Weltwirtschaft vor großem Abschwung?
Sehr Leserinnen und Leser,
Viele Marktteilnehmer halten Ausschau nach jeder neuen Nachricht, die auf einen erneuten Abschwung der Weltwirtschaft hindeuten könnte. Sehr amüsiert waren wir am Mittwoch, als n-tv ständig auf den vom Conference Board (aus den USA) für China ermittelten Frühindikator aufmerksam machte. Dieser stieg weniger stark an als ursprünglich gemeldet. Wir haben im Silberbulletin vom 12. Juni bereits den OECD-Frühindikator für China veröffentlicht. Diese signalisierte bereits eine abnehmende Wachstumsdynamik. Aber die chinesische Wirtschaft wächst noch. Die USA wären froh, wenn sich ihre Volkswirtschaft nur halbwegs so dynamisch entwickeln würde wie die Chinas. Dennoch konnte diese Nachricht die Märkte schockieren. Eine weitere Datenreihe muss derzeit für den angeblichen erneuten großen Abschwung der Weltwirtschaft herhalten: der Baltic Dry Index. Dieser Index ist ein Pr eisindex für das weltweite Verschiffen von Trockenfracht (hauptsächlich Kohle, Eisenerz und Getreide) auf den Standardrouten und der Index wird ausschließlich auf der Grundlage von Angaben der Reeder, Charterer und Schiffsmakler ermittelt.
Dieser Index für die Trockenfrachtraten fiel von 4.209 am 26. Mai 2010 auf 2.406, also um mehr als 42,84 Prozent. Steht tatsächlich ein von vielen auf dieser Grundlage befürchteter „gigantischer“ globaler Abschwung vor der Tür? Unseres Erachtens wohl kaum.
Lenken wir die Aufmerksamkeit einmal auf den Preisindex für Containerfrachtraten. Wir haben im nachfolgenden Chart die Kosten für Containerschiffe mit 2500 TEUs dargestellt. TEU steht für Twenty-Foot Equivalent Units und meint die Anzahl der 20-Fuß-Container, die geladen werden können. Während der Baltic Dry Index stärker einbrach, konnten sich die Frachtraten für Container deutlich erholen von 4.912 Anfang 2010 auf 12.174 am 01. Juli 2010. Die Datenreihe startete am 11. Oktober 2007 mit dem Indexwert von 1.000!
Interessanterweise lagen im 1. Halbjahr 2009 im Hoch am 12. April 2009 673 Containerschiffe vor Anker. Zeitgleich waren an diesem Tag 3.257 Schiffe unterwegs. Im Tief des 1. Halbjahres 2009 waren es am 9. Februar 2009 nur 3.137 Schiffe. Am 30. Juni 2010 stand diese Zahl bereits wieder auf 3.514. Die langfristige Entwicklung dieser Datenreihen zeigen wir in unserem Silberbulletin vom 3. Juli 2010.
Der nächste Chart zeigt die gleichen Datenreihen für Massengutfrachter. Wer sich nur auf die vor Anker liegenden Schiffe konzentriert, muss zu falschen Schlussfolgerungen kommen und ein sehr negatives Bild der Weltwirtschaft zeichnen. Wie immer kommt es darauf an, das Gesamtbild zu betrachten und sich nicht nur auf einzelne Mosaiksteine zu beschränken.
Nicht nur das Schiffstransportvolumen hat sich in den letzten Monaten günstig entwickelt. Das Luftverkehrsgeschäft konnte ebenfalls kräftig anziehen. So berichtete der Internationale Luftfahrtverband IATA am 29. Juni, dass das Frachtaufkommen im Mai stolze 34,3 Prozent über dem Vorjahresniveau lag. Wir hatten bereits in der letzten Ausgabe auf das historische Hoch des Luftfrachtvolumens am Frankfurter Flughafen hingewiesen. Selbst das Passagiergeschäft legte im Mai im Vergleich zum Vorjahr um satte 11,7 Prozent zu.
All diese Datenreihen sind Präsensindikatoren und zeigen einen Gleichlauf mit der Weltkonjunktur. Um in die Zukunft zu schauen, betrachten wir die globalen Einkaufsmanagerindizes, auf die wir hier ständig eingehen. Darüber hinaus beachten wir stark den Frühindikator OECD+6BRIICS, den wir in den letzten beiden Ausgaben umfassend vorstellten. Permanent verfolgen wir auch Auftragseingangsdaten aus unzähligen Ländern. Die Erholung des deutschen Maschinenbaus geht weiter. Von Interesse sind für uns auch die Exportaufträge Taiwans, da sie bereits für Mai 2010 vorliegen. Der Taiwan Dollar hat sich im 1. Halbjahr 2010 so gut wie überhaupt nicht verändert und hat seit Ende 2008 gerade einmal um 2,4 % zum Dollar abgewertet. Gegenüber dem Euro hat er in der gleichen Zeit minimale 2 Prozent an Wert gewonnen. Wechselkursveränderungen können also bei der Betrachtung der folgenden Tabell e vernachlässigt werden:
Niemand hat eine Glaskugel und so sind wir auf die ständige Auswertung dieser vielen Datenreihen angewiesen. Die Einkaufsmanagerindizes bewegen sich überall noch deutlich oberhalb der Marke von 50 (=Expansion). Sollte in China die Abschwächung zu stark ausfallen, wird die Regierung relativ schnell handeln. Für Kupfer sind wir so lange nicht sehr bullish, wie die Bremsmanöver der Pekinger Führung auf dem chinesischen Häusermarkt nicht gelockert sind. Chinas Silberimporte laufen gut. Im Mai 2010 wurden netto 354 Tonnen importiert nach 302 (April) und 415 (März).
Der globale Einkaufsmanagerindex der Industrie lag im Juni bei 55 und damit weiterhin klar auf Expansionskurs. Bereits im Juni 2008 war er unter 50 gefallen auf genau 49,5. Noch signalisieren die Indikatoren damit freie Fahrt für die Weltkonjunktur.
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Mit freundlichen Grüßen
Ihr Thorsten Schulte alias Silberjunge
(Chefredakteur)
Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews.at keine Haftung.
Quelle: » Silberjunge
» 08.04.10 Investieren in einer Staatswirtschaft