Das große Misstrauen!
von Miriam Kraus
Seien wir ehrlich: so etwas wie eine politische Patentlösung, als Antwort auf verschiedene Krisen, gibt es einfach nicht! Eines der vorrangigen Probleme der Politik ist, meiner Ansicht nach, dass politische Entscheidungen meist immer nur eine Reaktion und selten eine Aktion bedeuten. Doch, was hilft es über verschüttete Milch zu klagen, oder anders: jetzt hilft es auch nicht mehr, an der Frage zu verzweifeln, warum beispielsweise Griechenland überhaupt in den Euroraum aufgenommen wurde, oder, weshalb man noch vor kurzem in Europa der Meinung war, mit (zum Teil recht fragwürdigen) Konjunkturpaketen das Wachstum retten zu müssen, ein Jahr später aber offenbar ganz plötzlich von derart hohen Defiziten überrascht wird, dass man nun in Wettstreit um das eifrigste Sparpaket getreten ist.
Eigentlich darf es nicht verwundern, dass das Misstrauen in Europa mittlerweile sogar größer ist, als jenes in andere, noch stärker verschuldete Staaten, wie die USA oder Japan. Angesichts des offenbar sehr raschen Meinungswechsels in europäischen Landen und der, darüber hinaus belastenden, ewigen Uneinigkeit der Europäer, drängt sich für die Euroland-Institutionen förmlich das Attribut "leicht chaotisch" auf.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin kein Freund der US-amerikanischen ewigen Schuldenpolitik. Doch, zumindest scheinen die Amerikaner an ihren Weg zu glauben (das hilft manchmal schon viel, um auch andere vom eigenen "Glaubensweg" zu überzeugen) und setzen ihren Pro-Wachstum/Anti-Spar-Kurs zielstrebig und fast schon stoisch fort. (und da der Glaube an das ewige Wachstum so unerschütterlich ist, will Obama jetzt sogar Palästina mit 400 Millionen US-Dollar-Scheinchen beglücken - na ja, die haben es ja, die Amerikaner ;-)).
Doch, Europäer sind nun einmal keine Amerikaner! Irgendwie nimmt man den Europäern den Glauben an die eigene Tatkraft und Selbstüberzeugung noch nicht so ganz ab. Vielleicht liegt es daran, dass wir uns, tief in uns drin verborgen, noch immer nicht wirklich mit dem Dogma des immer währenden Wachstums anfreunden können, mit dem unser Wirtschaftssystem nun einmal unauslöschlich verbunden ist. Irgendwie scheint es, als betrachteten wir das System als eine Art US-amerikanischer Mode und vergessen dabei, dass wir diese Uniform ebenfalls schon seit Jahrzehnten tragen. Da hilft auch kein Leerverkaufsverbot mehr! Doch, ich schweife schon wieder in meine eigene Art von "Wirtschaftsphilosophie" ab - das wollte ich eigentlich nicht, also zurück zur Sachlage...
Wenn das Vertrauen in die leitenden Institutionen fehlt...
...dann hilft eben auch kein 750 Milliarden Euro schwerer Rettungsschirm! Selbst wenn die Garantien sogar aufgestockt würden, wie es heute bereits EU-Ratspräsident Van Rompuy angedeutet hat. Sicher, wir alle hoffen, dass diese Gelder niemals fließen werden, wenn sie es allerdings müssten, muss man sich die Frage stellen, ob sie (je nachdem wie heikel die Lage dann wäre) tatsächlich ausreichend wären. Und wie stark dann diejenigen, welche heute noch stabil sind, dadurch belastet würden. Jedenfalls besteht bei den Investoren noch immer auch die Sorge, dass es doch zu Umschuldungen kommen könnte. Dementsprechend gibt es ja auch, trotz der EZB-Käufe, keine wirklich Entspannung in den Bond-Märkten. Die Südeuropäer müssen sich immer noch zu hohen (und wieder steigenden) Kosten refinanzieren.
Ich will hier nicht alles schwarz malen, aber die Voraussetzung dafür, dass "alles wieder gut wird" ist Vertrauen! Doch das Vertrauen in einen derart unausgeglichenen Währungsraum, in dem man sich erst im Schnüren fast aberwitziger Konjunkturprogramme (ich möchte hier nur das Stichwort Abwrackprämie nennen) zu übertrumpfen suchte und sich nun auch nicht auf das Für und Wider von Sparpaketen einigen kann, ist nun einmal nicht allzu groß.
Auch im Bankensystem wächst das Misstrauen
Sie erinnern sich sicher noch daran, wie der Interbankenmarkt, nach dem Lehman-Crash, förmlich in sich zusammenfiel. Die Banken misstrauten einander und machten keine Geschäfte mehr miteinander. Die Bankenkrise war geboren und rief die Zentralbanken auf den Plan.
Ein ähnliches Problem haben wir auch heute wieder (allerdings in abgeschwächter Form) im europäische Bankensystem. Diesmal geht es vornehmlich um die spanischen Banken, insbesondere die Cajas, um welche die anderen Banken einen weiten Bogen machen. Denn im Gegensatz zur EZB, akzeptieren die Banken keine spanischen Bonds mehr als Sicherheit.
Überhaupt bunkern die europäischen Banken, die offenbar nicht nur den Spaniern misstrauen, ihr Geld nach wie vor gerne bei der EZB, anstatt es im Markt zu verteilen. In der Nacht zum Mittwoch wurde ein Rekordvolumen von 364,6 Milliarden Euro bei der EZB geparkt, zu einem Zinssatz von gerade einmal 0,25%.
Das macht jetzt auch Jean-Claude Sorgen und deshalb will er Dreimonats-Kredite ausgeben. Na dann! Allerdings ist es mit dem Vertrauen in die ZEB ja auch nicht mehr ganz so weit her, wie ehedem einmal. Jean-Claude kauft Staatsanleihen, mittlerweile immer weniger, lässt sich dabei aber nicht in die Karten gucken und wundert sich vielleicht, warum der Erfolg im Grund ausbleibt! Ich wundere mich nicht. Als Zentralbank muss man schon ein wenig raffinierter mit dem Markt umgehen, vor allem mit Hilfe der richtigen Worte. Denn, wer dem Markt zu viel verschweigt, riskiert das Desinteresse des Marktes an der angepeilten Wirkung. (Erinnert mich ein bisschen an die SNB, die auch keinem sagt, wann sie interveniert. Das Ergebnis ist am EUR/CHF-Kurs abzulesen und lässt einen siegesbewussten Markt zurück, der irgendwie Furcht und Respekt verloren hat.)
Fazit
Vielleicht aber, und das hoffe ich, kehrt das Vertrauen wesentlich schneller zurück, als es heute den Anschein hat!
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Quelle: » http://www.investor-verlag.de