Eine Frage der Definition
von Frank Meyer
(Kolumne aus den Lübecker Nachrichten)
Der Aufschwung ist da, sagten Politiker, als die neuen Mai-Arbeitsmarktzahlen vorlagen. Offiziell gibt es 3,2 Millionen Arbeitslose. So rasant wie die Statistik geändert wird, haben wir sicherlich bald schon Vollbeschäftigung. Hurra...!
Da fallen 6,6 Millionen Hartz-IV-Empfänger gar nicht mehr ins Gewicht. In Berlin lebt inzwischen jeder Sechste von Hartz-IV. Heute einen auskömmlichen Job zu bekommen, ist schwer geworden. Scheitert man damit, ist es noch schwerer, überhaupt als Arbeitsloser zu gelten.
Der Börse sind die Arbeitsmarktzahlen ziemlich egal. Sie will Unternehmensgewinne sehen und es scheint, als ob diese wegen weniger Personal in den Unternehmen auch geliefert werden. Doch über uns schwebt weiter diese Überschuldungskrise, gegen die kein Kraut gewachsen ist, auch wenn Fachleute behaupten, sie hätten mit neuen und höheren Schulden eine wirksame Tinktur gefunden.
Und der DAX? Außer Spesen nichts gewesen. Dafür gab es blank liegenden Nerven bei den Investoren und vor allem beim Euro. Ungarn soll pleite sein. Wie wäre es mit einem Schutzschirm?
Vor dem US-Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Finanzkrise in Washington saßen in dieser Woche die Ratingagenturen und wuschen ihre Hände in Unschuld. Schließlich hätten ja die Investmentbanken die ratenden Analysten unter Druck gesetzt, Einschätzung gut aussehen zu lassen. Ihr Geschäftsmodell war bislang einträglich: Wessen Brot man isst, dessen Lied man singt. Verwunderlich ist nur, dass diesen Experten auch jetzt noch hohes Vertrauen geschenkt wird. Experten eben: Definition: Stilsicheres Auftreten bei oft Null Ahnung.
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Quelle: » Frank-Meyer.eu
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