter Anlegerkreise, die Telekom-Aktien besaßen, seit 2007 Platzen der amerikanischen Häuserblase, an deren Folgen wir alle bis heute irgendwie leiden, und nun auch noch eine allgemeine Fondskrise mit Pleiten geschlossener Fonds, offenen Immobilienfonds in Liquiditätsnöten, klammheimlich vom Markt verschwindenden Aktien- und Rentenfonds, miesen Ergebnissen und Abzockerei durch hohe Gebühren.
Das alles war erst das Vorspiel; daraus drohen offene Verteilungskämpfe zu erwachsen. Dafür sprechen in Deutschland nicht zuletzt die hysterischen Reaktionen auf die Äußerungen von Außenminister Westerwelle zu Hartz IV. Ob Kanzlerin Merkel noch den Durchblick hat, ist zu bezweifeln. Geht auch nicht, weil sie überwiegend auf von der Ökonomie unbeleckte Mitstreiter sowohl in der Regierung als auch in der Ministerialbürokratie angewiesen ist. Und die sollen auf einmal Unternehmer spielen? Unmöglich. Der Staat ist aber mit Beteiligungen (wie bei der Commerzbank), mit Bürgschaften (etwa zugunsten des deutschen Exports), mit Garantien (zum Beispiel für die Einlagen von Sparern) und nicht zuletzt dadurch, dass seine Bundesanleihen und sonstigen Papiere zu einem großen Teil bei Lebensversicherern und sonstigen Einrichtungen zur Altersvorsorge deponiert sind, direkt und indirekt schon derart unternehmerische Aufgaben hineingeschlüpft, dass er sich nicht mehr von der Knallfrosch-Wirtschaft verabschieden kann.
Die Folge liegt auf der Hand und wird in der Bankenwelt hinter vorgehaltener Hand schon mit dem Begriff „too big to save“ umschrieben. Was so viel bedeuten soll wie: Droht demnächst ein Konzern, speziell eine Großbank oder ein Versicherer, pleite zu gehen und reichen weder die Steuern noch die Anleihen eines Staates aus, um ihn zu retten, muss die sprichwörtliche Druckerpresse in Gang gesetzt werden. Die USA machen uns ja schon seit längerer Zeit vor, wie das geht, Ablenkungsmanöver wie die Erhöhung des Diskontsatzes inbegriffen.
Fazit: Die hier mehrfach vertretene These, Gold, Silber und andere Edelmetalle in physischer Form (Anlagemünzen und Barren), ergänzt um ein aus Edelmetallaktien bestehendes Depot, mag manchen Lesern inzwischen zwar nicht mehr originell vorkommen. Aber an ihrer Stichhaltigkeit ist in Anbetracht der geschilderten Zusammenhänge auch nach fast neun Jahren Aufwärtstrend nicht zu zweifeln. Auf den Punkt gebracht: Je mehr die Staaten zu Opfern ihrer Knallfrosch-Wirtschaft werden, desto mehr sollte man auf reale Werte setzen. Dazu gehören vorrangig Gold, Silber & Co.
Manfred Gburek, 19. Februar 2010
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Quelle: » gburek.eu