Kann Griechenland Pleite gehen?
von Michael Vaupel
Liebe Leserin, lieber Leser,
Traders Daily-Leser Otto S. schrieb mir:
"Als regelmäßiger Leser (Anmerkung M.V.: Sehr gut!) Ihrer sehr interessanten Beitrage doch mal eine worst-case Frage: Kann ein Land wie Griechenland überhaupt pleite gehen? In einem Land mit eigener Währung kann es natürlich zu einer riesigen Inflation kommen, wie sichern sich eigentlich dann die internationalen Gläubiger gegen die Nichtzahlungsfähigkeit eines Landes ab? Aber wie sähe das z. B. mit Griechenland aus? Man kann zwar über die Preise eine Abwertung vornehmen, aber die Verbindlichkeiten? Wer würde dann für die Schulden aufkommen?"
Meine Antwort:
Zunächst: Melde mich hiermit genesen an Leib (und Seele?) zurück.
Dann: Natürlich kann ein Land wie Griechenland Pleite gehen.
(Kann grundsätzlich jedes Land.)
Die Tatsache, dass Griechenland ebenfalls den Euro hat, ist keineswegs eine zwangsläufige Verpflichtung, dass die anderen Euro-Staaten bei der Bedienung der griechischen Staatsschulden behilflich sind.
Wissen Sie, es gibt genug Staaten, die Pleite gegangen sind, auch in einer fremden Währung. Und die anderen Länder, welche diese Währung haben, sind keineswegs zur Hilfe geeilt.
Nehmen wir doch nur Argentinien. Anfang des Jahrtausends war das. Da gab es in Argentinien einen Staatsbankrott. Der Staat hatte um die 150 Milliarden Dollar Auslandsschulden.
US-Dollar, wohlgemerkt.
Auch mitteleuropäische Käufer von argentinischen Fremdwährungsanleihen waren negativ betroffen (ich fürchte, wohl auch einige aus der Traders Daily-Gemeinde.)
Sprich: Für ihre Anleihen gab es nichts bzw. nur einen Bruchteil zurück.
So ist das eben bei einem Staatsbankrott.
Den „leichten Weg" über eine Inflation kann Griechenland nicht gehen - denn dazu ist es nicht mächtig genug, den Euro im Alleingang zu inflationieren. (Zum Glück.)
Bitte beachten Sie diesen Punkt: Ein Land kann durchaus Pleite gehen, ohne die Währung, in der es dies tut, in den Abgrund zu ziehen. Es gibt zig Beispiele von Ländern, die ihre Schulden meist in US-Dollar hatten und in den Abgrund gerissen wurden.
Übrigens würde ich nicht gegen Griechenland wetten. Das Land ist mir sympathisch, und ich halte nichts davon, bewusst noch zu forcieren, dass eine ganze Gemeinschaft ins Elend gestürzt wird. (Was nicht heißt, dass die Griechen nun sparen, sparen, sparen sollten. Misswirtschaft der Vorjahre wirkt sich nun eben leider aus.)
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche! Und noch ist Griechenland nicht verloren (leicht abgewandelte polnische Nationalhymne).
Ihr
Michael Vaupel
P.S.: Noch ein Hinweis: Morgen bin ich auf einem ganztägigen Seminar. Den nächsten Traders Daily gibt es deshalb am Mittwoch.
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